# taz.de -- Rassismus und Geotagging in Brasilien: Virtueller Raum, reale Konse… | |
> Eine brasilianische NGO holt rassistische Kommentare aus dem Netz und | |
> zeigt sie öffentlich. Genau an den Orten, an denen sie geschrieben | |
> wurden. | |
Bild: „Eine Schwarze mit dem Namen MaJu kann sich nicht über Vorurteile besc… | |
„Fuck you, dreckiger Neger. Ich weißt nicht, was du tust, aber ich wasche | |
mich.“ Die Nachricht prangt von einer Plakatwand in Porto Alegre in | |
Brasilien. Pfeile und Stern machen eindeutig sichtbar, dass es sich bei ihr | |
um eine Nachricht auf der Social-Media-Plattform Twitter handelt. Das | |
Profilfoto und der Name des Absenders sind nur schemenhaft wahrnehmbar, sie | |
wurden unkenntlich gemacht. | |
Der Tweet vom 24. Oktober richtet sich an Maria Júlia Coutinho. Er ist nur | |
eine der vielen rassistischen Schmähungen, denen die Wettermoderatorin in | |
den „sozialen“ Medien ausgesetzt ist. Coutinho arbeitet für Brasiliens | |
wichtigste Nachrichtensendung „Journal de Notícias“. Als öffentliche Pers… | |
ist sie ein besonders exponiertes Ziel für derartige Attacken im Internet. | |
Dass die Anonymität des Netzes sie vor Konsequenzen schützt, lässt | |
Rassisten dort munter menschenverachtende Kommentare verbreiten. Doch damit | |
soll jetzt Schluss sein. Überall in Brasilien zeigen Plakatwände derzeit | |
einige der besonders krassen Kommentare. Die Plakate sollen die Menschen | |
darauf aufmerksam machen, welche Botschaften online verbreitet werden. | |
Hinter der Aktion steckt die gemeinnützige Organisation Criola. Unter den | |
diskriminierenden Äußerungen steht die Tagline „[1][Virtueller Rassismus, | |
reale Konsequenzen“]. Der virtuelle Raum soll aufgebrochen werden, um die | |
Probleme der Gesellschaft aufzuzeigen. | |
## Die Plakate wurden strategisch platziert | |
Criola hat Geodaten genutzt, um ihre Plakate gezielt in jenen Städten zu | |
zeigen, aus denen die darauf zu sehenden Twitter- und Facebook-Kommentare | |
gesendet wurden. Der beleidigende Tweet, der in Porto Alegre plakatiert | |
wurde, stammt also auch von dort. „Wir wollen die Nachbarschaften der Täter | |
dieser rassistischen Angriffe mobilisieren, damit wir in Zukunft besser | |
vorbeugen können“, sagt Jurema Werneck von Criola. Und die Rechnung scheint | |
aufzugehen. In einem [2][Video auf der Webseite der Aktion] zeigt Criola | |
viele Menschen, die über die Kommentare entsetzt sind und etwas dagegen tun | |
wollen. Mehr Bildung zum Thema werde benötigt, sagt zum Beispiel eine | |
Passantin. | |
In Brasilien ist Rassismus seit 1988 ein Verbrechen, das theoretisch sogar | |
mit Gefängnisstrafen geahndet werden kann. Doch der Rassismus im Internet | |
stellt die Strafverfolgungsbehörden bei der Umsetzung des Gesetzes vor neue | |
Schwierigkeiten. Trotz der öffentlichen Entrüstung gegenüber der an Maria | |
Júlia Coutinho gerichteten Kommentare kam es bisher zu keiner einzigen | |
Anklage. | |
„Für uns, die davon betroffen sind, ist dieser Rassismus sehr schmerzhaft, | |
demütigend, beängstigend und abstoßend. Wir wollen nicht, dass so etwas | |
weiter passiert“, sagt Jurema Werneck. Und deshalb müssen sich nun alle | |
Brasilianer*innen auf dem Weg zur Arbeit mit dem Internet-Rassismus | |
auseinander setzen. | |
2 Dec 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.racismovirtual.com.br/virtual-racism/ | |
[2] https://vimeo.com/147491832 | |
## AUTOREN | |
Belinda Grasnick | |
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