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# taz.de -- Ethnische Milizen im Kongo: Ein alter Konflikt flammt neu auf
> Während die UN-Mission mit sich selbst beschäftigt ist, wüten Hutu- und
> Nande-Milizen in der Provinz Nord-Kivu. Die Zahl der Opfer wächst
> täglich.
Bild: Kongolesische Soldaten mit Überlebenden des Massakers in Miriki.
BERLIN taz | | Auf der einen Seite stehen die Kämpfer der ruandischen
Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), die seit
vielen Jahren weite Teile des Ostens der Demokratischen Republik Kongo
unsicher machen. Auf der anderen Seite stehen lokale Milizen der
Volksgruppe der Nande. In einem bergigen Waldgebiet liefern sie sich einen
Machtkampf, dem immer mehr Menschen zum Opfer fallen.
Am Dienstag kündigte Kongos Armeeführung die Entsendung von Verstärkung in
das Kampfgebiet an. Man werde jeden als Feind behandeln, der mit Stich-
oder Feuerwaffen angetroffen werde, so ein Armeesprecher in der
Provinzhauptstadt Goma gegenüber Journalisten.
Zuletzt waren Kämpfer einer Nande-Miliz am Sonntag in das von FDLR-Kämpfern
beherrschte Dorf Mukeberwa eingedrungen. Nach mehreren Stunden Kämpfen
zählte die Dorfverwaltung mindestens 15 Tote.
Mit ihrem Angriff wollten sich die Nande-Kämpfer für ein Massaker rächen,
das Hutu-Kämpfer in der Kleinstadt Miriki angerichtet hatten. Die Kämpfer,
die von Augenzeugen als FDLR identifiziert wurden, griffen Miriki in der
Nacht zum 7. Januar an und massakrierten mindestens 17 Menschen, darunter
zwei Frauen und eine Tochter des Ortsvorstehers.
Mehrere zehntausend Menschen ergriffen daraufhin die Flucht in die Berge.
Viele sind mittlerweile zurückgekehrt, aber Sicherheit gibt es in der
Region nicht.
## UN-Blauhelme greifen nicht ein
Die am Rand von Miriki stationierten südafrikanischen UN-Blauhelme dachten
offenbar, Kongos Armee würde sich um die Angreifer kümmern, und schossen
lediglich mit Leuchtraketen in die Luft, um ihre kongolesischen Kollegen zu
wecken.
Erst am nächsten Tag, als das Ausmaß des Massakers klar wurde, rückten die
UN-Soldaten in Miriki ein und entwaffneten, wen sie vorfanden. Das waren
aber nicht mehr die FDLR-Angreifer, sondern die zum Schutz ihrer
Angehörigen eingerückten Nande-Milizionäre.
Diese sehen sich jetzt von allen verlassen und führen ihren eigenen Krieg
gegen die FDLR. Dabei zählen sie auch sämtliche lokalen kongolesischen Hutu
zum Feind, sodass der Konflikt sich zu einer ethnischen Konfrontation
zwischen den beiden größten Volksgruppen Nord-Kivus auswächst.
## Armee will Zivilisten entwaffnen
Ende letzter Woche wurden in mehreren weiteren Dörfern der Region Häuser
angezündet, sowohl von Hutu als auch von Nande. Deswegen hält es Kongos
Armee jetzt für geboten, in der betroffenen Region alle Zivilisten zu
entwaffnen, was diese aber vermutlich nicht freiwillig mitmachen.
Für die UN-Mission im Kongo (Monusco) ist die neue Krise eine besondere
Herausforderung. Erst am 1. Februar übernahm der neue Monusco-Militärchef
sein Amt: Generaloberst Derrick Mbuyiselo Mgwebi, ein ehemaliger Kommandeur
der Spezialkräfte Südafrikas gegen Ende der Apartheid-Ära, der mit
unkonventionellen Kriegsmethoden bestens vertraut sein dürfte.
General Mbuyiselo wird dem neuen zivilen Monusco-Chef zur Seite stehen,
Maman Sidikou aus Niger, der im Oktober den Deutschen Martin Kobler
abgelöst hatte. Aber bis die Monusco neu aufgestellt ist, dürfte noch
einige Zeit vergehen.
9 Feb 2016
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Kongo
Ostkongo
Nord-Kivu
FDLR
Monusco
Hutu-Miliz FDLR
sexueller Missbrauch
Fußball
Kongo
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
Nord-Kivu
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