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# taz.de -- 35 Jahre Stadtmarathon in Deutschland: Ein Renner
> Vor 35 Jahren wurde der erste Stadtmarathon in Deutschland veranstaltet.
> Karlheinz Flach war dabei. Der 78-Jährige läuft immer noch.
Bild: Teilnehmer des Frankfurter Stadtmarathons 2015
Frankfurt/Main taz | Bei Karlheinz Flach kommt so schnell nichts weg.
Daheim in Rodenbach, einer verträumten Gemeinde zwischen Hanau und
Frankfurt, hat er alles aufgehoben, was an seine Laufkarriere erinnert:
Teilnehmerlisten, Urkunden, Zeitungsausschnitte und Medaillen. Und
natürlich auch die Startnummer, auf die der 78-Jährige besonders stolz ist.
Die „4389“ trug er am 17. Mai 1981 auf der Brust, als vor 35 Jahren der
erste deutsche Stadtmarathon in Frankfurt startete. Vor dem Tor Ost der
Farbwerke Hoechst gab die Lauflegende Emil Zatopek den Startschuss und
begründete damals ein neues Kapitel deutscher Laufgeschichte.
Erstmals durften die zähen Zeitgenossen, die zuvor bei ihrer Hatz durch
Wiesen und Wälder eher argwöhnisch beäugt wurden, durch ein Stadtzentrum
hetzen. „Teilweise standen Mauern an Menschen an der Strecke, und auf dem
Römerberg war es besonders voll“, erinnert sich Flach. Auf Anhieb kamen
150.000 Zuschauer zusammen, um die genau 3.169 Teilnehmer zu bestaunen. Wer
sich an die mythenbehafteten 42,195 Kilometer wagte, galt als besonderer
Spezi. „Hop, hop, hop“ hätten die Leute seinerzeit gerufen, erinnert sich
der Zeitzeuge. Und auch den Sieger, der Schwede Kjell-Erik Stahl (2:13:20
Stunden), fällt ihm noch ein.
Die Idee, die Läufer aus ihrer ländlichen Einsamkeit zu befreien, war bei
den amerikanischen Straßenläufen in Boston und New York entstanden. In
Frankfurt fiel der Wunsch des Chemieriesen Hoechst nach einem sauberen,
sportlichen Image zusammen mit den Plänen des damaligen Oberbürgermeisters
Walter Wallmann, etwas fürs Marketing der Stadt zu tun. Das Projekt lief
zunächst bis 1986, dann zog sich Hoechst zurück und für ein Jahr fiel der
Marathon aus, ehe er ein Jahr später – zu einem neuen Termin im Herbst –
fortgesetzt wurde.
## 2:38:37 Stunden
Die Premiere hat Flach als einmaliges Erlebnis abgespeichert. Denn: „Ich
bin nie wieder so schnell gewesen.“ Bei 2:38:37 Stunden blieb an diesem Tag
die Uhr für ihn stehen, „es lief einfach wie Butter – und den letzten
Kilometer habe ich noch einmal aufs Gaspedal gedrückt.“ Auf Platz 88 kam er
als bester regionaler Läufer ins Ziel, aber er weiß auch, dass er damals
nur einer unter vielen ausdauernden Enthusiasten war, die für ihr Hobby an
die Grenze der Belastbarkeit gingen. All seine Kumpels aus dem Laufverein
hätten damals die Drei-Stunden-Schallmauer geknackt. „Heute lässt sich
einer feiern, wenn er unter vier Stunden ankommt.“
Warum die Herausforderung heutzutage viel weniger leistungsorientiert ist,
kann „Kalli“, wie ihn alle rufen, nicht so genau erklären. Er kann aber
sagen, warum sich damals eine ganze Generation in deutlich höherem Tempo
bewegte. „Wir haben nicht den ganzen Tag auf dem Handy herumgetippt,
sondern uns immer um 17 Uhr getroffen und sind zwei Stunden gelaufen.“ Bei
Wind und Wetter. Tag für Tag. Flach hat keinen Start in Frankfurt verpasst.
Nur einmal vor fünf Jahren, als er sich Wochen zuvor einen Ermüdungsbruch
im Oberschenkel zugezogen hatte, musste er vorzeitig aussteigen. Er zählt
längst zu den Besitzern einer ewigen Startnummer, der 155.
Über die Jahre entwickelte sich der Frankfurt Marathon zur zweitwichtigsten
Veranstaltung hierzulande nach Berlin. Inklusive Staffeln und Kinderläufe
kommen Ende Oktober mittlerweile rund 25.000 Teilnehmer zusammen. Und seit
der Zieleinlauf auf einem roten Teppich in die Festhalle führt, gilt die
Inszenierung als perfekt. Hier hat Wilson Kipsang 2011 mit seinen 2:03:42
Stunden nur um vier Sekunden den Weltrekord verfehlt; hier hat Arne Gabius
im vergangenen Jahr mit 2:08:33 Stunden einen neuen deutschen Rekord
aufgestellt.
Dass sich Flachs Finisher-Zeiten über die mehr als drei Jahrzehnte
verschlechterten und er 2015 sogar mehr als sechs Stunden benötigte,
darüber muss sich der Senior nicht grämen. Ganz im Gegenteil: Kaum einer
ist in seinem Alter noch so fit. „Seit 1971 laufe ich weiterhin jeden Tag.“
Dazu verdingt er sich noch im Triathlon und hat dabei sogar achtmal einen
Ironman ins Ziel gebracht. Flach bestreitet 35 bis 40 Wettkämpfe im Jahr.
Überall schüttelt er Hände – und über seine Sprüche schütten sich die
Mitstreiter aus vor Lachen. Sein Leitmotiv lautet: „Ein Sonntag ohne
Startnummer ist kein gutes Wochenende.“ Und so will er auch am 30. Oktober
wieder am Messeturm stehen – wenn der 35. Frankfurt-Marathon ansteht.
17 May 2016
## AUTOREN
Frank Hellmann
## TAGS
Marathon
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Triathlon
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