# taz.de -- Sorge um Tiananmen-Protestbilder: Chinesische Firma kauft „Tank M… | |
> VCG erwirbt die zweitgrößte Fotoagentur der Welt. Sie hält damit die | |
> Rechte am berühmten „Tank Man“ vom Tiananmen. Ein Grund zur Sorge? | |
Bild: 5. Juni 1989: Die Identität des „unknown rebel“ ist bis heute ungekl… | |
BERLIN taz | Es ist eines der berühmtesten Fotos überhaupt: Ein | |
unbewaffneter Mann stellt sich einer Kolonne Panzer in den Weg, die in | |
Richtung der Studentenproteste rollen. Der Unbekannte erlangte als „Tank | |
Man“ Weltruhm, das Foto wurde zum Denkmal zivilen Protests und Symbolbild | |
des Tiananmen-Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 in | |
Peking. | |
Ab sofort lizenziert eine chinesische Firma die Rechte an dem Bild. Die | |
Visual China Group (VCG) hat die von Bill Gates seit 1989 aufgebaute | |
Bildagentur Corbis Images aufgekauft. Die Firma hält damit Rechte an rund | |
100 Millionen Bildern. Gleichzeitig schloss VCG einen Deal mit Getty Images | |
ab, die ab sofort für die Vermarktung außerhalb Chinas verantwortlich sind. | |
Neben den Protestbildern von 1989 enthält das Archiv unzählige | |
[1][weltberühmte Bilder]: Albert Einstein mit herausgestreckter Zunge, New | |
Yorker Bauarbeiter, die beim Bau eines Wolkenkratzers auf einem Stahlträger | |
über der Skyline Pause machen und Jimi Hendrix, der in Woodstock in weißer | |
Lederkutte seine Strat bearbeitet. Die Liste ließe sich beliebig | |
verlängern. | |
Die Bekanntgabe der Übernahme der Agentur sorgte für Befürchtungen, | |
[2][etwa auf CNN]: Würde VCG die Verbreitung des historischen Bildes | |
einschränken oder gar verhindern? Viele hielten die Sorgen für berechtigt. | |
„Es wäre keine Überraschung, wenn eine chinesische Medienfirmen ihre | |
Praktiken mit der Staatslinie abstimmt“, erklärte Xiao Qiang, Gründer des | |
Medienportals China Digital Times, das auf staatlich unterdrückte | |
Nachrichten spezialisiert ist, [3][gegenüber der New York Times]. | |
## Kontrolle haben die Urheber | |
Kristin Shi-kupfer, Sinologin mit Forschungsschwerpunkt auf Gesellschaft | |
und Medien, hält es jedoch für unwahrscheinlich, dass Bilder außerhalb | |
Chinas zensiert würden: „VCG ist ein Wirtschaftsunternehmen, das mit | |
Vermarktung Geld verdienen will.“ Außerdem habe man die internationale | |
Vermarktung der Bildrechte an Getty weitergegeben. Mit einer Zensur dieser | |
ikonischen Fotografien im Ausland sei nicht zu rechnen, sagte die | |
Wissenschaftlerin zur taz. | |
Tatsächlich nahmen 1989 viele Fotografen und Journalisten Fotos und Videos | |
von der Szene auf. Das sagte Craig Peters, Vizepräsident von Getty Images, | |
der taz: „Urheber der berühmten Bilder vom Tiananmen-Protest sind auch die | |
Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press.“ Corbis sei lediglich | |
mit der Lizenzierung der Fotos beauftragt gewesen. Sorgen, dass einige der | |
politisch geladenen Bilder entfernt werden können, seien deswegen | |
übertrieben, sagte Peters: „das kontrollieren die Urheber.“ | |
Ein Reuters-Sprecher bestätigt auf Nachfrage der taz: „Wir behalten das | |
Urheberrecht am Bild. Es ist [4][verfügbar] und wir sorgen dafür, dass es | |
so bleibt. Zumindest über unsere Bilddienste.“ Reuters arbeite auch in | |
Zukunft mit VCG zusammen. „Ob die Bilder auch in Zukunft von VCG vermarktet | |
werden, ist die Entscheidung der chinesischen Medienfirma“, sagte der | |
Reuters-Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte. Getty Images erwartete | |
diesbezüglich keine Änderung: „Wir erwarten, dass die VCG die Vermarktung | |
wie unter Bill Gates weiterführt.“ | |
## Zensur kann China auch im Ausland | |
Jacques Langevin, einer der Fotografen, die 1989 am Tiananmen-Platz Bilder | |
festhielten, sagte dem [5][Time Magazine zur Kontroverse]: „Corbis hat | |
einige meiner Fotos digitalisiert und das Recht, sie zu verkaufen, aber ich | |
bin der rechtmäßige Besitzer und könnte sie aus den Archiven entfernen, | |
wann immer ich will.“ | |
Nur in China sind die Bilder vom „Tank Man“ weiterhin nicht zu sehen. Das | |
wird sich laut Shi-Kupfer auch nicht ändern: „Politisch brisante Bilder | |
werden in China ohnehin zensiert. An diese Fotos kommt man wie bisher nur | |
unter Umgehung der ‚great firewall‘ mittels eines Vpn.“ | |
Beispiele für direkte und indirekte Zensur gibt es allerdings auch im | |
Ausland, sagt Shi-Kupfer: „Die US-amerikanische [6][NGO Freedom House] | |
berichtet von chinesischen Botschaftsmitarbeitern im Ausland, die auf | |
Journalisten zugingen und empfehlen, etwa eine Sendung über Tibet lieber | |
aus dem Programm zu nehmen. Und Sony hat offenbar in vorauseilendem | |
Gehorsam aus dem Film ‚Pixels‘ eine zunächst laut Script geplante Attacke | |
auf die Große Mauer herausgeschnitten, um sich ein mögliches Screening auf | |
dem chinesischen Filmmarkt nicht zu verbauen.“ | |
Ein Verschwinden des „tank man“ hält auch sie für unmöglich: „Diese Bi… | |
sind im kollektiven Gedächtnis verankert und tausendfach im Internet | |
gespeichert, auch ohne Lizensierungsrechte. Selbst wenn VCG es wollte, | |
diese Bilder lassen sich nicht verdrängen.“ | |
2 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] / | |
[2] http://money.cnn.com/2016/01/25/technology/bill-gates-corbis/ | |
[3] http://www.nytimes.com/2016/01/28/business/media/with-corbis-sale-tiananmen… | |
[4] http://www.corbisimages.com/stock-photo/rights-managed/BE004350/a-beijing-c… | |
[5] http://time.com/4193862/tiananmen-square-corbis-getty/ | |
[6] https://freedomhouse.org/country/china | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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