# taz.de -- Chimanimani-Nationalpark: Wandern in Mosambik | |
> Wer nach Mosambik reist, will die langen berühmten Sandstrände sehen. | |
> Doch das afrikanische Land versteckt einen Schatz im Hinterland. | |
Bild: Das Chimanimani-Gebirge steckt als Trekkingregion noch in winzigen Wander… | |
Der steile Aufstieg beginnt gleich hinter dem Häuschen mit der senfgelben | |
Farbe und den Palmen vor den Fenstern. Der Monte Binga streckt sich mit | |
2.436 Metern in den afrikanischen Himmel. Der höchste Berg Mosambiks liegt | |
im Chimanimani-Nationalpark. | |
Genau dort, wo die Grenze von Mosambik und Simbabwe verläuft. Felicitas | |
Mutinda steht in einer olivgrünen Parkrangeruniform vor der schmalen Hütte | |
und streicht mit den Fingern über ihr Handy. An der Wand lehnt ein Gewehr. | |
Die zierliche Frau wartet auf den Anruf von Robert. Der Maismehlvorrat ist | |
aufgebraucht und Mutinda besitzt keinen Wagen. Robert Gwaringa ist | |
Taxifahrer, das nächste Bergdorf 30 Kilometer entfernt. Wer sich in diese | |
Bergwelt verirrt, der hat vom Chimanimani-Wanderwunder gehört – oder | |
liefert Maismehl an Ranger. Mutinda freut sich über jeden Wanderer. Besuch | |
ist selten. | |
Fast könnte man heute von Hochbetrieb vor der Rangerhütte sprechen: Ein | |
österreichisches Paar bricht gerade auf und fünf Männer aus Johannesburg | |
sind vom Trekking zum Binga Gipfel zurückgekehrt. „Wir sind drei Tage | |
gewandert, ganz allein“, ruft der Südafrikaner Daniel Gray vom Grill aus | |
herüber, der dampfend vor dem Camper steht. | |
## Eine einfache Infrastruktur | |
Das Chimanimani-Gebirge steckt als Trekkingregion noch in winzigen | |
Wanderstiefeln. Weniger als 200 Mosambik-Besucher kamen im letzten Jahr zum | |
Wandern. Ein deutlicher Kontrast zu den hochentwickelten, aber überfüllten | |
Wanderregionen Europas. Einfache Infrastruktur für Bergwanderer, | |
quadratische Felsblöcke, die wie riesige Spielwürfel aussehen, kahle Äste | |
und dichtes Gras versperren den Weg zum Aufstieg. | |
Um den Gipfel des Binga zu erreichen, orientieren sich die Ranger an | |
kleinen Steinhaufen oder abgeknickten Zweigen. Das Gepäck ist leicht, der | |
Pfad steil. Es geht nur langsam bergauf. „Da ist ein Schlafsack drin“, sagt | |
Sabrina Evers, eine Backpackerin aus Wien, mit Blick auf ihren Rucksack. | |
Evers hat von den zahlreichen Höhlen gehört, in denen man übernachten kann. | |
Im Chimanimani-Nationalpark wird in der Wildnis übernachtet, im Zelt oder | |
einfach in einem Schlafsack. Überall dort, wo es einem gerade gefällt, wie | |
an einer der zahlreichen Windungen des Mussape Rivers. „Wer die unberührte | |
Natur der Berge schätzt, gern wandert und zeltet und sich auf seiner Tour | |
selbst versorgen kann, der ist im Chimanimani-Nationalpark richtig“, sagt | |
Anja Mann, die eine Backpacker-Lodge im Grenzort Chimoio führt und sich für | |
nachhaltige Entwicklung in der Bergregion einsetzt. | |
Bislang ist Chimanimani vor allem für seine Mythen bekannt: Sie handeln von | |
illegalen Goldsuchern, Schmugglern und Dorfbewohnern, die spurlos | |
verschwinden. Das bislang nur so wenige Wanderer in den Bergen unterwegs | |
sind, soll sich ändern. | |
Die Voraussetzungen sind gut, denn in der Chimanimani- Region kann man | |
schon heute durch wilde Flüsse wandern, Bergsteigen oder Freiklettern. Auch | |
eine einfache Infrastruktur ist vorhanden. Die Regierung hat ein einfaches | |
Basiscamp in Portão eingerichtet. Trinkwasser und Feuerholz können Wanderer | |
von der Parkverwaltung erhalten oder unterwegs auf dem Weg finden. | |
## Das Land ist im Aufbau | |
Wer weiter aufsteigt zum Binga, durchstreift wilde, strohgelbe Gräser, rot | |
blühende Aloe Vera und dann Hochplateaus mit unbegrenztem Blick hinunter | |
auf saftige Flusstäler. Ein Esel blickt den wandernden Besuchern nach. Die | |
politische Lage in Mosambik war bis 1992 von einem jahrzehntelangen | |
