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# taz.de -- Umweltschützer und Waljäger: „Der Wal schenkt sich“
> Wie Walbegeisterte traditionelle Waljäger-Kulturen zu Feinden machen,
> veranschaulicht der Zusammenstoß von Umweltschützern und Makah-Indianern.
Bild: Greenpeace-Aktion vor den Nordischen Botschaften in Berlin.
taz: Frau Roch, in der großartigen [1][Wal-Ausstellung] des Bremer
Übersee-Museums wird auch die Geschichte vom Donnervogel erzählt, der den
Wal an Land bringt und so die Hungersnot beendet. Stammt die von den
Makah-Indianern, die Wal-Jäger waren?
Claudia Roch: Nein, die Fassung die wir haben, ist nicht von den Makah,
aber die Geschichte ist in unterschiedlichsten Varianten bei den
indianischen Völkern an der Nordwestküste verbreitet. Der Wal spielt an der
gesamten Küste eine Rolle in Mythologie und Kunst.
Wie haben diese Wal-Kulturen das Ende des Walfangs erlebt?
Die meisten Stämme haben höchstens mal einen gestrandeten Wal verbraucht.
Die Waljagd war eine besondere [2][Tradition der Makah]. Die hatten 1855
mit den USA den Vertrag von Neah Bay [3][geschlossen]: Darin ist ihnen,
gegen die Abgabe eines beträchtlichen Teils ihres Territoriums, das Recht
auf Walfang zugesichert worden.
Und das haben die die ganze Zeit genutzt?
Nein, Ende der 1920er-Jahre hatten sie den Walfang aufgegeben, weil die
Population der Grauwale zurückgegangen war. Dann hatten die Bemühungen der
US-Regierung um Assimilierung dazu geführt, dass Traditionen innerhalb der
Familien verloren gingen.
Und wieso wurde die Jagd wieder aufgenommen?
Voraussetzung war die Erholung der Bestände. Der Grauwal steht seit 1994
nicht mehr auf der [4][Liste der bedrohten Tierarten]. Andererseits gab es
eben ein neu erwachtes indianisches Selbstbewusstsein: Seit Ende der 1960er
gab es das American Indian Movement, das Bemühen. die eigenen Traditionen
wieder zu beleben.
Und so zogen die Indianer den Zorn von Naturschützern auf sich?
Genau. Das ist eine absurde Geschichte: Die Indianer waren von den
Umweltbewegungen als Ökoheilige propagiert worden.
Damit war dann Schluss?
Die Indianer sind eben nur solange Vorbilder, wie sie das tun, was die
Weißen wollen. Und dann haben sie sich halt einfallen lassen, einen Wal zu
erlegen, und es war wirklich nur ein einziger, obwohl die Internationale
Walfang-Kommission ihnen eine Fangquote von 20 Tieren zugestanden hatte.
Und schon ist der Indianer nicht mehr der edle Wilde, sondern der
blutdurstige Barbar.
Die Aufregung der Tierschützer ist übertrieben?
Sie hat auch etwas damit zu tun, dass der Wal von unserer Kultur so eine
Sakralisierung erfahren hat, und als höheres Wesen, als sanfter Riese oder
sogar als eine Art besserer Mensch dargestellt wird. Von indianischer Seite
heißt es dann, sehr zu Recht, wie ich finde: Die Leute, die sich so gegen
den Walfang stellen, könnten ja mal damit anfangen, vor McDonalds zu
protestieren. Es werden massenhaft Tiere geschlachtet, ohne dass es den
Leuten etwas ausmacht.
Hat das auch damit zu tun, dass außer den Basken die Europäer keine
nennenswerte Wal-Kultur haben – bis sie im 18. Jahrhundert eine stark
technologisierte Waljagd beginnen?
Mindestens liegt da ein Unterschied: Die indianische Waljagd hat mit
Abschlachten nichts zu tun. Es sind stets Einzelfälle, es wird ein Tier
gejagt – und das Ganze geschieht traditionell in einem Kanu. Das Risiko
dabei ums Leben zu kommen, war groß. Auch hatte der Wal immer eine faire
Chance. Und die Jagd wurde vorbereitet durch monatelange Zeremonien:
Reinigungen, Beachtung von Tabus. Die Vorstellung dahinter ist wirklich:
Der Wal schenkt sich.
Und das ist bei den Makah immer noch so?
Man hat auf Zuraten der [5][Walfang-Kommission] einen [6][Kompromiss]
gefunden zwischen traditioneller Waljagd und Tierschutzvorstellungen. Bei
der traditionellen Jagd erfolgt der erste Angriff per Harpune durch den
Anführer. Das hat man beibehalten. Aber früher wurde das Tier dann mit
Speeren beschossen und ist ausgeblutet, das ging unter Umständen über Tage
hinweg.
Klingt heftig.
Ja, und davon hat man Abstand genommen: Ein Veterinärmediziner hat ein
großkalibriges Gewehr entwickelt, [7][um das Töten humaner zu gestalten].
Unseren aktuellen Schwerpunkt zum Thema „Wal-Sterben“ lesen Sie in der
Norddeutschland-Ausgabe der [8][taz.am wochenende].
13 Feb 2016
## LINKS
[1] http://www.uebersee-museum.de/ausstellungen/sonderausstellungen/faszination…
[2] http://makah.com/makah-tribal-info/tribe/
[3] http://www.historylink.org/index.cfm?DisplayPage=output.cfm&file_id=2632
[4] http://www.iucnredlist.org/details/8097/0
[5] https://iwc.int/scientific-advice-on-aboriginal-subsistence-whalin
[6] http://www.cbc.ca/news/canada/british-columbia/makah-tribe-grey-whale-hunt-…
[7] http://www.seashepherd.it/whales/makah-tribe.html#newspaper
[8] /e-kiosk/!114771/
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Wale
Walfang
Tierschutz
Nordsee
Japan
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