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# taz.de -- Andrew Bujalskis Filmkomödie „Results“: Nicht jung und auch ni…
> Andrew Bujalskis „Results“ lässt ein kleinstädtisches Universum der
> Selbstoptimierung entstehen. Die Körpersprache verrät viel über die
> Figuren.
Bild: Selbstoptimierung ist anstrengend, manchmal aber auch komisch
Ein Film, sagt man, entsteht immer drei Mal: zuerst beim Schreiben, dann
beim Drehen und schließlich im Schnitt. Über den Schnitt jedoch wird viel
zu wenig geredet, geschweige denn geschrieben, vor allem wenn er nicht mit
virtuosen Stakkatos oder Parallelmontagen daherkommt, sondern sich eher
subtil geriert wie in Andrew Bujalskis neuer Komödie „Results“.
Da geht es um die junge Fitnesstrainerin Kat und ihren nicht mehr allzu
jungen und nicht allzu fitten neuen Klienten Danny, einen einsamen
Milliardär, der neu in der Stadt ist und sich seine Alltagshilfen und
sozialen Kontakte mithilfe seines Erbes erkauft.
Diese recht simple Geschichte ist gradlinig erzählt und legt gerade zu
Beginn, oft unterlegt mit Schlagzeug- oder Trommelsound, ein hohes Tempo an
den Tag. Fast keine Szene läuft hier bis zum erwarteten Ende aus; die
Bilder könnten durchaus länger stehen, bestimmte Einstellungen deutlicher
auserzählt werden, aber oftmals gehen sie zum nächsten Moment über, was dem
Film einen wunderbaren Rhythmus und eine eigenwillige Spannung verleiht.
## Wunderbare Nostalgie
Wenn Danny und Kat nach dem Training und einem gemeinsamen Joint vor dem
Fernseher sitzen und sich plötzlich küssen, folgen ein kurzer Witz und ein
schneller Schnitt und wir besichtigen mit Trevor, Kats Chef und Leiter der
„Power 4 Life“ Fitnesskette (herrlich: Guy Pearce), eine Lagerhalle. Noch
etwas ist an der Montage ungewöhnlich, denn oft gehen Szenen mit längst aus
der Mode gekommenen Wischblenden ineinander über, und man spürt wieder kurz
diese wunderbare Nostalgie, die Bujalski in seinem letzten Film „Computer
Chess“, einer auf Video gedrehten Hommage an die Programmier-Nerds der
1980er, liebevoll ausformuliert hatte.
Diesmal ist beim „Mumblecore“-Regisseur (“Funny Ha Ha“, „Beeswax“)
allerdings einiges anders und auch ein bisschen glatter, denn Bujalski
drehte erstmals mit größerem Budget und bekannteren und bestens aufgelegten
SchauspielerInnen. Sieht man ihrem gutgelaunten, leichtfüßigen Reigen zu,
mag man an die Coen-Brüder, Noah Baumbach oder Nicole Holofcener denken und
taucht gerne ab in dieses kleinstädtische Universum der Selbstoptimierung,
in dem die Körpersprache der leicht sonderbaren Figuren viel über ihre
Lebensgeschichten und Weltanschauungen verrät.
„Results“, die Resultate des Trainierens oder aber des Nichtstuns, sind
nicht zuletzt die Körper der Menschen, welche entweder für harte Arbeit
oder Trägheit stehen und an denen sich die neoliberale Maxime von
Perfektion durch Sportlichkeit und gesunde Ernährung oder aber durch das
Versagen abzeichnet. Wie wenig das tatsächlich zutrifft, wird an der
Figurenkonstellation Danny, dem unsportlichen, depressiven Reichen, und
Kat, der dynamischen, durchtrainierten Frau ohne Festgehalt, die finanziell
an jedem Kunden hängt, mehr als deutlich.
## Versöhnliche Lösung
Doch um eine Kritik kapitalistischer Verhältnisse geht es Bujalksi gar
nicht so sehr, und so ändert sich mit der Schnittfrequenz des Films nach
einer Stunde auch der erzählerische Tonfall und widmet sich mehr den
dramatischen Dimensionen der Figuren als ihren komischen oder ökonomischen.
Immer mehr meint dabei auch das Drehbuch für alle AkteurInnen eine
versöhnliche Lösung finden zu müssen (vielleicht ein Eingeständnis an die
Geldgeber) und beginnt hier und da ein bisschen klebrig und süßlich zu
geraten, wenn der lockere Witz immer mehr in Ernst übergeht und sich die
Figurenkonstellationen zusehends Richtung Happy End verschieben.
Doch selbst hier hält der Schnitt, wenn es zum Abspann kommt, wieder eine
schöne Überraschung bereit: Er bleibt aus. Die Credits laufen, während die
letzte Szene noch vergnüglich im Gange ist, und sind schon verschwunden,
als die letzten Bilder des Films noch von der Leinwand strahlen. Nach dem
letzten Bild geht das Saallicht an.
9 Mar 2016
## AUTOREN
Toby Ashraf
## TAGS
Kino
Komödie
Selbstoptimierung
Hamburg
Filmbranche
Schach
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