# taz.de -- Energiepolitik in Berlin: Die Hauptstadt, ein Klimasünder | |
> In Berlin werde Klimapolitik zu oft noch als Last gesehen, kritisieren | |
> die Grünen. Dabei könnte damit die Wirtschaft gefördert werden. | |
Bild: Hier rauchts: Qualm aus dem Kraftwerk Reuter nebelt ein gerade gestartete… | |
Schafft Berlin es, das Klima zu schützen? Oder bleibt die Stadt eher ein | |
Nachzügler? Für Michael Schäfer, den energiepolitischen Sprecher der | |
Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus, bietet Klimaschutz die große | |
wirtschaftliche Chance, die das Land allerdings noch nicht ausreichend | |
ergreift. „Klimaschutz wird oft als Last gesehen, aber gerade in den | |
Städten, Kommunen und Regionen hilft Klimaschutz der lokalen Wirtschaft“, | |
sagte er. | |
Zum Ende der Klimakonferenz in Paris stellte Schäfer am Freitag Kritik und | |
Anregungen der Grünen für Berlin vor. „In Berlin geben Verbraucher, | |
Unternehmen und Land insgesamt pro Jahr 3,3 Milliarden Euro für den Import | |
von Kohle, Öl und Gas aus“, erklärte er. Wenn dieses Geld stattdessen für | |
erneuerbare Energien gezahlt würde, könnte vieles davon in der Stadt | |
bleiben. „Solaranlagen werden hier montiert und gewartet, ganz egal, wo sie | |
hergestellt werden“, sagte Schäfer. Außerdem müsste mehr in innovative | |
Unternehmen und Ideen investiert werden. „In Berlin könnten so neue | |
Industrien und Arbeitsplätze entstehen, zum Beispiel in der | |
Elektromobilität.“ Auch Flüchtlinge könnten so integriert werden, meinte | |
Schäfer. | |
Nach den letzten Zahlen, die allerdings von 2012 sind, steigt der | |
CO2-Ausstoß in Berlin; auch im Bundesländervergleich zu erneuerbaren | |
Energien liegt Berlin konstant auf dem letzten Platz. Dabei wäre gerade die | |
Situation hier als Vorbild für andere Kommunen geeignet. In der Wirtschaft | |
und an den Berliner Universitäten gäbe es genug Ideen, die Politik müsse | |
sie nur aufgreifen, meinte Schäfer. | |
Außerdem seien die Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der | |
Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ überraschend einstimmig | |
ausgefallen. Die Kommission sowie der im Dezember vorgestellte Entwurf für | |
das Berliner Energie- und Klimaprogramm (BEK) empfiehlt konkrete Maßnahmen, | |
um die Energiewende in Berlin voranzubringen. Bis 2050 soll Berlin | |
klimaneutrale Stadt werden. | |
Besonders im Wärmebereich könnte viel eingespart werden. Die Kommission | |
empfiehlt, bis 2020 aus der Braunkohle und bis spätestens 2030 aus der | |
Steinkohle auszusteigen. „Ich kann mir vorstellen, dass der Bericht auf | |
Englisch mehr gelesen wird als auf Deutsch“, sagte Schäfer. Im weltweiten | |
Wettbewerb der Kommunen seien andere schon weiter. Wer die Entwicklungen in | |
den erneuerbaren Energien zu spät aufgreife, müsse dann Ideen und | |
Technologien importieren, anstatt selbst mitzugestalten, warnte Schäfer. | |
Die Grünen möchten daher die Empfehlungen der Enquetekommission und des BEK | |
möglichst schnell in einen energiepolitischen Konsens für das Land | |
umsetzen. Das Stadtwerk müsste in Berlin mehr Aufgaben übernehmen, zum | |
Beispiel, um Energie aus Klärschlamm zu gewinnen. Auch Bau- und | |
Sanierungsvorhaben müsse man jetzt schon vorbereiten. Auch wenn der | |
derzeitige Senat vieles auf den nächsten abgewälzt habe, könnte trotzdem | |
noch einiges angestoßen werden, sagte Schäfer. „Der Klimaschutz sollte | |
nicht bis in die nächste Legislaturperiode vertagt werden, wir haben schon | |
genug Zeit verloren.“ | |
11 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
## TAGS | |
Grüne | |
Braunkohle | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Inuit | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Gefühlte Temperatur: Klimadödel, wo seid ihr? | |
Es ist falsch, von „Klimaskeptikern“ zu sprechen. Weil sie einen Begriff | |
okkupieren, mit dem sie nichts zu tun haben. Verblendung allerorten. | |
Inuit-Aktivistin über Klimawandel: „Für ein Recht auf Kälte“ | |
In der Arktis fängt der Schnee später an zu fallen. Sheila Watt-Cloutier | |
über eine untergegangene Kultur und das sich verändernde Eis in ihrer | |
Heimat Kanada. | |
Kohle auf dem Klimagipfel: Das Phantom von Paris | |
Auf der Klimakonferenz fehlen die großen Kohlefirmen. Die Dreckindustrie | |
hat nur ihre Strategie geändert. |