# taz.de -- Datenschutz im Nahverkehr: Wenn Karten zuviel können | |
> Das Datenleck in der elektronischen fahrCard war gar kein Fehler: Die BVG | |
> hatte das Kleingedruckte bei den Lesegeräten nicht genau studiert. | |
Bild: Kleine Karte, ganz schön neugierig: die fahrCard des VBB. | |
Die kleinen Lesegeräte im Eingangsbereich von Bussen der BVG sind manchen | |
NutzerInnen vielleicht noch gar nicht aufgefallen, obwohl sie schon vor | |
geraumer Zeit dort angebracht wurden. In letzter Zeit sind sie allerdings | |
ein bisschen auffälliger als sonst. Ein rotes Lämpchen signalisiert: außer | |
Betrieb. Die Verkehrsbetriebe haben die kleinen Scanner – das Gegenstück zu | |
den elektronischen „fahrCards“ vieler Zeitkarten-KundInnen – abgeschaltet, | |
nachdem im Dezember bekannt worden war, dass sie auf den Plastikkärtchen | |
Orte und Zeitpunkte abspeichern, anders gesagt: Bewegungsprofile | |
aufzeichnen. | |
Festgestellt hatte es der Fahrgastverband Igeb – und nicht nur das: Er fand | |
heraus, dass viele Handys durch das Herunterladen einer Gratis-App in die | |
Lage versetzt werden, diese Informationen auszulesen. Ein echtes Datenleck | |
also. Die BVG reagierte prompt mit der Abschaltung der Bus-Lesegeräte und | |
versprach, den Fehler“ möglichst schnell vom Hersteller beheben zu lassen. | |
Inzwischen hat sich freilich herausgestellt: Es war gar nichts falsch. Das | |
Mitschreiben der unerwünschten Daten gehörte schon immer zum System. | |
## „Es ist kein Leck“ | |
Das geht aus der [1][Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Andreas | |
Baum (Piratenfraktion)] hervor. Die Verkehrsverwaltung zitiert die BVG | |
darin mit den Worten: „Es handelt sich hier nicht um ein Leck bzw. einen | |
Systemfehler. Die BVG hat zwar beim Hersteller diese Funktion nicht | |
beauftragt, jedoch hat dieser die in der | |
(((e-Ticket-Deutschland-Spezifikation beschriebenen Funktionen | |
spezifikationskonform in das Testsystem implementiert.“ Auf gut Deutsch: | |
Wir haben etwas eingekauft, aber das Kleingedruckte nicht so genau gelesen. | |
Dass der Gerätehersteller die umstrittene Funktion deaktiviert, dabei soll | |
es trotzdem bleiben, wie BVG-Sprecher Markus Falkner der taz bestätigt. | |
Erst wenn das geschehen sei, würden die Geräte wieder eingeschaltet. | |
Außerdem sollen besorgte KundInnen schon bald die Möglichkeit erhalten, in | |
den BVG-Kundenzentren zu überprüfen, ob bereits Bewegungsdaten auf ihrer | |
fahrCard gespeichert sind – und sie auf Wunsch zu löschen. Das alles, so | |
Falkner, werde wohl noch im Februar geschehen. | |
Andreas Baum hält das Ganze für eine „Katastrophe“, insbesondere weil VBB | |
und BVG auf frühere Nachfragen immer felsenfest behaupteten, die | |
Speicherung derartiger Kundendaten sei nicht nur nicht gewollt, sondern | |
technisch unmöglich – so ist es auch immer noch im [2][FAQ auf der Webseite | |
der Verkehrsbetriebe] nachzulesen. „Das lässt für mich nur den Schluss zu, | |
dass die nicht überprüfen, was sie da machen“, so Baum. Ob den | |
Verantwortlichen inzwischen klar sei, was noch so im Hintergrund des | |
elektronischen „e-Ticketings“ geschieht, wisse er nicht. Baum wirft dem | |
Senat vor, den Datenschutz im Nahverkehr nicht ernst genug zu nehmen. | |
Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) müsse jetzt ein datenschutzpolitisches | |
Konzept vorlegen. | |
Immer noch unklar ist übrigens, wann die Benutzung der Lesegeräte einmal | |
obligatorisch wird. Es gebe dafür noch kein festes Datum, so BVG-Sprecher | |
Falkner: „Das wird erst so weit sein, wenn die Testphase aus unserer Sicht | |
abgeschlossen ist.“ Bis dahin kann – bzw. muss – man dem Busfahrer die | |
fahrCard zeigen. Und der muss einem einfach glauben, dass diese gültig ist. | |
14 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/KA_AGH_VBBFahrCard_20160111.pdf | |
[2] http://www.bvg.de/de/Service/Kundenservice/FAQ?id=15 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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