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# taz.de -- Berlinale – Wettbewerb: Gräulich und abscheulich
> Tomasz Wasilewskis „United States of Love“ spielt in einer polnischen
> Plattenbausiedlung und handelt vom Begehren und von der Einsamkeit.
Bild: Julia Kijowska in „United States of Love“.
Das Weihnachtsessen steht im Zeichen des Umbruchs. Wir schreiben das Jahr
1989, und die meisten der Protagonistinnen aus Tomasz Wasilewskis „United
States of Love“ (“Zjednoczone stany miłości“) sitzen gemeinsam an einem
Tisch. Die Erwartungen an die Zukunft sind eher verhalten, doch die
Hoffnung, dass sich zumindest ökonomisch etwas bessert, steht im Raum.
Schauplatz des Films ist ein Plattenbau in der polnischen Provinz.
Kameramann Oleg Mutu, bekannt für seine Zusammenarbeit mit Cristi Puiu,
rückt ihn wie einen bleichen Kasten in seine Breitwandbilder. In den
kunstvoll ausgeblichen Farben wirken die Lebensumstände, die Wasilewski mit
Konzentration auf den Umgang der Menschen vermisst, noch ein wenig
depressiver.
„United States of Love“ ist ein Film gris (“grauer Film“), in dem sich …
gesellschaftliche Wandel im Privaten noch nicht bemerkbar macht. Der Blick
ist auf vier Frauen gerichtet, auf ihre Einsamkeit, unterdrücktes oder
unerwidertes Begehren, auf die stille, aber offensichtliche Verzweiflung,
die sich an kleinen Gesten und Überschussreaktionen manifestiert.
## Auf der Suche nach der großen Geste
Am Anfang ist man von der inszenatorischen Genauigkeit Wasilewskis noch
angetan. Er zerredet die Szenen nicht, sondern setzt sie sehr bildstark um,
ohne die Empathie für die Figuren zu verlieren. Die erkaltete Beziehung
eines Paares macht er mit sparsamen Mitteln deutlich.
Eine forsch abgewiesene Geste der Zärtlichkeit zwischen den Eltern, der
stumme Blick der Tochter und der Vater, der seine Enttäuschung nicht
verhehlen kann. In allen vier Erzählstücken, die sich nur lose berühren,
lotet Wasilewski das Gefälle zwischen den Geschlechtern aus. Konterkariert
wird dies nur von den Predigten eines Pfarrers, dessen Reden von der Liebe,
an der es nichts Falsches geben soll, den Realitätsabgleich nicht bestehen.
Doch je länger „United States of Love“ seine szenischen Bausteine
aneinanderreiht, in einem Realismus, der an das jüngere rumänische Kino
erinnert, desto mehr scheint auch der Defätismus durch.
Schon in der zweiten Erzählung um eine Schuldirektorin, die von ihrem
langjährigen Liebhaber versetzt wird, gibt sich der Film nicht mehr mit
kleinen Verfehlungen im Alltag zufrieden, sondern sucht die große Geste.
Die Zurückweisung schraubt er bis zu einem Niveau hoch, an dem sie nicht
mehr stimmig, sondern kalkuliert erscheint. Das treibt die Situationen
immer mehr in Richtung eines Kinos, in dem die Verzweiflung gefährlich nahe
an den Kitsch rückt.
19 Feb 2016
## AUTOREN
Dominik Kamalzadeh
## TAGS
Schwerpunkt Berlinale
Einsamkeit
Polen
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