# taz.de -- Neonazis in Schweden: EU-Mittel für braune Veranstaltung | |
> Neonazis wollen sich im Mai in Stockholm zum „Manhemsdagen“ treffen. Das | |
> Europäische Parlament finanziert die Propaganda-Show mit. | |
Bild: Geld für Nazi-Veranstaltungen: Abgeordnete des Europäischen Parlaments. | |
Stockholm taz | Schwedische Neonazis laden ihre in- und ausländischen | |
Gesinnungsgenossen für den 28. Mai nach Stockholm zum „Manhemsdagen“ ein. | |
Redebeiträge von Vertretern der „nationalen Opposition“ und ein | |
„politisch-unkorrektes“ Theaterstück sind angekündigt. Der in Deutschlands | |
ultrarechter Szene wohlbekannte Liedermacher Mirko Szydlowski, alias | |
„Barny“, soll zur „Unterhaltung höchster Klasse“ beitragen. | |
Und die BesucherInnen sollen die Möglichkeit haben an Verkaufsständen von | |
Szenefirmen ihren Bedarf zu decken. Beispielsweise an T-Shirts mit | |
Aufdrucken wie „Refugees not welcome“ oder dem Portrait von Per Engdahl, | |
dem Gründer der faschistischen „Neuschwedischen Bewegung“. Zudem können d… | |
Gäste rassistische Aufkleber, Buttons gegen homosexuelle Partnerschaften | |
oder antisemitische Standardwerke der US-„White Supremacy“-Bewegung | |
erwerben. Und das Ganze wird auch mit Geld des EU-Parlaments finanziert. | |
Auf diese Mitfinanzierung seitens der EU wird auf der Veranstaltungswebsite | |
ausdrücklich hingewiesen. Das Geld kommt von einem Mitveranstalter, der von | |
der rechtsextremen Europa-Partei Allianz für Frieden und Freiheit (APF) | |
gegründeten Stiftung „Europa Terra Nostra“. Der Stiftung wurden im Januar | |
vom EU-Parlament für dieses Jahr [1][Beiträge in einer Hohe von 197.625 | |
Euro bewilligt.] | |
Die Stiftung hat ihren Vereinssitz in Berlin, Seelenbinderstr. 42, der | |
Adresse der NPD-Parteizentrale. Vorsitzender ist Dan Eriksson, Betreiber | |
von „Motgift“, einem Medienprojekt, das rechte Podcasts produziert und | |
ehemals führendes Mitglied der schwedischen Neonazi-Partei „Svenskarnas | |
Parti“ („Partei der Schweden“). Die hatte sich vor einem Jahr wegen | |
mangelnder Resonanz aufgelöst. Die neue Europa-Partei und -Stiftung sind | |
nun offenbar als neue Plattform gedacht. | |
## Vergangenheit in der militanten Nazi-Szene | |
Neben Eriksson ist auch der Ex-Vorsitzende von „Svenskarnas Parti“, Stefan | |
Jacobsson – dieser ist gleichzeitig Generalsekretär der unter dem Vorsitz | |
des italienischen Neofaschisten Roberto Fiore stehenden APF – als einer der | |
Redner auf dem „Manhemsdagen“ angekündigt. Jacobsson, der eine | |
Vergangenheit in der militanten nazistischen „Schwedischen | |
Widerstandsbewegung“ hat, teilte dieser Tage mit, die „große Ehre“ zu | |
haben, auf der zentralen NPD-Kundgebung zum 1. Mai in Schwerin sprechen zu | |
dürfen. | |
Auch andere der vorgesehenen „Manhemsdagen“-Akteure haben Verbindungen zur | |
deutschen Neonazi-Szene und spielten zentrale Rollen in verschiedenen | |
Organisationen von Schwedens „White Power“-Bewegung. | |
Mit der Namenswahl „Manhems“-Tag scheinen die Veranstalter an die 1934 | |
gegründete und 1944 aufgelöste pronazistische „Samfundet Manhem“ | |
(„Manhem-Gemeinschaft“) anknüpfen zu wollen. Offiziell war sie eine der | |
„Volksbildung national Gesinnter“ dienende Organisation, die sich in der | |
Praxis Rassismus und Antisemitismus propagierte – wie die „Lösung der | |
Judenfrage“ und die angebliche Überlegenheit der „nordischen Rasse“. Seit | |
Beginn der 1940er Jahre begann man auch damit, die Namen und Adressen | |
jüdischer MitbürgerInnen zu registrieren. | |
Soll EU-Geld dazu beitragen, solche braunen Veranstaltungen zu finanzieren? | |
Delphine Colard, Pressesprecherin des EU-Parlaments, beschränkt sich | |
darauf, in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der schwedischen | |
antirassistischen Publikation Expo, die zuerst über den finanziellen | |
Hintergrund des „Manhemsdagen“ berichtet hatte, [2][auf die allgemeine | |
Rechtslage hinzuweisen.] | |
## Anspruch auf Parteienfinanzierung | |
Neben Europafraktionen kann das Europäische Parlament auch | |
Parteienzusammenschlüsse auf europäischer Ebene anerkennen. Im Falle der im | |
Februar 2015 gegründeten APF, an der als einzige im EU-Parlament vertretene | |
Parteien die NPD und Griechenlands „Goldene Morgenröte“ beteiligt sind, war | |
das mit Wirkung vom 1. Januar 2016 geschehen. | |
Solche Europaparteien haben dann auch Anspruch auf Parteienfinanzierung aus | |
EU-Mitteln, mit denen sie Veranstaltungen, Kampagnen und | |
Öffentlichkeitsarbeit finanzieren können. Ähnliches gilt für die | |
parteinahen Stiftungen, wie APF's „Europa Terra Nostra“. Neben den knapp | |
200.000 Euro für diese Stiftung sind der APF vom EU-Parlament für 2016 | |
400.000 Euro bewilligt worden. | |
Schwedens sozialdemokratische Europaparlamentarierin Marita Ulvskog gibt | |
sich empört: „Ich finde, es ist fürchterlich peinlich und abscheulich, dass | |
wir solche Veranstaltungen mitfinanzieren“. Falls die jetzige Rechtslage | |
das zulasse, müsse man über Änderungen nachdenken. | |
Vor zwei Jahren habe das Parlament erst neue Bestimmungen beschlossen, um | |
in Zukunft zu vermeiden, dass antidemokratische Gruppen, die sich nicht zu | |
den Werten der EU bekennen, finanzielle Beiträge erhalten können. Doch | |
offenbar genüge das nicht. Ulvskog: „Ich glaube, eine große Mehrheit der | |
Abgeordneten im EU-Parlament ist schockiert, wenn sie erfährt, dass so | |
etwas möglich ist.“ Sie kündigt an, das Thema schon bei der nächsten | |
Sitzung ihrer Fraktion aufzuwerfen. | |
17 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.europarl.europa.eu/pdf/grants/Grant_amounts_foundations_01-2016.… | |
[2] http://www.europarl.europa.eu/contracts-and-grants/de/20150201PVL00101/Part… | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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