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# taz.de -- Sicherheit in AKWs: Gefälschte Protokolle auch in Biblis
> Prüfungen, die nie stattgefunden haben – das gab es nicht nur im AKW
> Philippsburg. Nun gerät auch der Einsatz von Fremdfirmen in die Kritik.
Bild: Biblis – auch hier wurden Sicherheitskontrollen nur vorgetäuscht
FREIBURG taz | Nicht nur im Atomkraftwerk Philippsburg 2 sind
Sicherheitskontrollen vorgetäuscht worden, auch in Biblis wurden nun
entsprechende Verstöße bekannt. Während im Fall des EnBW-Reaktors
Philippsburg ein Mitarbeiter eines externen Dienstleisters verantwortlich
war, geht es im hessischen Biblis um das Fehlverhalten eines internen
Mitarbeiters des Betreibers RWE.
Die Täuschung betrifft in beiden Fällen die so genannte „Wiederkehrende
Prüfung“. Das sind definierte Kontrollen, denen ein Betreiber unter anderem
Überwachungssysteme turnusgemäß unterziehen muss. Damit soll sichergestellt
werden, dass die Technik jederzeit ordnungsgemäß funktioniert. In
Philippsburg ging es um die Funktion eines Detektors radioaktiver Aerosole,
in Biblis um die Prüfung von Labormessgeräten und Messungen im Kamin.
In beiden Fällen hatten die Verantwortlichen die Prüfprotokolle ausgefüllt
und der Technik damit die einwandfreie Funktion bescheinigt, die
Untersuchungen in Wahrheit aber nicht vorgenommen. RWE hat den betroffenen
Mitarbeiter sofort vor die Tür gesetzt, bei EnBW wird noch geprüft, in
welchem Maße auch eigene Mitarbeiter versagt haben. Da Fremdfirmen oft in
mehreren Reaktoren tätig sind, fordert die Anti-Atom-Organisation
ausgestrahlt nun, in allen Reaktoren die Kontrollen der letzten Jahre zu
überprüfen.
„Wenn solche Manipulationen erst durch Zufälle herauskommen, dann müssen
wir davon ausgehen, dass es sich nur um die Spitze des Eisbergs handelt“,
sagt Jochen Stay, Sprecher von ausgestrahlt. Und er fragt: „Ist das
Vier-Augen-Prinzip zu teuer für die wirtschaftlich angeschlagenen
AKW-Betreiber?“
## Mitarbeiter von Fremdfirmen gehen ein und aus
Dass in den Atomreaktoren in großem Stil Mitarbeiter von Fremdfirmen ein
und aus gehen, ist auch im Regelbetrieb ein eingespieltes Prozedere. So
seien am Standort Philippsburg „dauerhaft wenige hundert Mitarbeiter von
Fremdfirmen in verschiedenen, auch technischen Bereichen im Einsatz“,
teilte EnBW mit. Während Revisionen kommen rund 800 externe Fachleute in
dem betreffenden Reaktorblock hinzu. EnBW hatte den Vorfall am Mittwoch
abend selbst veröffentlicht, nachdem der Stromkonzern ihn in der Woche
zuvor bereits der Atomaufsicht mitgeteilt hatte.
Die EnBW Kernkraft GmbH war bei der Aufarbeitung eines meldepflichtigen
Ereignisses auf das Täuschungsmanöver gestoßen. Die Verstöße in Biblis, wo
die beiden Blöcke seit 2011 abgeschaltet sind, betreffen die Jahre 2014 und
2015. Sie waren den Aufsichtsbehörden bereits im Mai 2015 bekannt, wurden
aber erst publiziert, als im Nachgang von Philippsburg entsprechende
Anfragen im Ministerium eingingen.
Aufgrund des Stillstands des Kraftwerks ist der Vorfall in Biblis weniger
sicherheitsrelevant als jener in Philippsburg. Gleichwohl seien auch in dem
baden-württembergischen Reaktor die betroffenen Messeinrichtungen stets
funktionstüchtig gewesen, versichert der Betreiber. Auch das zuständige
Umweltministerium geht aufgrund späterer, korrekt erfolgter Prüfungen davon
aus, dass die vorgetäuschten Protokolle keine sicherheitsrelevanten
Auswirkungen hatten und die Emissionsüberwachung gewährleistet war.
15 Apr 2016
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
AKW
Biblis
Atomenergie
Schwerpunkt Atomkraft
AKW
AKW Fessenheim
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