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# taz.de -- Dokumentation „Parchim International“: Culture Clash in Mecklen…
> Ein Film über einen chinesischen Investor in der deutschen Provinz macht
> die Globalisierung greifbar. Und zeigt den Kapitalisten als Menschen.
Bild: Das Handy immer in der Hand: Investor Pang im Gespräch mit einem Journal…
Hasen hoppeln über die verwaiste Startbahn, der Tower ist ein
Baustellenconatiner auf Stelzen und die einzige Mitarbeiterin im Terminal
hat einen ruhigen Arbeitstag. Wer den Flughafen in Parchim im Süden
Mecklenburg-Vorpommerns besucht, kommt kaum auf die Idee, dass hier ein
internationales Flughafendrehkreuz nur darauf wartet, aus seinem Schlaf
geweckt zu werden.
Jonathan Pang sieht das anders. Er sieht hier seine Lebensaufgabe, weswegen
Regisseur Stefan Eberlein und Koregisseur Manuel Fenn den chinesischen
Investor über sieben Jahre hinweg begleitet haben: bei Investorengesprächen
und Behördenterminen, beim Joggen und der Frühstückspause der
Flughafenfeuerwehr. „Parchim International“ ist ein Beispiel, welche Blüten
der globalisierte Kapitalismus im 21. Jahrhundert treibt.
2007 kauft Pang den Flughafen Schwerin-Parchim für 30 Millionen Euro. Die
Wehrmacht und die ihr folgenden sowjetischen Besatzer haben ihn
hinterlassen. Nach der Wiedervereinigung ist er zwar als Verkehrsflughafen
ausgewiesen, fristet aber ein eher tristes Dasein. Pang will dem ein Ende
bereiten und hat große Pläne: Für 47 Millionen will er den Flughafen zu
einer Drehscheibe für Frachtverkehr zwischen China, Europa und Afrika
ausbauen.
Ein Business-Center nach dem Vorbild Dubais soll entstehen, mit
Edelboutiquen, Fünf-Sterne-Hotel, Casino. Eine Million Arbeitsplätze will
der Investor in die Provinz bringen. Vielleicht aber auch zehn Millionen.
Für Jonathan Pang ist nichts unvorstellbar.
## Eine ungleiche Paarung
Seine Versprechen und Pläne schüren Hoffnungen – bei den MitarbeiterInnen
des Flughafens, die auf mehr Beschäftigung hoffen, aber auch bei
Geschäftsleuten und Politikern der Region. Doch das Vorhaben zieht sich.
Pang hat bei seinen Plänen weder die marode Bausubstanz der Start- und
Landebahn noch die deutsche Bürokratie eingerechnet. Auf vorsichtige
Euphorie folgte bald Ernüchterung.
Die Filmemacher Fenn und Eberlein haben einen präzisen Blick für die
ungleiche Paarung, fangen immer wieder die Gegensätze ein: Schnell
hintereinander geschnittene Bilder zeigen den umtriebigen Geschäftsmann auf
Reisen, stets mit dem Telefon am Ohr. Lange Einstellungen porträtieren das
gemächliche Leben in der Provinz. Mercedes-Limousine trifft auf
mecklenburgische Weite, Businessanzug auf Vokuhila, Wolkenkratzer auf
Plattenbau. Die unfreiwillige Komik der Gegensätze wird in manchen Szenen
durch die hüpfende und tänzelde Hintergrundmusik noch verstärkt.
Ab und an treibt der Unternehmersinn Pangs bizarr aus. In einer Szene
verhandelt er mit örtlichen Fischern über den Export von Fisch und Krabben.
Dass die von ihm verlangten Fangmengen fern alles Möglichen sind, versteht
er nicht. Der Kapitalist legt einfach los, ohne Rücksicht auf Verluste und
die Umwelt.
Doch der Film kommt seinem Protagonisten gleichzeitig sehr nahe und gewinnt
ihm auch eine Menge Menschlichkeit ab. So lässt Pang sein Pragmatismus auch
mit Rückschlägen umgehen: „Die Fakten sind die Fakten. Wir akzeptieren das
und machen weiter“, reagiert er auf die Nachricht, dass die Erneuerung der
Startbahn mehrere Millionen Euro kosten wird. Er fügt sich in die Umstände.
Zuweilen lassen Fenn und Eberlein ihr Publikum im Stich, fehlen Bauchbinden
mit Name und Funktion wichtiger Protagonisten, fühlt man sich ohne
Jahresangaben etwas in der Entwicklung verloren. Dennoch gelingt den
Machern von „Parchim International“ eine keineswegs trockene Dokumentation
einer Episode deutsch-chinesischer Wirtschaft, die noch längst nicht
abgeschlossen ist.
24 May 2016
## AUTOREN
Ronny Müller
## TAGS
Globalisierung
Flughafen
China
Investor
Dokumentation
Übernahme
Flughafen Hahn
China
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