# taz.de -- Datenleak in der Ostukraine: Reporter ohne Privatsphäre | |
> Trotz Kritik ist eine ukrainische Webseite, die Daten von tausenden | |
> Journalisten veröffentlichte, wieder online. Zusätzlich gibt sie neue | |
> Namen Preis. | |
Bild: Hier sollen sich die Journalisten akkreditiert haben: in der „Volksrepu… | |
KIEW taz | Das ukrainische Internetportal Mirotworez (Friedensstifter) ist | |
wieder online. Mitte Mai war das Portal wenige Tage offline, nachdem es | |
zuvor wegen der [1][Veröffentlichung der Datei „Schufte“] international in | |
die Kritik geraten war. | |
In dieser Datei fanden sich Namen, E-Mail-Adressen und Telefonnummern von | |
über 4.000 ukrainischen und internationalen Journalisten. Diese, so der | |
Vorwurf, hätten sich bei den Behörden der „Volksrepublik Donezk“ | |
akkreditieren lassen. | |
Nun wurde Mitte dieser Woche die Liste der Journalisten, die nach | |
Auffassung des Portals gegen die Interessen der Ukraine arbeiten, erneut | |
veröffentlicht und um weitere fast 2.000 Namen ergänzt. Eingerichtet worden | |
war die Internetseite im August 2014 vom ehemaligen Gouverneur des Gebietes | |
Lugansk, Georgi Tuka. | |
Bekanntester Unterstützer ist der Abgeordnete Anton Geraschtschenko, | |
Berater des ukrainischen Innenministers Arsen Awakow. Die Behörden scheinen | |
das Portal aktiv zu nutzen. 150 Terroristen und ihre Helfershelfer seien | |
dank der Daten des Portals dingfest gemacht worden, berichtet Anton | |
Geraschtschenko. Erstmals war das Portal nach dem Mord an dem Journalisten | |
Oles Busina und dem Politiker Oleg Kalaschnikow im April 2015 in die Kritik | |
geraten. Beide waren in der Datenbank von Mirotworez geführt worden. Auch | |
nach diesen Morden blieb das Portal online. | |
## Das Risiko, entführt zu werden, steigt | |
Für den ukrainischen Menschenrechtler Wolodimir Tscheremis sind die | |
Vorgänge um Mirotworez symptomatisch für die zunehmenden Einschränkungen | |
der demokratischen Grundrechte. Mit der Veröffentlichung der Daten, so | |
Tscheremis gegenüber der taz, verstoße das Internetportal gegen die | |
ukrainische Gesetzgebung. | |
Hinter dem Portal stehen nach seiner Auffassung Angehörige des | |
rechtsradikalen Freiwilligenbataillons „Asow“. Das Bataillon gehört zur | |
Nationalgarde, die dem Innenminister unterstellt ist. Immer wieder würden | |
Angehörige des „Zivilen Korps Asow“ Andersdenkende überfallen. | |
Unterdessen bahnt sich ein weiterer Datenskandal um Journalisten in den | |
umkämpften Gebieten der Ostukraine an. Die unabhängige Mediengewerkschaft | |
der Ukraine berichtet von einer Veröffentlichung personengebundener Daten | |
von Journalisten, die beim ukrainischen Verteidigungsministerium | |
akkreditiert sind, auf Internetseiten der ostukrainischen | |
„Volksrepubliken“. „Es muss untersucht werden, wie es passieren konnte, | |
dass hoch sensible Daten von Geheimdienst und Verteidigungsministerium in | |
die Hände der selbsternannten Republiken gelangen konnten“ forderte der | |
Vorsitzende der Gewerkschaft, Juri Lukanow. | |
Durch diese Veröffentlichung werde die Arbeit der in der Konfliktregion | |
tätigen Journalisten noch gefährlicher. Das Risiko, entführt zu werden, sei | |
weiter gestiegen. | |
27 May 2016 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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