# taz.de -- Ein Lied für den Eurovision Song Contest: Manga aus Niedersachsen | |
> Jamie-Lee Kriewitz gewinnt den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song | |
> Contest. Ihr Style: Pop in jeder Hinsicht – mit asiatischen Dekorationen. | |
Bild: Jamie-Lee Kriewitz fährt für Deutschland zum Eurovision Song Contest 20… | |
Köln taz | Im Dezember hatte sie eben die aktuelle Ausgabe von „The Voice“ | |
gewonnen, tags darauf fragte sie ihre Plattenfirma Universal, ob sie sich | |
auch vorstellen könne, an der Qualifikation zum Eurovision Song Contest | |
teilzunehmen. Nach ein paar Tagen Bedenkzeit stimmte sie zu: Und das | |
gereicht ihr nun zum Vorteil, denn Donnerstagabend gewann sie in den | |
Brainpool-Studios von Köln den Wettbewerb um das Ticket zum Finale des | |
Popevents am 14. Mai in Stockholm. | |
Ihr Titel „Ghost“, von der 17-Jährigen mitverfasst, schafft es in der | |
zweiten Runde des Abends, in der nur noch die Meat-Loaf-Gedächtnisband | |
Avantasia und der bayerische Barde Alex Diehl ihre Konkurrenten waren, 44,5 | |
Prozent der Televotingstimmen zu mobilisieren (Diehl 33,9, Avantasia 21,6). | |
Jamie-Lee Kriewetz trat in einem milde schrillen, mangaartigen Outfit auf. | |
Auf dem Kopf das, was man ein Haargesteck nach Ikebanatechnik nennen | |
könnte. Sie gewann, so darf vermutet werden, weil ihr Lied am ehesten den | |
zeitgenössischen Kategorien von Pop entspricht. Sie sang obendrein mit | |
stärker werdender Stimme, offenbar die eigenen Auftritte genießend – nicht | |
zu Furcht erstarrt. Ihre Performances berührten offenkundig am stärksten, | |
sie wirkte auf der Bühne mit den ersten Tönen wie von Lampenfieber befreit | |
und selbstvertraut. | |
Für den NDR muss die von der gut aufgelegten Barbara Schöneberger | |
moderierten Show eine Wohltat gewesen sein. Nur Frau Schöneberger erinnerte | |
in ihrem Eingangsmedley hübsch selbstironisch an den gescheiterten Versuch | |
des NDR, wie er erfahren musste, gegen die politischen Abteilungen des | |
Hauses den politisch mindestens ambivalenten Top-Scorer des deutschen Pop, | |
Xavier Naidoo durchzusetzen. Naidoo war zunächst als Solist nominiert | |
worden, aber nach Protesten – wegen älterer politischer Statements | |
zugunsten der sogenannten Reichsbürger – musste der Kandidat wieder | |
ausgeladen werden. | |
Auf die Schnelle organisierte der NDR das Teilnehmerfeld, darunter auch als | |
Komponisten Ralph Siegel, der überglücklich war, nach elf Jahren wieder an | |
einer deutschen Vorentscheidung teilnehmen zu dürfen. Seine Kandidatin sang | |
ein Stück, das ästhetisch an die niederen Qualitätsansprüche der achtziger | |
Jahre anknüpfte – Laura Pinski scheiterte schon in der Vorrunde. | |
Ein anderer Act, Kreoma (ein Mann und eine Frau aus Berlin und Köln), war | |
neben dem „Ghost“ von Jamie-Lee Kriewitz der modernste Auftritt des Abends: | |
Ihr Lied „Protected“ war bester Elektropop – und scheiterte auch in der | |
Vorrunde. | |
## Ein wuchtiger Bayer mit Wut im Bauch | |
Alex Diehl verfasste Ende vorigen Jahres nach den Pariser Terrorattacken | |
ein Lied, das er „Nur ein Lied“ nannte: Ein wuchtiger Bayer mit | |
ausgesprochener Wut auf alle Pegidisten, Afd-Gifter*innen und rassistischen | |
Flüchtlingshasser, hatte am Ende nur die Siegerin noch vor sich: Die | |
deutsche Vorentscheidung für die proeuropäischste Kulturveranstaltung des | |
Jahres hatte offenbar vom Publikum her ein Profil, das solchen | |
Friedensliedern der schlichten Art gegenüber viel Sympathien | |
entgegenbringt. | |
Jamie-Lee Kriewitz hat, nebenbei, geschworen, auf jeden Fall in Stockholm | |
antreten zu wollen. Nicht so wie Andreas Kümmert, der voriges Jahr haushoch | |
den Vorentscheid gewann und in den Sekunden nach der Siegesverkündung | |
mitteilte, er stehe den Stress des ESC nicht durch – und verzichte. Ann | |
Sophie als Ersatz wurde in Wien beim ESC-Finale Allerletzte, erntete keinen | |
Punkt – ein Schicksal, das nach Auskunft der europäischen Wettbüros der | |
gestrigen Siegerin nicht droht. | |
26 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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