| # taz.de -- Japanische Künstlerin verurteilt: Kämpferin für die Vagina | |
| > Megumi Igarashi macht „Vagina-Kunst“, aber in Japan ist die | |
| > Zurschaustellung von Genitalien verboten. Die Künstlerin muss nun eine | |
| > Strafe zahlen. | |
| Bild: Jetzt vermutlich weniger gut gelaunt: Megumi Igarashi | |
| Berlin taz | Auf einem grünen Hügel thront eine Kapelle. Blühende Büsche | |
| umrahmen die Szenerie. In der Mitte aber ist der Rasen aufgerissen. Die | |
| braune Erde legt sich in Falten. Erst auf den zweiten Blick ist zu | |
| erkennen, dass unter den kleinen Figürchen in blauen Schuluniformen ein | |
| Abdruck der Scheide der Künstlerin liegt, die dieses Diorama geschaffen | |
| hat. | |
| „The Art of Vagina“ nennt die Japanerin Megumi Igarashi ihre Kunst – und | |
| stößt damit an die Grenze der Offenheit der japanischen Gesellschaft. Die | |
| Zurschaustellung von Genitalien ist in Japan verboten. Das Tokioter | |
| Bezirksgericht hat Igarashi am Montag zu einer Geldstrafe von 400.000 Yen, | |
| umgerechnet knapp 3.300 Euro, verurteilt. | |
| Die 44-Jährige will in Berufung gehen. Ihre Kunst ist eine Kritik an einer | |
| Gesellschaft, in der die Pornoindustrie trotz der strikten Zensurgesetze | |
| boomt, in der sie aber in Fernsehshows nicht das Wort Manko, japanisch für | |
| Muschi, sagen dürfe. „Ich war überrascht darüber, wie aufgebracht die | |
| Menschen sind, wenn sie meine Arbeit sehen“, [1][schreibt sie auf ihrer | |
| Homepage.] | |
| Sie will, dass die Japaner zwangloser mit Vaginas umgehen und sie zu einem | |
| Stück Popkultur machen. Dafür hat Igarashi, die sich selbst Rokudenashiko, | |
| übersetzt böses Mädchen, nennt, eine Mangafigur kreiert: ein | |
| tropfenförmiges kleines Wesen, dessen Gesicht von wallenden pink | |
| Schamlippen umgeben ist. Die sieht niedlich aus, nicht anstößig. | |
| Mit der Vagina-Kunst hat die Japanerin angefangen, weil sie selbst nie | |
| Bilder vom Intimbereich anderer Frauen gesehen hatte. „Ich wusste nicht, | |
| wie eine Vagina aussehen sollte, und dachte, meine wäre abnormal.“ | |
| Heute gibt die 44-Jährige Kurse für Frauen, die ihren eigenen | |
| Muschi-Abdruck verzieren wollen. Und sie entwarf vor zwei Jahren ein | |
| knallgelbes Kajak, dessen Sitzluke ihre ganz persönliche Form hatte. Den | |
| Bauplan verschickte sie als Datensatz für den 3-D-Drucker an Unterstützer – | |
| und wurde daraufhin festgenommen. Nun sprach sie die Richterin wegen der | |
| Verbreitung „obszönen Materials“ schuldig. Die Künstlerin will das nicht | |
| akzeptieren. Zum Gerichtstermin kam sie mit einem Spruchband. Die | |
| Aufschrift: „Ein Körperteil ist nicht schuldig.“ | |
| 10 May 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andrea Scharpen | |
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