# taz.de -- Bauhaus in Berlin: Ein Wunder tritt aus dem Schatten | |
> Der Nachlass des Fotografen UMBO ist gesichert. Zum 100-jährigen | |
> Bauhausjubiläum 2019 wird er auch in Berlin gezeigt. | |
Bild: Besucherinnen vor Bild: Bei der Ausstellungseröffnung des UMBO-Nachlasse… | |
Dass viele kaum etwas mit dem Namen UMBO anfangen können, sofort aber seine | |
Fotos wiedererkennen – allein das spricht Bände über den Künstler, der 1902 | |
in Düsseldorf als Otto Maximilian Umbehr geboren wurde und neben dem | |
ungleich bekannteren László Moholy-Nagy als wichtigster Fotograf des | |
Bauhauses gilt. Es ist wohl den Brüchen in der Biografie des Freigeistes | |
UMBO geschuldet, dass er erst jetzt wiederentdeckt wird, dass die | |
Originalfotos, die er hinterlassen hat, erst jetzt komplett angekauft | |
werden konnten und zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum gezeigt werden. | |
Gleich drei Museen haben sieben Jahre am Ankauf der Fotos gearbeitet, neben | |
dem Sprengel Museum in Hannover und der Stiftung Bauhaus Dessau auch die | |
Berlinische Galerie. Dort, so Direktor Thomas Köhler, werden 66 der | |
insgesamt 536 angekauften Fotografien zu sehen sein – vor allem die Bilder | |
der Boheme und die Berliner Stadtlandschaften wahrscheinlich, in denen UMBO | |
vor allem in den Goldenen Zwanzigern als eine Art Franz Hessel der | |
Fotografie in der Stadt flanierte, der die unangestrengte Form der | |
Betrachtung pflegte, seine Fotos „Schattenwunder“ nannte. | |
Hier wird also ein Künstler den Schubladen der Fotografiegeschichte | |
entrissen, der nicht nur wegen seiner Bilder so zeitgemäß und sympathisch | |
daher- kommt, sondern auch, weil ihm das vielleicht weniger wichtig gewesen | |
wäre als anderen. | |
Immer wieder befand UMBO sich am Rande des Abgrunds – oder schmiss selbst | |
alles über den Haufen. Als Student am Weimarer Bauhaus fiel er nach zwei | |
Jahren mit allerlei Schabernack in Ungnade und wurde 1923 von der | |
Schülerliste gestrichen. In Berlin lebte er als Vagabund und schlief in der | |
Ringbahn, bis er eines Tages zusammenbrach. Er wurde von einem Mäzen | |
aufgesammelt, bei dem er das Fotografieren entdeckte, obwohl er damals | |
schon den „Rasenden Reporter“ geschaffen hatte, eine der berühmtesten | |
Collagen der zwanziger Jahre. | |
## Anrührend distanzlose Porträts | |
UMBO stürzte sich auf die Berliner Boheme, schuf bis heute bekannte, weil | |
anrührend distanzlose Porträts wie die der Schauspielerin Ruth Landshoff. | |
Doch UMBO gab nicht allzu viel auf Ruhm, wollte lieber Richtung Reportage | |
weiter, gründete eine Agentur. | |
Wie für viele war auch für UMBO die Zeit des Nationalsozialismus eine | |
Katastrophe: Während er nur noch als Fotojournalist arbeiten konnte, wurde | |
sein Archiv in Berlin mit bis zu 60.000 Negativen bei einem Bombenangriff | |
vernichtet. Nach dem Krieg ging er nach Hannover, sein Werk geriet in | |
Vergessenheit. Noch als Siebzigjähriger musste er Kohlen schleppen und | |
andere Gelegenheitsarbeiten annehmen, um seine Miete bezahlen zu können. | |
Doch, so berichtet seine Tochter Phyllis Umbehr auf der Pressekonferenz: | |
Ihr Vater blieb das „einzige noch lebendes Unikum in Hannover“. Er behielt | |
den Kopf oben. Allein deshalb kann man sich darauf freuen, diesen UMBO, | |
dieses lebende Schattenwunder, zu entdecken. | |
9 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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