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# taz.de -- Protestaktion in Hamburg-St.Georg: Frauen fordern Schutzraum
> Die Initiative „Safe-Space“ demonstriert vor leer stehendem Hotel in St.
> Georg für die Beschlagnahme zur Schaffung von Schutzräumen für geflohene
> Frauen.
Bild: Peggy Parnass redet auf der „Safe Space“-Kundgebung vor dem leeren Ho…
HAMBURG taz | Ermahnung zum Handeln: Mit einer Kundgebung vor dem
ehemaligen Hotel im Steintorweg 11 in St. Georg haben sich rund 100
Menschen – mehrheitlich Frauen – am Sonntag für die Schaffung zusätzlicher
Schutzräume für geflohene Frauen stark gemacht. Sie forderten den
rot-grünen Senat auf, Leerstand in der Elbmetropole zu beschlagnahmen.
Aufgerufen hatte die Gruppe „Safe Space‘s are women‘ right“, ein
Zusammenschluss von gewerkschaftlich organisierten Frauen,
Streetworkerinnen und Aktivistinnen aus der Flüchtlingshilfe. „Geflohene
Frauen brauchen sichere Räume – Hamburg bietet mit leer stehenden
Immobilien die Möglichkeit, diesen Bedarf zu decken“, sagt Isabel Meyn von
der Initiative „Safe Space“.
Das ehemalige Hotel steht seit fast zehn Jahren leer und liegt inmitten des
Bahnhofsviertels nur einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt. Immer noch
kommen dort täglich dutzende geflohener Frauen an – einige auf der
Durchreise nach Skandinavien.
Unmittelbar vor der Kundgebung war der Pächter des Nachbarhotels „Alt
Nürnberg“ an die Veranstalterin herangetreten, die Demonstration doch
abzusagen, weil die Eigentümerin beider Gebäude einen Neubauantrag gestellt
habe. „Wir verzichten nicht auf unser Demonstrationsrecht, nur weil ein
Hotel um seinen Ruf fürchtet“, sagt Emilija Mitrovic von der Gewerkschaft
Ver.di und zeigte auf die Fenster der Fassade: Die Aktivistinnen hatten
erste Flüchtlingsfrauen bereits symbolisch in das Gebäude einziehen lassen
– indem sie gemalte Bilder von Frauen auf Plakaten hochhielten.
Die stellvertretende Ver.di-Landesvorsitzende Sandra Goldschmidt erinnerte
daran, dass sexuelle Diskriminierung und Übergriffe auf Frauen ein globales
Problem seien. Was diese geflüchteten Frauen auf sich genommen hätten, um
Krieg, Gewalt, Hunger und Elend zu entgehen, sei für viele kaum
vorstellbar.
Viele geflohene Frauen müssten in den Erstaufnahme-Unterkünften umgeben von
Männern leben. Deshalb bräuchten die Frauen „sichere Schutzstätten für
einen Stopp und eine Erholphase, wenn sie weiterreisen wollen – und erst
recht, wenn sie hier bleiben wollen.“ Zwar gebe es in Hamburg seit kurzem
eine Erstaufnahmeeinrichtung in Lokstedt für 150 Frauen mit Kindern, es
bedürfe aber weiterer Wohnunterkünfte, die humanere Lebensbedingungen und
frauenspezifische Angebote gewährleisten, forderte Goldschmidt.
Die geflüchtete Afrikanerin Christiane von der [1][Gruppe Lampedusa]
berichtete von ihrer Ankunft vor drei Jahren in Hamburg, als sie im
Winternotprogramm Zuflucht gesucht habe. „Morgens mussten wir raus und
waren der Kälte ausgesetzt“, erinnerte sie und sagte zu den aktuellen
Verhältnissen in der Flüchtlingspolitik. „Sie sollen uns als Menschen
behandeln und diese Plätze schaffen, damit Frauen mit Kindern in der Kälte
nicht in Zelten leben müssen.“
Die in St. Georg lebende Publizistin [2][Peggy Parnass], deren [3][Eltern]
von den Nazis im Vernichtungslager Treblinka ermordet wurden, sagte: „Was
hier stattfindet, Häuser und Wohnungen leer stehen zu lassen, ist nichts
neues.“
Für Parnass sei Deutschland immer ein Land gewesen, aus dem man wegen der
Nazivergangenheit nur wegrennen möchte, und nun müsse sie feststellen, dass
viele Menschen nach Deutschland kämen, weil sie vor Krieg und Gewalt Schutz
suchten. „Es muss sich dringend in der Welt etwas ändern“, sagte Parnass,
freut sich aber über die vielen Flüchtlingshelfer. „Das leer stehende Hotel
muss bewohnbar gemacht werden, nicht irgendwann, sondern jetzt!“
Der rot-grüne Senat könne nach dem neuen Gesetz zur
Flüchtlingsunterbringung die Beschlagnahme leerer Immobilien anordnen,
unterstrich Isabel Meyn von Safe Space. „Der Staat macht viel zu selten
davon Gebrauch und ruht sich auf Privatinitiativen aus.“
18 Jan 2016
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## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Frauenrechte
Gewalt gegen Frauen
St. Georg
Diskriminierung
Gewalt gegen Frauen
Kurden
Bürgerbeteiligung
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