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# taz.de -- Porträt Amjad Sabri: Mord am König des Qawwali
> Der berühmte Sufi-Musiker ist in Karachi einem islamistischen Anschlag
> zum Opfer gefallen. Tausende kamen zu seinem Begräbnis.
Bild: Fans von Amjad Sabri werfen Blumen auf den Krankenwagen, in dem seine Lei…
Tausende Menschen haben am Donnerstag in Karachi am Begräbnis des
Sufimusikers Amjad Sabri teilgenommen. Der 45-Jährige war am Tag zuvor in
der südpakistanischen Metropole von Unbekannten in seinem Wagen erschossen
worden. Motorradfahrer hatten das Feuer auf ihn eröffnet, der Musiker starb
auf dem Weg ins Krankenhaus. Im pakistanischen Fernsehen konnte man am
Donnerstag sehen, wie sich die Ambulanz mit seinem Leichnam durch
Menschenmassen den Weg zum Friedhofbahnte. Viele seiner Fans weinten oder
sangen Sabris Lieder.
Amjad Sabri stammte aus einer jahrhundertealten Dynastie legendärer
Qawwali-Sänger und gehörte zu den berühmtesten Musikern seines Landes.
Regelmäßig trat er im staatlichen Fernsehen auf, während des Ramadans sogar
täglich. Sein Vater Ghulam Farid Sabri (1930–1994) und sein Onkel Maqbul
Ahmed Sabri (1945–2011) hatten die Sabri Brothers gegründet, deren Alben in
den 1990erjahren unter anderem auf dem „Real World“-Label von Peter Gabriel
erschienen
Revolutionär waren sie, weil sie auf Konzertbühnen auftraten und sich der
Massenmedien bedienten. Anders als manche Kollegen weigerten sie sich aber,
an Crossover-Projekten oder Kollaborationen mit Popmusikern teilzunehmen.
Ihr Oeuvre war rauer und traditionalistischer als das von Nusrat Fateh Ali
Khan, der dem Qawwali-Gesang im Westen zum Durchbruch verhalf.
Traditionell werden Qawwali-Gesänge in Pakistan an Sufischreinen
angestimmt; Gläubige tanzen sich dazu in Trance. Der Qawwali-Gesang speist
sich aus Lobpreisungen Gottes, aus mystischer Poesie und ekstatischer
Liebeslyrik. Die Anhänger des Sufismus, einer mystischen Richtung des
Islams, suchen den spirituellen Kontakt zu Gott über Musik, Tanz und
Gesang. Radikal-islamische Gruppierungen wie die Taliban, die jede Musik
für „unislamisch“ halten, betrachten die Sufis als Ketzer.
In den vergangenen Jahren wurden Moscheen und Grabstätten von Sufiheiligen
in Pakistan wiederholt zum Ziel islamistischer Angriffe. Bei einem
Selbstmordanschlag auf einen Sufischrein in Lahore kamen im Jahr 2010 mehr
als 40 Menschen ums Leben. Seitdem wurden die Schutzvorkehrungen verstärkt
und die Qawwali-Gigs eingeschränkt. Daran zeigt sich, dass radikale
Fundamentalisten die größten Feinde der islamischen Tradition sind.
Wegen eines seiner Lieder wurde Amjad Sabri vor zwei Jahren der Blasphemie
bezichtigt und angeklagt. Nach Angaben der BBC haben sich jetzt die
pakistanischen Taliban zu dem Anschlag bekannt. Die Polizei sprach von
einem „Terrorakt“, Premier Nawaz Sharif und viele Prominente verurteilten
den Mord an einem der populärsten Sänger des Landes.
23 Jun 2016
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Islam
Pakistan
Weltmusik
Terror
Schwerpunkt Afghanistan
Taliban
Bangladesch
Pakistan
Pakistan
Pakistan
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