# taz.de -- Zukunft der Literaturzeitschriften: Hip und haptisch lesen | |
> Bei einem Vernetzungstreffen von HerausgeberInnen ging es um die Chancen | |
> gedruckter Literaturmagazine in Zeiten digitaler Blogs. | |
Bild: Blick in die Zukunft: Unter anderem mit Anneke Lubkowitz von „Sachen mi… | |
Berlin taz | Früher. War alles besser. Mehr Lametta, weniger Autos, und | |
dieses Internet gab es auch nicht. Bücher waren noch auf Papier gedruckt. | |
Schön, zum Anfassen. Früher kannte man das nicht anders, heute findet man | |
das noch immer gut. Oder wieder. | |
Schaute man sich am Mittwoch um in einem der hippsten Schuppen von Berlin, | |
dem Kater Blau, sah man hier etwa hundert um die Dreißigjährigen, die eines | |
beklatschten: den Print. Das Berliner Literaturmagazin Sachen mit Wörtern | |
hatte zum Vernetzungstreffen eingeladen. „Der Zeitpunkt ist kein Zufall“, | |
erklärte Anneke Lubkowitz, die das Magazin mit herausgibt, „Printprodukte | |
werden gerade wiederentdeckt. Das ist die Gegenbewegung zur | |
Digitalisierung.“ | |
Mit auf dem Podium saßen die Herausgeber der Literaturzeitschriften | |
Metamorphosen und Mosaik sowie eine Lektorin des Berliner | |
Independentverlages Sukultur, um auf der kleinen Bühne unter großer | |
Katerschnauze von ihren Erfahrungen des letzten Jahrzehnts als | |
HerausgeberInnen eines Printmagazins im Digitaltaumel zu sprechen. | |
Tatsächlich war es mehr ein Gespräch als eine Diskussion, denn man war sich | |
einig: Online bewegen sich die neuen Nutzermassen, Print ist „indie“. „Au… | |
der Mainstream-Leser hat die Literaturbloggerszene schon für sich | |
entdeckt,“ sagte Lubkowitz, „das ist längst nicht mehr ‚gegen den Strom�… | |
Und dass sich ihr Literaturmagazin dieser Kurzlebigkeit und Schnelligkeit | |
entgegenstellen wolle. | |
## Die Literatur im Prozess | |
2011, mitten im Onlineblog-Boom, gründete sich Sachen mit Wörtern. Jede | |
Ausgabe steht unter einem Motto, zu dem dann Lyrik, Kurzprosa, | |
Lesebühnentexte und Bilder abgedruckt werden. „Wir sehen Literatur als | |
Prozess an, als Experiment und nicht als Produkt“, erklärte Mitgründerin | |
Lubkowitz das Konzept. Die Zeitschrift hat eine kleine Auflage von 250 | |
Stück, das Heft kostet 3,50 Euro. Damit sind die Kosten nicht gedeckt. „Wir | |
finanzieren uns über Soli-Partys, Crowdfunding und Fördergelder.“ | |
Dass digital zu produzieren auch koste, betonte Josef Kirchner von der | |
österreichischen Literaturzeitschrift Mosaik, die kostenlos vertrieben | |
wird. Auch in Blogs stecke viel Arbeit, deren Produkt hinterher gratis | |
konsumiert werde. Da liege der Zwiespalt: „Einerseits will man prinzipiell | |
Niedrigschwelliges produzieren, andererseits aber nicht die Gratiskultur | |
fördern.“ | |
Die Mischung aus digital und gedruckt macht es letztlich am Ende: „Wir | |
profitieren ja vom Internet, erreichen darüber viele Leute, sogar eine | |
Onlineausgabe ist erhältlich“, sagte Lubkowitz. Für die literaturschaffende | |
Generation 25 plus heißt das Konzept also „Zurück in die Zukunft“: Druck, | |
ohne dabei die Onlinekanäle zu vergessen. | |
Auch eine neue Vielfalt: So wie sich seit einigen Jahren neben den großen | |
Verlagen eine freie Schreiberszene dezidiert online austobt, entsteht mit | |
diesen Magazinen jetzt ein neuer Diskussionsraum für Lesende und | |
Schreibende – und zwar gedruckt. | |
15 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Eva Schneider | |
## TAGS | |
Literaturbetrieb | |
Lyrik | |
Crowdfunding | |
Sasa Stanisic | |
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