# taz.de -- Heime ohne Transparenz: Kein Anruf in Kiel | |
> Hamburgs Senat antwortet nur lückenhaft auf eine Linken-Anfrage zu den | |
> umstrittenen Jugendheimen in Schleswig-Holstein. | |
Bild: Zunehmend unter Druck: Schleswig-Holsteins Sozialministerin Kristin Alhei… | |
HAMBURG taz | Mit ihrer Anfrage zu zwei umstrittenen Jugendheimen in | |
Schleswig-Holstein hat die Hamburger Linksfraktion einigen Wirbel | |
ausgelöst: Zwar räumte der Senat „inakzeptable Erziehungsmethoden“ ein. D… | |
Piratenfraktion im Kieler Landtag in Kiel und Linke in Hamburg hatten von | |
zahlreichen Hinweisen auf Missstände in der Heilpädagogischen Kinder- und | |
Jugendhilfe Dithmarschen (HKJ) sowie im Therapiezentrum Rimmelsberg in Groß | |
Jörl im Landkreis Schleswig-Flensburg berichtet. Die Rede ist von | |
Kontaktverboten und Strafsport. Zunehmend unter Druck steht deswegen | |
Schleswig-Holsteins Sozialministerin Kristin Alheit (SPD). | |
Die Hamburger Linken-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus ist nicht zufrieden | |
mit den bisherigen Antworten: Es werde vom Hamburger Senat, der die beiden | |
Heime fleißig mit Landeskindern belegt, vieles „vertuscht und | |
bagatellisiert“. Täglich, so Boeddinghaus, erreichten sie aber „Mails und | |
Anrufe von besorgten Eltern und Fachleuten mit neuen Beschwerden“. | |
An die Linksfraktion wandte sich auch eine Mutter, deren Kind seit November | |
2015 in der HKJ in Dörpling untergebracht ist. Ihr habe damals das | |
Jugendamt in Hamburg-Eimsbüttel mitgeteilt: „Das Konzept der Einrichtung | |
sieht eine anfängliche 4-wöchige Kontaktsperre vor. Dies gilt für beide | |
Elternteile sowie alle Verwandten.“ | |
Solche Sperren waren in den Einrichtungen bis vor kurzem üblich, das hat | |
Hamburgs Senat im Herbst 2015 eingeräumt. Demnach schränkten 78 der von | |
Hamburg mit Kindern belegten Heime in Schleswig-Holstein und Niedersachsen | |
in den ersten Wochen den Kontakt ein; 61 der Einrichtungen auch darüber | |
hinaus. Seit dem Skandal um die „Friesenhof“-Heime ist derlei ein Indikator | |
für rigide Pädagogik geworden: Die Abschottung vom alten Umfeld begünstigt | |
Missstände und erschwert es Kindern, sich zu beschweren. | |
„Nein“: Es gebe keine Isolation der Kinder in der Eingangsphase, besagt die | |
Antwort auf die Linken-Anfrage. Auch der Betreiber der HKJ Dörpling sagte | |
der taz, dass es keine Kontaktsperren als Konzept gibt.Wie erklärt sich | |
dann der Brief aus dem Jugendamt? Der Bezirk Hamburg-Eimsbüttel verweist an | |
die Sozialbehörde. „Es gab keine konzeptionelle Kontaktsperre“, sagt deren | |
Sprecher Marcel Schweitzer. Die erwähnte Maßnahme beziehe sich nur auf | |
diesen Einzelfall, Genaueres könne man „aus Gründen des | |
Sozialdatenschutzes“ nicht nennen. | |
„Dann hätte der Senat mir doch antworten können: Es gibt Kontaktsperren im | |
Einzelfall“, sagt Boeddinghaus. Sie will das Thema am 26. Mai im | |
Familienausschuss der Bürgerschaft ansprechen. Denn sie habe weitere | |
Fragen: So erklärte die Kieler Sozialministerin am Montag dieser Woche, sie | |
habe erst nach der gemeinsamen Pressekonferenz von Linken und Piraten – die | |
war am 3. Mai – von der Hamburger Anfrage erfahren. Boeddinghaus hatte | |
darin aber unter anderem gefragt, ob der Kieler Heimaufsicht Beschwerden | |
über die beiden Einrichtungen vorlägen. Vor einem Jahr, in Sachen | |
Friesenhof, hatten die Hamburger zur Klärung in Kiel nachgehakt. Diesmal | |
aber teilte der Senat bloß mit, dazu lägen „keine Informationen vor“. | |
Auch Behördensprecher Schweitzer räumt ein, dass Hamburg nicht offiziell in | |
Kiel nachgefragt hat. Bei 840 Kindern, die Hamburg im Nachbarbundesland | |
unterbringt, müsse man kooperieren, findet Boeddinghaus: „Ein Anruf in Kiel | |
wird doch wohl noch leistbar sein.“ | |
Im Fall der Kieler Sozialministerin wird derweil schon über eine | |
Nachfolgerin spekuliert. Im Sozialausschuss hatte Alheit am Montag | |
versichert, sofern Missstände sich bestätigen sollten, würden sie | |
abgestellt. Weitere Schritte, etwa eine Schließung der Heime, sei aber | |
nicht möglich. | |
Aus Sicht des Piraten-Abgeordneten Wolfgang Dudda eine „Märchenstunde“: Die | |
Gerichte würden wirtschaftliche oder persönliche Unzuverlässigkeit eines | |
Betriebers schon lange als Schließungsgrund anerkennen. Dudda selbst hatte | |
in einer Eidesstattlichen Versicherung schwere Vorwürfe eines ehemaligen | |
Mitarbeiters aus Dörpling veröffentlicht. Demnach wurden Kinder fünf- bis | |
siebenmal pro Woche zu Boden gedrückt. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe | |
erklärte, sie führe Vorermittlungen durch – „da fließen die Äußerungen… | |
Herrn Dudda mit ein“. | |
12 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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