# taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Debatte statt Auszeichnung | |
> Ein renommiertes Flüchtlingsprojekt wird plötzlich mit einem | |
> Antisemitismusvorwurf konfrontiert. | |
Bild: Hier geht's heiß her: Al-Quds-Demo in Berlin. | |
Eigentlich ist es ein Vorzeigeprojekt: Flüchtlinge und hier geborene | |
Menschen spielen im Refugee Club Impulse aus Moabit gemeinsam Theater, | |
verhandeln in ihren Stücken gesellschaftliche Fragen rund um die Themen | |
Flucht und Ankommen und tragen gleichzeitig zu einer höheren Präsenz | |
geflüchteter Menschen im Kulturbetrieb bei. Das Ganze nicht als | |
Charityprojekt deutscher TheatermacherInnen, sondern als | |
basisdemokratisches Kollektiv. | |
Doch dann das: Mitte dieser Woche wird klar, dass sowohl die Nominierung | |
des Projekts für einen Sonderpreis für kulturelle Arbeit mit Flüchtlingen | |
als auch ein Antrag auf 100.000 Euro öffentliche Fördergelder Geschichte | |
sind. Der Grund: Nach Recherchen des American Jewish Committee sollen die | |
künstlerische sowie die pädagogische Leiterin des Projekts, Nadia und | |
Maryam Grassmann, seit Jahren eine aktive Rolle auf der jährlich | |
stattfindenden antisemitischen Al-Kuds-Demonstration spielen, die vom | |
Vater der beiden Schwestern organisiert wird. | |
Jetzt ist die Aufregung groß: Während sich der Senat beeilt zu betonen, | |
dass man unter keinen Umständen Gelder an Gruppen oder Personen geben | |
werde, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, fühlt sich das | |
Projekt missverstanden und in Sippenhaft genommen. Denn dass das | |
antiisraelische Engagement der Grassmann-Schwestern auch deren Arbeit | |
beeinflussen würde, bestreitet der Refugee Club Impulse. | |
Das Thema ist heikel. Dass jetzt ausgerechnet eines der wenigen tatsächlich | |
selbst organisierten Flüchtlingsprojekte im Kulturbereich unter | |
Antisemitismusverdacht steht, hat einen schlechten Beigeschmack ebenso wie | |
der Umstand, dass die Debatte bisher ohne die Projektbeteiligten läuft. | |
Problematisch ist aber auch, das Engagement der Grassmann-Schwestern jetzt | |
als Privatangelegenheit darzustellen: Wer an einer so unumstritten | |
antisemitischen Veranstaltung teilnimmt und gleichzeitig in einem | |
künstlerisch-pädagogischen Projekt mit unter anderem palästinensischen | |
Flüchtlingen arbeitet, muss sich die Frage gefallen lassen, ob das eine mit | |
dem anderen zusammenhängt. | |
Einen Gefallen getan haben die beiden Schwestern dem einstigen | |
Vorzeigeprojekt so ganz sicher nicht. Trotzdem gilt: Der Senat sollte das | |
Projekt jetzt nicht einfach fallen lassen – wenn es dem Refugee Club | |
Impulse gelingt, sich glaubhaft von Antisemitismus zu distanzieren, spricht | |
nichts dagegen, ihn weiter zu fördern. | |
23 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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