# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Bayern München ist gefährlich | |
> In demokratischen Ländern wechseln die Fußballmeister häufiger als in | |
> Diktaturen. Was sagt das über Deutschland aus? | |
Bild: Franck Ribéry (l.) und Uli Hoeneß: Ist es Liebe? | |
Auch fußballerische Vielfalt gehört zur Demokratie. Eine Studie von | |
Politologen der Universität Barcelona fand heraus, dass das „Maß, in dem | |
bestimmte Klubs ihre nationalen Ligen dominieren, vom politischen Regime | |
abhängt“. Platt gesagt: In Diktaturen holen immer die gleichen Klubs die | |
Meisterschaft, in Demokratien sind öfter mal andere dran. | |
Das klingt plausibel, zumindest, wenn man seinen fußballerischen Kopf nach | |
Osten dreht: ZSKA Sofia hat, so die Wissenschaftler, zwischen 1950 und 2011 | |
etwa 60 Prozent der Titel gewonnen. Der BFC Berlin war von 1979 bis 1988 | |
nonstop DDR-Meister – als die Serie riss, war’s auch bald zu Ende mit der | |
Republik. Und über Albanien, wo der KF Tirana beinahe immer alles abräumte, | |
braucht man ja wohl gar nicht zu reden. | |
Muss man doch. Denn das von der Staats- und Parteiführung gepamperte Team | |
hat zwar im Auswertungszeitraum der Forscher achtzehnmal die albanische | |
Liga als Erster beendet. Aber das ist dreimal weniger als der FC Bayern! | |
Welche Rückschlüsse sollen wir jetzt über den demokratischen Charakter der | |
Bundesrepublik ziehen, wenn wir uns den deutschen Fußball angucken? Ist die | |
Studie bloß eine alberne Spielerei, und die Wissenschaftlern hätten genauso | |
gut Kapitäne mit Schnauzbart mit solchen, die mit Blondinen verheiratet | |
sind, vergleichen können? | |
## Grad der Demokratisierung | |
Nein, das, was die Wissenschaftler vorgelegt haben, lehrt das genaue | |
Hinschauen. Es zeigt, dass gerade der Fußball Aussagen über den Grad der | |
Demokratisierung einer Gesellschaft erlaubt. | |
Zur DDR vermerken die Forscher, dass die Daten, die aus der Oberliga | |
gewonnen wurden, „einen demokratieähnlichen Wert“ nahelegen, und zwar bis | |
1979. Da durfte beinahe jeder mal ran, in den 70ern waren dann Dynamo | |
Dresden und der FC Magdeburg stark. Erst ab der Saison 1978/79 beherrschte | |
der auch institutionell zur Staatssicherheit gehörende BFC Dynamo die | |
sozialistische Kickerei bis hin zur Langeweile. | |
Der viel zu einfachen Gegenüberstellung von Demokratie und Diktatur lässt | |
sich also mit dem Befund der Entdemokratisierung einer Gesellschaft viel | |
differenzierter entgegentreten. Man muss nur etwas von Fußball verstehen! | |
Eine Entdemokratisierung der DDR lässt sich also ab Ende der 70er Jahre | |
beobachten. An die Stelle der sich auch im Fußball ausdrückenden | |
gesellschaftlichen Vielfalt trat die Monotonie. | |
Und schon ergibt der Hinweis auf die 25 Meistertitel des FC Bayern – davon | |
24 als Bundesligameister – Sinn. In den 70ern wurden die Duelle zwischen | |
Bayern und Mönchengladbach gern als CSU/CDU vs. SPD gedeutet. Ähnliches | |
galt für Bayern gegen Werder Bremen in den 80ern. | |
## Schade eigentlich | |
Noch in den 90ern – allerdings mit abnehmender Überzeugungskraft – wurde | |
versucht, dieses Muster auf die Duelle mit Borussia Dortmund anzuwenden. | |
Doch schon vom zwischenzeitlichen Bayern-Jäger, Bayer Leverkusen, wurde | |
Ähnliches nie behauptet. | |
Nun aber ist vom Fußball als Indikator einer liberalen, demokratischen | |
Gesellschaft gerade mal die Chance übriggeblieben, irgendeinen Platz hinter | |
dem FC Bayern zu ergattern. Schade eigentlich. Die Studie ist doch keine | |
spleenige Spielerei. | |
25 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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