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# taz.de -- Syrien-Verhandlungen in Genf: Blockade bei den Gesprächen
> Über die Bildung einer Übergangsregierung wurde keine Einigung erzielt.
> Die russische Militärpräsenz ist fast unverändert.
Bild: Ein bisschen Spiel bleibt dann doch inmitten des Krieges: syrische Kinder…
Genf taz | Bei den von der UNO vermittelten indirekten Genfer Gesprächen
zwischen der syrischen Regierung und dem Oppositionsbündnis „Hoher
Verhandlungsrat“ (HNC) gibt es weiterhin keinerlei Annäherung. Zu Beginn
der am Freitag eröffneten dritten Gesprächsrunde seit Ende Januar legten
die Delegationen beider Seiten UNO-Vermittler Staffan de Mistura völlig
unvereinbare Vorschläge zur Bildung einer Übergangsregierung in Damaskus
vor.
Die Opposition erklärte sich bereit, in einer Übergangsregierung mit
„Technokraten und Diplomaten“ aus dem Kreis der bisherigen Regierung
zusammenzuarbeiten. Präsident Bashar al-Assad und die „Mitglieder seiner
engeren Führungsriege“ müssten jedoch mit Amtsantritt der Regierung
abtreten. Über die „personelle Zusammensetzung der Übergangsregierung“
solle gemäß der Ende Juni 2012 von den fünf Vetomächten des
UNO-Sicherheitsrats getroffenen „Genfer Vereinbarung“ im „gegenseitigen
Einvernehmen“ entschieden werden.
Diese Kompromissformel war damals nach mühsamen Verhandlungen zwischen den
drei Westmächten, USA, Großbritannien und Frankreich einerseits, sowie
Russlands und Chinas andererseits erzielt worden.
Ebenfalls unter Berufung darauf lehnte die Regierungsdelegation in Genf
erneut jede Diskussion über die künftige Rolle Assads ab. Sie beharrte
darauf, dass Assad auch während der Übergangsregierung Präsident bleibt und
das Recht behält, bei künftigen Präsidentschaftswahlen erneut anzutreten.
## Kämpfe mit dem IS
Die syrische Regierungsdelegation präsentierte den Vorschlag, dass die
Opposition drei Stellvertreter für Assad bestimmt und dessen Kompetenzen
während der Amtszeit der Übergangsregierung eingeschränkt oder weitgehend
auf protokollarische Fragen begrenzt werden. Die Opposition lehnte diesen
Vorschlag „kategorisch“ ab.
In einigen Berichten vom Wochenenden wurde das von der Regierung
unterbreitete Modell fälschlicherweise als „UNO-Vorschlag“ bezeichnet. De
Mistura erklärte, er habe den Regierungsvorschlag lediglich an die
Oppositionsdelegation übermittelt, da die Regierungsdelegation direkte
Gespräche mit der Opposition verweigert.
Derweil droht angesichts der eskalierenden Kämpfe in der Provinz Aleppo und
den nördlich davon gelegenen Grenzgebieten zur Türkei der völlige
Zusammenbruch der Feuerpause, die offiziell seit Ende Februar in Kraft ist.
Milizen des „Islamischen Staats“ (IS) haben nach Angaben von Aktivisten im
Norden Syriens bis Samstag 18 bislang von den Regierungstruppen
kontrollierte Orte unter ihre Kontrolle gebracht, darunter auch das an der
Verbindungsstraße zwischen Aleppo und Damaskus strategisch gelegene Dorf
Chanaser.
Zugleich habe es Kämpfe zwischen dem IS und Rebellengruppen in der Nähe der
türkischen Grenze gegeben. Dabei eroberten IS-Kämpfer den Angaben zufolge
den Ort Tal Schaaer von Aufständischen. Tausende Anwohner seien vor den
Gefechten in Richtung türkischer Grenze geflohen.
## Starke russische Präsenz
Die Regierungstruppen versuchen mit Hilfe russischer Luftangriffe
weiterhin, Rebellengruppen aus Gebieten nördlich von Aleppo zu verdrängen.
Sollte die Armee diese Region einnehmen, könnte sie die letzte
Hauptversorgungsroute der Rebellen in Aleppo Richtung Türkei kappen und
eine Blockade über sie verhängen.
Die militärische Präsenz Russlands in Syrien ist nach Erkenntnissen des
britischen Militärfachblatts IHS Janes’s Defense Weekly“ nach wie vor weit
stärker, als der von Präsident Wladmir Putin am 14. März verkündete
Teilabzug erwarten ließ. Das Fachblatt veröffentlichte Satellitenaufnahmen,
auf denen 22 statt der vor dem 14. März 29 in Syrien stationierten
russischen Kampfflugzeuge zu erkennen sind, zugleich aber 30 statt zuvor 7
Kampfhubschrauber. Die Versorgung der Streitkräfte auf dem Luft- und
Wasserweg wird nach Erkenntnis des Fachblatts unverändert fortgesetzt. Auch
in den vergangenen Wochen seien weiter russische Soldaten nach Syrien
verlegt worden.
Die seit Beginn der Feuerpause möglich gewordene humanitäre Versorgung der
notleidenden Bevölkerung in Syrien ist nach Feststellung von Care, Word
Vision und weiteren Hilfsorganisationen weiterhin völlig unzureichend. Von
den rund 5 Millionen Menschen, die in 31 vollständig eingeschlossenen oder
schwer zugänglichen Städten und Gebieten das Landes leben, konnten seit
Beginn des Jahres lediglich 400.000 von den humanitären Organisationen mit
Hilfsgütern erreicht werden – darunter 200.000 erstmals nach zum Teil
jahrelanger Isolation von der Außenwelt seit Inkrafttreten der Feuerpause
am 27. Februar.
Die UNO hatte vergangene Woche darauf hingewiesen, dass von 18 Belagerungen
syrischer Städte – darunter 15 durch Regierungstruppen – immer noch keine
endgültig aufgehoben wurde.
17 Apr 2016
## AUTOREN
Andreas Zumach
## TAGS
Russland
Schwerpunkt Syrien
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