# taz.de -- Tourismuseinbruch in Pakistan: Pakistans Lieblingstouristen | |
> Pakistan ist vielen Touristen zu gefährlich: 2015 kamen nur 5.634 | |
> Menschen ins Land. Zwei Deutsche trauten sich und werden als Helden | |
> gefeiert. | |
Bild: From Germany with Love: Elisabeth Hartmann und Christian Nieth sind zwei … | |
Islamabad dpa | Pakistan war nicht der Plan. Zu kompliziert, zu gefährlich, | |
dachten Elisabeth Hartmann, 25, und Christian Nieth, 26, als sie [1][ihre | |
Reiseroute zusammenstellten]. Der Plan hieß: mit dem VW-Bus durch die Welt, | |
bis das Geld alle ist. Mal raus aus dem ewigen Kreislauf von Arbeit, Essen, | |
Konsum, aus den Jobs im Fünfsternehotel (Elisabeth) und als Eventmanager | |
(Christian) in Berlin. | |
Dann wurde es doch Pakistan. Zögerlich. Aber in Russland war‘s einfach zu | |
kalt. Der neue Plan hieß: eine Woche nur – rein über den Iran, raus | |
Richtung Indien. Mittlerweile sind die junge Frau aus Miltenberg in | |
Unterfranken und ihr Freund aus Wuppertal seit sechs Wochen in Pakistan und | |
planen drei weitere. Und wo immer sie hingehen: Sie werden wie Helden | |
begrüßt. | |
„Dass das kurios werden könnte, dachten wir schon, als der pakistanische | |
Botschafter im Iran uns die Visa geschenkt und dann zu sich nach Hause | |
eingeladen hat“, erzählt Christian Nieth. Kurz darauf entdeckte die | |
Reporterin Haneen Rafi von der großen Zeitung Dawn die beiden mit ihrem | |
Hippie-Bus in Karachi. „Über Pakistan hört man im Ausland immer nur das | |
Schlechte“, sagt die Journalistin. Erst am Ostersonntag war die Welt | |
aufgeschreckt über einen schweren Selbstmordanschlag mit 74 Toten in einem | |
Park voller Familien in Lahore. „Und da kommen diese zwei“, sagt Haneen | |
Rafi, „und zeigen mit ihrer Art des Reisens, dass es hier nicht so | |
furchterregend ist, wie viele denken.“ | |
Sie [2][schrieb einen Artikel]. Überschrift: „From Germany, with love“ – | |
aus Deutschland mit Liebe. Das war‘s dann. Der Ruhm der furchtlosen | |
Bustouristen reiste ihnen voraus. In der südostpakistanischen Stadt | |
Bahawalpur wurden sie in eine Schule eingeladen, wo die Kinder sie mit | |
Liedern und Plakaten begrüßten. Ein großer TV-Sender, 92 News, [3][sendete | |
einen Beitrag über sie]. Der Chef der Tourismusbehörde lud sie zum Kaffee | |
ein. Und Hunderte wildfremde Pakistaner schicken ihnen per Facebook oder | |
über ihre Weltreise-Webseite Hilfsangebote und Dankesbriefe. | |
„Vielen, vielen Dank, dass Ihr Pakistan besucht!“ heißt es da“, erzählt | |
Elisabeth. „Oder: „Kommt zum Essen, Duschen, Schlafen...“ Diese irrsinnige | |
Gastfreundschaft und Freude über unsere Anwesenheit, das ist gleichzeitig | |
schön und traurig“, sagt Elisabeth. | |
## Schlechter Ruf und hohe Hürden | |
Es ist eine Geschichte von einem Land, das am eigenen Image leidet und | |
dankbar ist für jeden, der mal was Nettes sagt. Jahrzehnte der | |
Radikalisierung und mehr als 50.000 Opfer von Anschlägen seit 2003 haben | |
Pakistan im Bewusstsein der Welt zum Terrorstaat gemacht. In 2015 begann | |
der Versuch einer Kehrtwende – aber wie weit das geht, weiß man noch nicht. | |
[4][Ganze 5.634 Touristen kamen 2015 nach Pakistan], einem Land mehr als | |
doppelt so groß wie Deutschland und voller kulturreicher Städte und | |
atemberaubender Natur. Selbst unter den Bergsteigern gab es einen | |
dramatischen Einbruch, nachdem im Juni 2013 am Nanga Parbat elf Touristen | |
ermordet worden waren. In Pakistan liegen mit dem K2, dem Nanga Parbat oder | |
Gasherbrum Eins und Zwei einige der berühmtesten Gipfel der Welt. | |
Und dann sind da die bürokratischen Hürden. Für ein Visum braucht man eine | |
Einladung aus dem Land. Für die Reise in bestimmte Gebiete gibt es keine | |
Genehmigung, für andere muss man Keine-Einwände-Zertifikate einholen (No | |
Objection Certificates). Für die ersten Stationen ihrer Reise, von der | |
iranisch-pakistanischen Grenze aus nach Quetta, bekamen Christian Nieth und | |
Elisabeth Hartmann eine Polizeieskorte. Quetta ist die Hauptstadt der | |
unsichersten Provinz des Landes, Baluchistan. Dort durften sie das Hotel | |
nicht verlassen und wurden selbst beim Drachensteigen auf dem Dach | |
beschützt. | |
## Sehr sehr vorsichtig | |
„Danach hatten wir aber totale Freiheit“, sagt Christian. „Die | |
Reisewarnungen lesen sich, als würden Touristen hier in großem Stil | |
abgeschlachtet“, sagt Elisabeth. „Das ist schade. Es rückt das Land in eine | |
Ecke, in das es nicht gehört.“ Aber vorsichtig sind die beiden trotzdem. | |
Sie fahren nicht mehr nachts. Sie wissen immer, wo sie abends anhalten | |
werden – meistens auf dem bewachten Parkplatz eines Hotels. Sie halten die | |
Vorhänge im Bus geschlossen, und sie erzählen nicht mehr im Detail, wohin | |
sie als Nächstes fahren. | |
In diesen Tagen geht es in den Norden. Sie freuen sich drauf. Sie haben | |
eine lange Liste von Kontakten in der Tasche, bereitgestellt von neuen | |
Freunden. Und die Nummern von Polizeichefs. | |
1 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://wanderlust-project.com/ | |
[2] http://www.dawn.com/news/1244255/footprints-from-germany-with-love/ | |
[3] http://www.facebook.com/92NewsHD/videos/1656406627954636/?pnref=story | |
[4] http://arynews.tv/en/5634-tourists-ister-tells-na/ | |
## AUTOREN | |
Christine-Felice Röhrs | |
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