# taz.de -- Beliebter Club in Berlin ist insolvent: Trash ist jetzt Trash und b… | |
> Der Kultclub White Trash hat Insolvenz angemeldet. Schuld für die Misere | |
> ist der Umzug von Prenzlauer Berg nach Treptow. Doch der Betrieb geht | |
> vorerst weiter. | |
Bild: Sieht eher so nach Wildem Westen aus: Das White Trash in Treptow | |
Es gibt ziemlich genau einen Club in Berlin und wahrscheinlich in ganz | |
Deutschland, in dem der Genuss eines dick gestapelten Burgers von lauter, | |
live gespielter Rock-’n’-Roll-Musik untermalt wird. In dem man fettige | |
Fritten isst, während im Tattoostudio im Nachbarraum die Nadel sirrt. In | |
dem Rocklegende Pete Doherty einen Spontan-Gig hinlegt oder Lemmy von | |
Motörhead zu Gast war. Der Name der Location: das White Trash Fast Food | |
Restaurant. | |
Genau jenes White Trash, das nach Anfängen in Mitte und Prenzlauer Berg | |
seit 2014 in Treptow zu Hause ist, ist in arger finanzieller Bedrängnis. | |
Genauer: Das von dem US-Amerikaner Walter „Wally“ Potts betriebene Unikum | |
hat Insolvenz angemeldet. Vom 1. Juni an soll Insolvenzverwalter Udo Feser | |
einen neuen Businessplan erstellen. Die Notbremse zog White-Trash-Chef | |
Potts, weil er die Tilgung von Krediten, den Lohn für insgesamt 70 | |
Mitarbeiter und die Außenstände bei Bau- und Getränkefirmen nicht mehr | |
zahlen konnte. Der Betrieb aber geht erst mal weiter. „Und wir sind | |
zuversichtlich, dass das White Trash bestehen bleibt“, sagt Potts der taz. | |
Es handele sich um eine Planinsolvenz, bei der auch die Gläubiger guten | |
Mutes seien, dass das White Trash die angehäuften Schuldenberge in den | |
kommenden Monaten oder Jahren einspielen werde. | |
Wenn man die Geschichte des White Trash in den vergangenen drei Jahren | |
betrachtet, wird einem klar, wie Potts an diesen Punkt kommen konnte. Die | |
Schwierigkeiten begannen, als das White Trash im April 2014 von der | |
Schönhauser Allee auf das Arena-Gelände in Treptow zog. Zwei Dinge kamen | |
zusammen: Die beauftragten Baufirmen brauchten am neuen Ort länger als | |
geplant. Gleichzeitig zog Potts’ Hausbank ein mündliches Kreditangebot | |
zurück, das neue war niedriger und sollte ein halbes Jahr später in Kraft | |
treten. | |
Potts wollte zu diesem Zeitpunkt schon reagieren und länger in der alten | |
Location bleiben – unmöglich, weil sein alter Vermieter in Prenzlauer Berg | |
den Mietpreis hochtrieb. Also ab in den neuen, halbfertigen Club, in dem | |
die Baukosten stiegen und stiegen, während der Betrieb vorerst für nur 150 | |
statt geplanter 300 Gäste laufen konnte. Derweil warteten unter anderem | |
noch auf Fertigstellung: ein opulentes Außengelände mit Feuerstellen, das | |
so wirkt wie ein Abenteuerspielplatz für Erwachsene, eine Außentoilette, | |
ein sogenannter White Trash Ballroom für Konzerte – und auch das | |
Tattoostudio war noch nicht fertig. „Die ständigen Bauverzögerungen haben | |
unsere Umsätze aufgefressen“, sagt Potts. | |
Dass das Restaurant doch meist gut gefüllt war, habe diese Entwicklungen | |
nicht auffangen können. Spricht man Potts auf die Preise an, knapp 15 Euro | |
muss man für ein Burger-Menü hinlegen, sagt der 52-Jährige: „Ich höre oft, | |
dass das White Trash teuer sein soll.“ Dabei könne man seinen Laden doch | |
nicht mit kleinen Imbissen vergleichen. Potts weist zudem auf Biofleisch | |
und Qualitätsstandards hin, inklusive Burgerbrötchen frisch von der | |
Biobäckerei. „Wir sind eigentlich mehr als fair!“, sagt er. | |
Ein „Albtraum“ sei die Zeit seit dem Umzug 2014 gewesen. „Nicht so schlimm | |
wie der BER“, aber fast, sagt Potts und müht sich am Telefon ein Lächeln | |
ab. Warum er trotzdem glaubt, dass das White Trash die Insolvenz übersteht? | |
Die Probleme lägen ja in der Vergangenheit: „Jetzt läuft der Laden ja. Wir | |
haben einen perfekten Standort, coole Nachbarn und einen Vermieter, der uns | |
auch hier haben will … endlich können wir loslegen.“ | |
26 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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