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# taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Herzlich willkommen in Hysteria
> Eine 20-Jährige wird von einem offenbar geistig gestörten Menschen vor
> die U-Bahn gestoßen und stirbt. Spielt dessen Herkunft eine Rolle?
Bild: Sinnloser Tod: Auf dem U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz erinnern Blumen an di…
Bahnsteig U2, Ernst-Reuter-Platz, Dienstagabend: Eine junge Frau wartet auf
die Bahn. Plötzlich löst sich ein Mann aus der Menge der Wartenden, stößt
sie vor die einfahrende Bahn. Das Motiv des Mannes? Bisher unklar. Ein
ärztliches Gutachten spricht laut Staatsanwaltschaft von „erheblich
geminderter bis aufgehobener“ Schuldfähigkeit. Eine gruselige Tat – die
auch deshalb Angst macht, weil sie so sinnlos ist. Ein Typ flippt aus, man
steht zur falschen Zeit am falschen Ort. Brutaler, ungerechter Zufall. Das
Risiko, das Leben mit sich bringt: Man kann völlig sinnlos sterben.
Nun könnte man einen Punkt machen und den Fall dorthin legen, wo er
hingehört: in die Archive der knapp gehaltenen Polizeimeldungen.
Stattdessen, am Mittwochmorgen auf Twitter: „Bin journalistisch sehr
enttäuscht, dass Sie sich an der Schweigespirale zum U-Bahn-Täter
beteiligen. Keine Lehren aus Köln?“, schrieb jemand in Replik auf eine
Meldung in der Berliner Zeitung. Die hatte zunächst nicht darauf
hingewiesen, dass der 28-jährige Täter, gebürtig aus Hamburg, iranischer
Staatsbürger ist.
Am Donnerstagmorgen erklärte die Nachrichtenagentur dpa in einem
„redaktionellen Hinweis“, warum sie den iranischen Pass im offiziellen
Nachrichtentext verschweigt: „In Übereinstimmung mit dem Pressekodex nennt
dpa die Nationalität nicht, wenn sie in keinem erkennbaren Zusammenhang mit
der Tat steht bzw. nicht zu deren Verständnis notwendig ist.“ Dem ist
eigentlich nichts hinzuzufügen.
Nur so viel: Dass die Agentur sich überhaupt meint, erklären zu müssen, ist
ein Novum. Und es spiegelt die Unsicherheit der Medien in der Köln-Debatte
wider. Dort hatte es in der Silvesternacht sexuelle Übergriffe auf Frauen
gegeben, unter anderem waren auch Flüchtlinge beteiligt. Was darf man
sagen, ohne als Rassist zu gelten? Und vor allem, worüber darf man
schweigen? Die Folge dieser Sprachlosigkeit: Inzwischen wird, auch abseits
von Pegida-Kundgebungen, mehr oder weniger unverhohlen die
„Lügenpresse“-Keule geschwungen, wenn es sich nur irgend anbietet. Auch das
sollte an der U-Bahn-Tat schockieren.
23 Jan 2016
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
U-Bahn
Kriminalität
Herkunft
Nachrichtenagentur
Silvester
Hacking
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