# taz.de -- Hamburger Forscher entwickeln neue HIV-Therapie: Aids: Erstmals Hof… | |
> Möglicherweise entscheidender Schritt im Kampf gegen die Krankheit: | |
> Hamburger Forschern gelingt es im Tierversuch, das Virus effektiv zu | |
> behandeln. | |
Bild: Aids-Aktivist auf einer Demonstration in Berlin | |
HAMBURG taz |Ist Hamburger und Dresdner Forschern ein entscheidender | |
Schritt im Kampf gegen die Immunschwäche Aids gelungen? Glaubt man | |
Professor Joachim Tauber, dann sieht es ganz danach aus. „Die Arbeit hat | |
das Potenzial, die Therapie zu verändern und das erste Mal Heilung zu | |
erzielen“, prophezeit der Leiter der Abteilung „Antivirale Strategien“ am | |
Hamburger Heinrich-Pette-Institut (HPI). | |
Zusammen mit Forschern der Medizinischen Fakultät der TU Dresden hat das | |
Hamburger Institut eine revolutionäre Aids-Therapie entwickelt und im | |
Tierversuch erfolgreich getestet. Die Ergebnisse wurden am Montag in der | |
renommierten Fachzeitschrift Nature Biotechnology veröffentlicht. Klinische | |
Studien am Menschen sollen noch in diesem Jahr beginnen. | |
Bislang war die HIV-Infektion, die weltweit 37 Millionen Menschen befallen | |
hat, unheilbar. Die bisherige Therapie setzte erfolgreich darauf, mithilfe | |
einer Kombination mehrerer Medikamente die Vermehrung des Virus zu | |
unterdrücken und den Ausbruch der tödlichen Immunschwäche Aids immer weiter | |
zu verzögern. Das gelang in den vergangenen Jahren zwar immer besser und | |
nebenwirkungsärmer, den Virus im Körper beseitigen und damit heilen konnten | |
die Therapien jedoch nicht. | |
Das könnte jetzt mithilfe der umstrittenen Gentherapie möglich werden und | |
hat bei Mäusen, denen menschliche Stammzellen injiziert wurden, bereits | |
funktioniert. Im Kern geht es darum: Mithilfe eines Gentaxis wird ein Enzym | |
namens Brec1 in die menschlichen Zellen transportiert, in deren Erbgut sich | |
der HIV-Virus eingelagert hat. Das Enzym erkennt nun die beiden Enden des | |
sogenannten Provirus und schneidet diese aus der menschlichen DNA wie einen | |
Tumor heraus. | |
Die nun unschädlichen Virusreste werden dann in ihrer ehemaligen Wirtszelle | |
abgebaut. Diese „molekulare Schere“, die durch eine Art Schalter nur in vom | |
HI-Virus befallenen Zellen aktiviert wird, soll über 90 Prozent des | |
HIV-Erbguts aus dem menschlichen Erbgut heraustrennen können, bei dem | |
verbreitetsten HIV-Typus gar 94 Prozent. | |
Bei den HIV-infizierten Mäusen konnte so die Zahl der Viren bereits unter | |
die Nachweisgrenze gedrückt werden. | |
Nun soll die neue Therapie in Hamburg – möglichst noch im laufenden Jahr – | |
am Menschen getestet werden. In einer ersten, schon genehmigten klinischen | |
Studie mit zehn Patienten soll die Übertragbarkeit der Tierversuche auf den | |
Menschen geprüft werden. Der Weg bis zur zugelassenen Aids-Therapie ist | |
noch weit. „Wenn alles optimal“ laufe, so Jan Chemnitz vom HPI, stehe die | |
molekulare Schere „in sieben bis acht Jahren zur Verfügung“. | |
Bislang aber sei noch nicht einmal die erste klinische Studie, die etwa 15 | |
Millionen Euro kosten wird, finanziert. Ihr werden weitere mit größeren | |
Patientengruppen folgen müssen. Erst wenn belastbar nachgewiesen ist, dass | |
die Therapie beim Menschen funktioniert und wenige oder keine | |
Nebenwirkungen hat, wird sie für den Markt zugelassen werden. Dann wäre | |
erstmals tatsächlich eine Heilung von Aids-Patienten in Sichtweite. | |
24 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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