Bürgerkrieg zwischen der Regierungspartei Frente de Libertação de | |
Moçambique (Frelimo) und der Resistência Nacional Moçambicana (Renamo), der | |
verfeindeten Opposition, dominiert. | |
Nach der Wahl im Oktober 2014 hat sich die Situation politisch zwar erholt. | |
Doch Mosambik leidet weiterhin. Durch eine schwere Überschwemmung im Januar | |
2015 verloren 160.000 Menschen ihre Unterkunft. Auch die Korruption setzt | |
dem Land zu. Transparency International untersuchte für ihren | |
Korruptions-Index 175 Länder: Mosambik wird dort an Stelle 119 geführt. | |
Immerhin ist Mosambik seit dem Ende des letzten Jahres vom Terror der | |
Landminen befreit, die die Chimanimani-Region auch nach dem Ende des | |
Bürgerkrieges noch verseuchten. „Unser neuer Präsident, Filipe Nyusi von | |
der Frelimo, hat die Kraft das Land zu einen“, sagt Reverend Dinis Matsolo, | |
Bischof in der Hauptstadt Maputo. Matsolo vermittelte vor der | |
Präsidentschaftswahl zwischen Frelimo und Renamo. Viele setzen bei der | |
wirtschaftlichen Entwicklung des Landes auf den Präsidenten, ein ehemaliger | |
Unternehmer, und die Gasvorkommen des Küstenstaates. | |
Die Ressourcen sind so gewaltig, dass sie den Weltgasbedarf für zwei Jahre | |
allein decken könnten. Doch es ist fraglich, ob vom Gasreichtum auch die | |
Bevölkerung profitieren wird. Denn erste Lizenzen zur Nutzung der Gasfelder | |
wurden an asiatische Investoren vergeben. Einen nachhaltigen Bergtourismus | |
aufzubauen, könnte daher eine Alternative sein, um das Land regional und | |
ohne internationale Hilfe weiterzuentwickeln. | |
Nach dem Ende des Bürgerkrieges reisten nur wenige Besucher nach Mosambik. | |
Die, die kamen, wollten die Katalogstrände im Süden des Landes sehen. Die | |
Entwicklung der Infrastruktur im Norden und den Bergen wurde von der | |
Regierung vernachlässigt. Heute ist sie keineswegs mit Bergregionen wie | |
etwa den Alpen zu vergleichen. | |
Auch ein anderer Grund hindert die Entwicklung des Bergtourismus: | |
Bergwandern hat in Mosambik keine Tradition. Mosambikaner verbinden mit | |
einem Aufenthalt in den Bergen weder Erholung noch Abenteuer. Nur langsam | |
reift die Vorstellung, dass die Schönheit der Bergwelt auch touristisch von | |
Bedeutung sein könnte. Organisationen wie die NGO Kwaedza Simukai wollen | |
genau hier ansetzen und engagieren sich in der Region Manica, um den | |
Bergtourismus nachhaltig zu entwickeln. | |
Dem Wunsch einer Ausbreitung des Tourismus steht die Herausforderung des | |
Schutzes der Natur gegenüber. Im Mittelpunkt der Bemühungen von Kwaedza | |
Simukai stehen daher die Qualifizierung von Bergführern und die Vermittlung | |
von Wissen über Naturschutz. In Zukunft soll dieses Wissen schon in den | |
Schulen der Region vermittelt werden. Es ist die Hoffnung auf eine neue | |
Generation junger Menschen, die im Einklang mit der Natur aufwächst und sie | |
als ihre Lebensgrundlage versteht und schützt. | |
## Zum Umdenken anregen | |
Die NGO bietet dazu Wanderungen an und übernimmt die Ausbildung von | |
Bergführern. Auch Menschen wie Anja Mann tragen zu einer Entwicklung bei: | |
„Wir helfen unseren Gästen, Bergtouren zu organisieren oder Aufenthalte bei | |
Gastfamilien in den Bergen zu vermitteln“. Sie wolle die Menschen zum | |
Umdenken anregen. Den Zusammenhang sehen, dass Europas Reichtum zum Teil | |
auf der Armut der Menschen in Regionen wie Chimanimani aufgebaut ist, dies | |
sei auch über Tourismus möglich, sagt Mann. | |
So warten sie in Mosambik weiter. Felicitas Mutinda erwartet schon bald | |
mehr Besucher in der einsamen Chimanimani Gegend. | |
Als die Sonne beginnt zu sinken, wird Mutindas Lachen aber unruhiger. Von | |
Robert und frischem Maismehl fehlt weiterhin jede Spur. | |
21 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Markus Steiner | |
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