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# taz.de -- Deutschlands Niederlage gegen England: Ohne Elan
> Den Ernstfall muss das deutsche Team im EM-Jahr proben. Wie ernst aber
> muss man eine danebengegangene Probe nehmen?
Bild: War irgendwie der einzige, der die Niederlage ernst nahm: Joachim Löw
Berlin taz | Wie viel hat [1][diese Freundschaftsspielniederlage] gegen
England zum Auftakt ins EM-Jahr zu bedeuten? Eine komfortable 2:0-Führung
hatte sich das deutsche Team am Ostersamstag in Berlin nach 57 Minuten
herausgespielt und sich dann doch um einen guten Auftakt in dieses Jahr
gebracht, das im Zeichen der Europameisterschaft in Frankreich steht.
Eine eigentümliche Laissez-faire-Haltung wurde der deutschen Mannschaft zum
Verhängnis, dabei hatten die elanvollen Engländer schon in der ersten
Halbzeit ihre Stärke immer wieder angedeutet.
Mario Gomez konnte aus dieser verpatzten Partie zwar eine Botschaft
generieren: „Das muss uns eine Warnung sein.“ Aber er milderte seine
Aussage sogleich ab, indem er die Notwendigkeit einer solchen Lektion in
Abrede stellte. Bei einem Turnierspiel, erklärte er selbstsicher, hätte man
sich einen solchen Vorsprung nicht nehmen lassen.
Für den 30-jährigen Stürmer, der erstmals seit vier Jahren wieder für die
DFB-Elf traf und zudem noch ein reguläres Tor wegen einer falschen
Abseitsentscheidung aberkannt bekam, war es natürlich doppelt ärgerlich,
dass die letzte halbe Stunde der Begegnung alles überschattete. Der
entscheidende Treffer durch Eric Dier fiel gar noch in der Nachspielzeit.
Doch auch Thomas Müller wollte die energielose Endphase der Deutschen nicht
zu sehr gewichten. Bei Testspielen, erklärte er, habe man selten den
Eindruck, dass das Team an die hundert Prozent herankomme.
Bundestrainer Joachim Löw schien dieses Spiel als einziger richtig
ernstzunehmen. Lob für Einzelspieler wie Gomez und den Debütanten Jonathan
Tah (“Er hat seine Sache gut gemacht“) ließ er sich nur aus der Nase
ziehen, ansonsten ging er mit seinem Team ungewöhnlich hart ins Gericht.
Dabei hatte er nicht nur das missratene Finale im Blick: „Wir hatten über
das ganze Spiel hinweg Probleme im Spielaufbau. Wir haben nicht genug
Chancen kreiert.“ Das taktische Fehlverhalten in der zweiten Hälfte
schmerzte ihn jedoch schon besonders. „Wir haben zu viele Räume zugelassen,
obwohl wir geführt haben. Wir müssen kompakt stehen.“
## Die Lehrstunde
Als Lehrstunde bezeichnete Löw die Partie. Doch von wem hatte der
Weltmeister da eigentlich Unterricht erhalten und was gibt es nun zu
lernen? Der englische Coach Roy Hodgson hatte an diesem Abend noch einmal
die spärlichen Länderspieleinsätze seiner Novizen aufgezählt, um das
Zukunftspotential seines Teams zu unterstreichen. Die beiden Torschützen
Eric Dier und Harry Kane kamen zu ihrem 3. und 9. Einsatz. In der
Anfangself standen zudem Dele Alii (5) und Danny Rose (1). Dieses noch so
unerfahrene Ensemble überzeugte mit seinem Schwung, mit seinen
überfallartigen blitzschnellen Angriffen, seiner Geschlossenheit und großer
individueller Klasse.
Die Treffer von Kane (61. Minute) und Jamie Vardy (74.), der auch erst sein
fünftes Länderspiel bestritt, waren beides Kunstwerke. Während der
Tottenham-Stürmer mit einer Körpertäuschung um die eigene Achse Müller und
Mesut Özil im Strafraum narrte und präzise abschloss, traf sein Kollege von
Leicester noch formvollendeter mit der Hacke.
Trotz aller Flexibilität des englischen Offensivspiels stach ein Muster ins
Auge. Ihre gefährlichsten Aktionen bereiteten sie stets über die beiden
Außenbahnen vor und entblößten damit so eindrücklich wie selten ein Gegner
zuvor eine altbekannte Schwachstelle des deutschen Spiels. In der Ära von
Philipp Lahm gab es außen ja immer nur eine Problemzone. Sie lag dort, wo
Lahm, der beide Seiten bekleiden konnte, nicht spielte.
## Die Notlösung
Etliche Spieler hat Löw in den vergangenen Jahren für die
Außenverteidigerposition gecastet. Jonas Hector ist seit der WM auch
mangels Konkurrenz zu einer festen Größe geworden, hatte aber am
Ostersamstag wahrscheinlich seinen schlechtesten Auftritt im
Nationaltrikot.
Dass die Zwangsversetzung des Mittelfeldspielers Emre Can auf die rechte
Außenbahn nur eine Notlösung sein kann, hat der Bundestrainer schon ein
paar Mal vorgeführt bekommen. Offensiv konnte der 22-Jährige gegen England
zwar in der ersten Hälfte ein paar Akzente setzen, in der zweiten Hälfte
jedoch war der Ball bei ihm am schlechtesten aufgehoben. Löws Festhalten an
ihm zeigt, wie groß die Not ist.
Nach der Partie gegen England war auf der Pressekonferenz die letzte Frage
einem Jungreporter vorbehalten. Ein Junge im Grundschulalter fragte Löw
nach dessen düsterem Resümee, wie er denn mit so einer Niederlage umgehe.
Da wurden plötzlich die Gesichtszüge des Trainers weich. Es sei ja eine
Niederlage in einem Freundschaftsspiel, stellte er nun ebenfalls fest und
sagte: „Auch damit können wir mal leben.“
27 Mar 2016
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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