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# taz.de -- Justiz in Rostock: Richter darf nicht alles tragen
> Vorsicht am Kleiderschrank: Der Bundesgerichtshof kassiert ein Urteil,
> weil der Richter auf Facebook in einem Motto-Shirt posierte.
Bild: Zum Glück hat der Bundesadler keine Facebook-Seite.
Karlsruhe taz | Wenn sich ein Strafrichter auf Facebook besonders
straflustig präsentiert, kann er wegen möglicher Befangenheit abgelehnt
werden. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof.
Am Landgericht Rostock wurde im Januar 2015 gegen zwei Männer wegen
erpresserischen Menschenraubs verhandelt. Zufällig stieß ein Verteidiger
auf die private Facebookseite des Vorsitzenden Richters. Jener posierte
dort mit einem T-Shirt, auf dem stand: „Wir geben Ihrer Zukunft ein
Zuhause: JVA“. Die Abkürzung bedeutet „Justizvollzugsanstalt“, die
offizielle Bezeichnung für ein Gefängnis. Neben dem Foto enthielt die
Facebookseite weitere flapsige Bemerkungen zum Thema Strafjustiz.
Die Verteidiger stellten daraufhin beim Landgericht einen
Befangenheitsantrag, der aber erfolglos blieb. Die Seite sei eine
Privatangelegenheit und „offensichtlich humoristisch geprägt“. Die beiden
Angeklagten wurden dann zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil nun wieder auf. Der
Befangenheitsantrag gegen den Rostocker Richter hätte nicht abgelehnt
werden dürfen. Die Seite sei nicht rein privat, schließlich weise der
Richter ausdrücklich darauf hin, dass er bei der 2. Großen Strafkammer des
Landgerichts Rostock tätig sei.
## Spaß an hohen Strafen?
Ein Angeklagter müsse angesichts des Facebookauftritts die Sorge haben,
dass der Richter seine Fälle nicht neutral und unvoreingenommen bearbeite.
Es entstehe vielmehr der Eindruck, der Richter „habe Spaß an der Verhängung
hoher Strafen und mache sich über die Angeklagten lustig“.
Ein Bezug zum konkreten Fall sei nicht erforderlich, um die Besorgnis der
Befangenheit zu begründen. Der Entführungsfall muss nun am Landgericht
Stralsund neu aufgerollt werden. (Az.: 3 StR 482/15)
Der kritisierte Richter ist immer noch als Strafrichter tätig. Zwar könnte
ihn das Präsidium des Landgerichts zeitweise einer Zivilkammer zuweisen, um
weitere Befangenheitsanträge zu vermeiden. Bisher gab es allerdings noch
keine derartigen Anträge, sagte eine Gerichtssprecherin der taz. Die
monierten Facebookeinträge wurden inzwischen gelöscht und sind nicht mehr
abrufbar.
24 Feb 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Bundesgerichtshof
Rostock
deutsche Justiz
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