# taz.de -- Parteien 2015 in Deutschland: Nur rechts bewegt sich was | |
> Im ganzen Jahr dümpelte die SPD bei rund 25 Prozent herum. Größere | |
> Schwankungen in der Wählergunst gab es nur bei den rechten Parteien. | |
Bild: Alternative – oder alte Naive? | |
BERLIN dpa | Wären die Umfragewerte der SPD in diesem Jahr eine | |
Herzstromkurve, der Patient würde wohl bald für tot erklärt. Die Werte | |
schwankten im Jahresverlauf kaum. Die Sozialdemokraten liegen seit | |
Jahresbeginn in der Wählergunst kontinuierlich zwischen 24 und 26 Prozent. | |
Ähnlich stabil ist es bei der Linkspartei, die im Jahresverlauf zwischen | |
acht und zehn Prozent oszilliert. „Die einzige Dynamik im Parteienspektrum | |
sehen wir zurzeit an der Grenze zwischen der AfD und den Konservativen“, | |
sagt der Berliner Politologe und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Nils | |
Diederich. | |
Doch die Frage, was heutzutage konservativ ist – oder wo rechts aufhört und | |
links beginnt – ist gar nicht so einfach zu beantworten. Laut einer | |
[1][aktuellen Befragung des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap] | |
verorteten die Wähler die CDU erstmals links der Mitte. Im rechten Spektrum | |
sehen sie außer der CSU nur noch die Alternative für Deutschland – und ganz | |
weit rechts die NPD. Mit anderen Worten: Die AfD hat auf dem Feld, das sie | |
bespielt, kaum Konkurrenten. Ganz anders dagegen die SPD, deren Positionen | |
aus Sicht der Wähler zurzeit nur etwas weiter rechts liegen als die der | |
Grünen und nur unwesentlich weiter links als die der CDU von | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel. | |
Die Union erreicht ihren besten Wert in den Umfragen zur Parteienpräferenz | |
für den Bundestag Mitte März mit 43 Prozent. Anschließend geht sie auf | |
Talfahrt – wenn auch auf hohem Niveau. Der fraktionsintern ausgetragene | |
Streit um die EU-Finanzhilfen für Griechenland hat zwar keine starken | |
Auswirkungen auf die Beliebtheit der Unionsparteien bei den Wählern. Die | |
von Kanzlerin Merkel (CDU) eingeforderte „Willkommenskultur“ für | |
Flüchtlinge wird dagegen nicht nur von Rechtsextremen abgelehnt, sondern | |
auch von einem Teil der konservativ denkenden Bürger kritisiert. | |
Vor allem als sich im Oktober abzeichnet, dass deutlich mehr Asylbewerber | |
nach Deutschland kommen als zunächst von den Behörden prognostiziert, | |
werfen traditionelle Unionsanhänger die Frage auf, ob Merkel in der | |
Flüchtlingspolitik nicht vielleicht ein „falsches Signal“ gesendet habe. | |
Die Folge: Im Dezember sehen die Meinungsforschungsinstitute die Union | |
bundesweit bei 37 bis 39 Prozent. Auch bei den Grünen zeigt die Kurve 2015 | |
leicht nach unten, im Schnitt kommen sie auf etwa zehn Prozent. | |
Die AfD, die nach der Abspaltung ihres liberal-konservativen Flügels bei | |
der sogenannten Sonntagsfrage im Sommer von fünf auf drei Prozent | |
abrutscht, liegt dank ihrer ablehnenden Haltung in Sachen Zuwanderung | |
dagegen zum Jahresende bei mindestens acht Prozent. Die Partei, die | |
inzwischen von Frauke Petry geleitet wird, erntet für ihre Forderung nach | |
weniger Zuwanderung und mehr Grenzkontrollen vor allem in den östlichen | |
Bundesländern und in Bayern großen Zuspruch. | |
## Schlechte Karten für die FDP | |
„Die AfD schwimmt auf einer Woge von Skepsis, die Merkels | |
Flüchtlingspolitik ausgelöst hat, deshalb ist es im Moment eher | |
wahrscheinlich, dass sie 2017 in den Bundestag einziehen wird“, analysiert | |
Diederich. An ein Comeback der FDP auf Bundesebene glaubt er dagegen nicht: | |
„Die einzige freie Position, die sie besetzen könnte, wäre die eines | |
konsequenten Wirtschaftsliberalismus und dafür gibt es im Moment kein | |
großes Interesse.“ | |
Dass sich an der Verteilung der Wählergunst 2016 viel ändern wird, ist aus | |
Sicht von Parteienforschern bislang nicht absehbar. Es sei denn, es kämen | |
plötzlich deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland oder die AfD würde | |
sich durch massive interne Querelen wieder einmal selbst schaden. | |
Aktuell stehen die Zeichen bei der AfD allerdings auf Wachstum. Nachdem die | |
Partei in ihrer Anfangsphase Mitglieder von Union, SPD und Linkspartei | |
abgeworben hatte, kommen derzeit nach Angaben von Parteisprecher Christian | |
Lüth vor allem Menschen zur AfD, die bisher keiner Partei angehörten. Die | |
zweitgrößte Gruppe bei den Mitgliedsanträgen stellten enttäuschte | |
Ex-Mitglieder der CDU. | |
22 Dec 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.infratest-dimap.de/service/presse/aktuell/afd-rueckt-nach-rechts… | |
## AUTOREN | |
Anne-Beatrice Clasmann | |
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