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# taz.de -- Direkte Demokratie: Senat tritt auf die Bremse
> Beim nächsten Volksentscheid darf der Senat mit Steuergeldern für seine
> Position werben, die Initiativen bekommen aber weiter keine Kosten
> erstattet. Opposition warnt vor groß angelegten Kampagnen​.
Bild: Gut möglich, dass es beim nächsten Volksentscheid um den Radverkehr geht
Zehn Jahre nach Einführung der direkten Demokratie in Berlin macht
Rot-Schwarz es dem Volk wieder etwas schwerer, politisch mitzumischen. Die
Regierungsfraktionen beschlossen am Montag im Innenausschuss, dass der
Senat vor Volksentscheiden mit Steuergeldern für seine Position werben
darf. Die Initiativen bekommen dagegen weiterhin keine finanzielle
Unterstützung.
Das Abstimmungsgesetz stammt aus dem Jahr 1997. Doch erst 2006 wurden die
Hürden für die Beteiligung so gesenkt, dass die BerlinerInnen sie auch
nutzten. Fünf Mal kam es seitdem zum Volksentscheid.
Vor der Abstimmung über die Einführung von Religionsunterricht als normales
Schulfach im Jahr 2009 hatte der Senat in Anzeigen für seine Haltung
geworben. Das Oberverwaltungsgericht erklärte das im Nachhinein für falsch:
Der Senat sei dazu verpflichtet, die Steuern für das Gemeinwohl einzusetzen
und nicht für Werbung für seine Position, argumentierten die Richter.
Darauf geht die jetzt von Rot-Schwarz beschlossene Änderung zurück. Senat
und Abgeordnetenhaus dürfen ihre Haltung zu einer Initiative „unter
Beachtung des Gebots der Sachlichkeit geltend machen“, heißt es dort nun.
Und weiter: „Dies schließt den Einsatz angemessener öffentlicher Mittel
ein.“
Eine sehr dehnbare Formulierung, wie Dirk Behrendt, rechtspolitischer
Sprecher der Grünen, im Innenausschuss monierte. „Damit kann man eine
uferlose Geldausgabe rechtfertigen.“ Behrendt befürchtet, dass der Senat
beim nächsten Volksentscheid eine Werbeagentur beauftragen und eine große
Kampagne fahren werde. Der Fraktionschef der Linkspartei, Udo Wolf, sagte,
die Landesregierung habe auch so schon viele Möglichkeiten der
Öffentlichkeitsarbeit. Sie könne Pressekonferenzen geben oder
Pressemitteilungen verschicken. Wolf konstatierte: „Die Waage wird
zugunsten von Parlament und Senat verschoben.“ Dem Geist einer modernen
Volksgesetzgebung widerspreche die Reform daher.
SPD und CDU verteidigten ihr Vorgehen. Es sei nicht das Ziel, „für die
Mehrheit des Hauses eine Propagandamaschine zu schaffen“, beschwichtigte
Robbin Juhnke, innenpolitischer Sprecher der CDU. Natürlich dürfe der Senat
eine Initiative nicht einfach plattmachen, sprang ihm sein Kollege von der
SPD, Frank Zimmermann, bei. „Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben.…
Außerparlamentarische Gruppen beruhigt das nicht. „Der Senat will sich eine
Ermächtigung fürs Geldausgeben ins Gesetz schreiben. Das halten wir für
unnötig und gefährlich“, sagte Michael Efler vom Verein „Mehr Demokratie�…
Gemeinsam mit 70 anderen Initiativen und Organisationen denkt „Mehr
Demokratie“ über eine eigene Änderung des Abstimmungsgesetzes nach – per
Volksentscheid.
Die Grünen hatten in der Vergangenheit auch eine Kostenerstattung für die
Initiativen angeregt. Für jede Unterschrift sollten die Gruppen einen
geringen Betrag geltend machen können, so der Vorschlag, den Dirk Behrendt
am Montag erneut ins Gespräch brachte.
Frank Zimmermann von der SPD hält davon nichts. Eine Kostenerstattung
könnte einen Anreiz bieten, ein Volksbegehren nur wegen des Geldes zu
starten. Vor allem aber geht es Zimmermann um die privilegierte Stellung
der Parteien: Anders als Initiativen hätten sie qua Verfassung eine
wichtige Aufgabe bei der politischen Willensbildung. Dabei soll es seiner
Meinung nach auch bleiben.
Eine weitere Änderung des Abstimmungsgesetzes wurde am Montag abgewendet:
Ursprünglich wollte Rot-Schwarz nur die Unterschriften als gültig werten,
bei denen alle Angaben vollständig und leserlich sind, doch nun reicht das
Geburtsdatum.
15 Feb 2016
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Finanzen
Volksentscheid
Direkte Demokratie
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Volksbegehren
Direkte Demokratie
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