# taz.de -- Panama-Spur in Bremen: Oh wie schön ist „Haven Höövt“ | |
> Briefkastenfirmen aus den „Panama Papers“ sind auch in Bremen aktiv: Bei | |
> Bremerhavener Immobilien und dem Vegesacker Einkaufszentrum „Haven Höövt�… | |
Bild: Insolvent, zu groß und mit zweifelhaften Investoren: das Einkaufszentrum… | |
BREMEN taz | Im Rahmen der als „Panama Papers“ bekannt gewordenen | |
Enthüllungen berichtet der NDR auch über Briefkastenfirmen mit Verbindungen | |
nach Bremen: In Vegesack soll am Einkaufszentrum „Haven Höövt“ eine Firma | |
namens „Venoges Holdings Inc.“ beteiligt sein, die von der Kanzlei Mossack | |
Fonseca auf den Britischen Jungferninseln registriert wurde. | |
In Bremerhaven soll im Grundbuch gleich sieben Mal die Firma „Varmont | |
Solicitors“ auftauchen, unter anderem als Eigentümerin von Häusern im | |
Stadtzentrum. Auch diese Firma soll ihren Sitz auf den Jungferninseln | |
haben. Laut NDR handelt es sich bei den Investoren um den Vorstand einer | |
großen russischen Staatsfirma und eine Managerin einer internationalen | |
Bank. Doch: Was heißt das alles für Bremen? | |
Sehr eindeutig sagt Staatsanwaltschafts-Sprecher Frank Passade: „Nur weil | |
einer eine Briefkastenfirma hat, heißt es nicht, dass wir ermitteln.“ | |
Briefkastenfirmen zu haben sei nicht strafbar. „Wir brauchen einen | |
Anfangsverdacht“ – also für eine Steuerhinterziehung oder wenn | |
Briefkastenfirmen benutzt wurden, um Gewinne zu verschleiern. | |
Im Falle des Haven Höövt sollte laut NDR durch die Briefkastenfirma | |
offenbar der wahre Eigentümer im Dunkeln bleiben. „Venoges Holdings“ sei | |
Teil einer verschlungenen Konstruktion von Briefkastenfirmen in Gibraltar, | |
den Bahamas und den Jungferninseln. | |
Das Einkaufszentrum in Vegesack hatte schon vorher eine bewegte Geschichte: | |
Neun Jahre nach seiner Eröffnung meldete die Eigentümergesellschaft PCP im | |
Jahr 2012 Insolvenz an. Im Oktober 2015 wurde dann bekannt, dass das ganze | |
Einkaufszentrum eigentlich zu groß ist, die 2001 erteilte Baugenehmigung | |
entsprach nicht den Bestimmungen des Bebauungsplans. | |
Wer nun allerdings hinter den Investoren der Briefkastenfirma steht, konnte | |
nicht einmal die Kanzlei Mossack Fonseca in Panama feststellen: Sie hatte | |
es im Dezember 2014 versucht, weil auf Druck Großbritanniens die Behörden | |
des britischen Überseegebietes Jungferninseln stärker gegen Geldwäsche | |
vorgingen und verlangten, die Namen der Verantwortlichen von | |
Briefkastenfirmen zu ermitteln. Laut NDR hieß es damals aber von einem | |
Londoner Vermittler: Aufgrund des „Zustands des Investments“ in Bremen gebe | |
es für die Investoren derzeit „keinen Anreiz“, ihre Identität offenzulege… | |
Die Geldgeber sollen offenbar befürchtet haben, für Schulden des Haven | |
Höövt einstehen zu müssen. | |
Bekannt wurde all dies im Rahmen der monatelangen Recherchen von weltweit | |
über 400 Journalisten: Ein Informant hatte ihnen über zwei Terabyte an | |
Daten zugespielt, die die Geschäfte der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama | |
mit Briefkastenfirmen offen legten. | |
Als Reaktion auf das Bekanntwerden der sogenannten „Panama Papers“ haben | |
die Finanzministerinnen und -minister nun am Donnerstag beschlossen, | |
verschäft gegen Steueroasen und Briefkastenfirmen vorzugehen. „Den Druck | |
auf die Banken zu erhöhen, ist ein wichtiger erster Schritt und ein | |
deutliches Signal“, erklärte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). | |
Zu den Bremer Fällen sagte Finanzressort-Sprecherin Ulrike Bendrat: „Unsere | |
Fachleute in der Steuerabteilung gehen dem nach, allerdings liegen die | |
Informationen bislang noch bei den Medien“. Zu einem Fall für die | |
Steuerfahnder könnte es werden, wenn etwa in Bremerhaven keine | |
Grunderwerbssteuer gezahlt worden wäre. „Das ist aber schwierig | |
herauszufinden, weil man den Namen des Verantwortlichen wissen muss“, so | |
Bendrat. „Es scheint extrem undurchsichtig zu sein.“ | |
Für den Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel ist klar, dass dies | |
überhaupt einer der Gründe ist, eine Briefkastenfirma zu installieren: | |
„Praktisch jeder weiß, dass es Briefkastenfirmen meistens nur aus zwei | |
Gründen gibt: Um Geld zu waschen oder Steuern zu hinterziehen.“ Es sei für | |
ihn deshalb auch eindeutig, dass Bremen in diesen Fällen ein Schaden durch | |
Steuerausfälle entstanden sei. Ebenso kriminell sei es, im Fall einer | |
Insolvenz zu verschwinden. „In den meisten Fällen gibt es bei | |
Briefkastenfirmen den Verdacht, dass Wirtschaftskriminalität vorliegt.“ | |
Hickel fordert, diese Firmen komplett zu verbieten. „Oder man macht sie | |
transparent, aber dann erübrigen sie sich.“ | |
Für Klaus-Rainer Rupp, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion, muss | |
das Bremer Finanzamt besser ausgestattet werden, damit es besser gegen | |
Steuerhinterziehung vorgehen kann. „Gerade da, wo der Senat den | |
Steuervollzug selbst in der Hand hat, hält er sich mit der Verfolgung von | |
Steuerhinterziehern sehr zurück.“ Das Bremer Finanzamt gehöre zu den | |
personell am schlechtesten ausgestatteten Finanzämtern Deutschlands. | |
Bundesweite Vorgaben zur Personalstärke und Häufigkeit von | |
Betriebsprüfungen würden seit Jahren „massiv unterlaufen.“ Die Anzahl von | |
Umsatzsteuerprüfungen liege weit unter der vom Bundesfinanzhof geforderten | |
Rate und auch die entsprechende Abteilung der Kriminalpolizei sei | |
unterbesetzt. | |
Für Rupp hängen an den aktuell bekannt gewordenen Beteiligungen der | |
Briefkastenfirmen zwei Fragen: Ob es bei Immobilien eine Konstruktion gibt, | |
um Steuern zu hinterziehen oder Geld zu waschen. Schon jetzt müsse man | |
genau darauf achten, dass öffentlicher Grund, wenn er verkauft wird, nicht | |
zu einem Spekulationsobjekt verkomme. | |
7 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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