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# taz.de -- Luxus-Camping: Bequemlichkeit ist Trumpf
> Nicht nur der Campingplatz im Chianti will eine neue Zielgruppe
> erschließen: Campingfreunde mit Hang zum Luxus finden immer mehr Orte.
Bild: Schöner Zelten auf dem Campingplatz Orlando im Chianti
Alles schick hier auf dem Campingingplatz in Orlando. „Ein wichtiges
Schlagwort für die Google-Suche bei der Entwicklung der Internetseite war
„Box Spring Bed“, erzählt Jeroen Tops (46), der Chef des Campingplatzes.
Tatsächlich scheinen nicht wenige Urlaubssuchende die Bezeichnung dieses
komfortablen Bettes gleich mit in die Suchmaschine im Internet einzugeben,
wenn sie auf der Suche nach Urlaubsunterkünften sind.
Vor einigen Jahren wurde der toskanische Campingplatz, der in einem
hügeligen Waldgebiet liegt, mit neuen Zelten und Hütten bestückt. Auch ein
großer Swimmingpool mit Kinderbecken, Wasserrutsche und Terrassenrestaurant
kam dazu.
Der Platz Orlando ist etwas abgelegen – von Siena aus fährt man dabei in
nördlicher Richtung rund 40 Kilometer über kleine Landstraßen und winzige
Dörfer. Tops verrät, dass der Platz mit Besucherschwund zu kämpfen hatte.
Zum einen gibt es in der Gegend viel Konkurrenz, zum anderen werden die
typischen Camper, die mit Zelt und Luftmatratze im Kofferraum ankommen,
immer weniger. Mit den neuen Luxuszelten und Hütten, die innen wie
Hotelzimmer eingerichtet sind, hat sich dies fast schlagartig geändert.
„Glamping“, Neudeutsch für „glamouröses Campen“, liegt im Trend und s…
Campen im wahrsten Sinne des Wortes salonfähig machen. „Glampingplätze“
locken mit Kolonialmöbeln, Bio-Essen, Whirlpool oder gar Klimaanlage. Stolz
führt Tops das „Relax Tent“ vor, das fast die Größe einer Hotelsuite hat.
Innen sind zwei Schlafzimmer, eines davon mit Doppelbett, das andere mit
Doppelstockbett. Über den Betten sind Moskitonetze gespannt, die im
September allerdings nicht nötig sind.
## Holzdielen statt Waldboden
Die Küche ist ausgestattet mit elektrischem Herd, Spüle und Kühlschrank,
natürlich gibt es auch eine Kaffeemaschine. Im Bad wäscht man sich an einem
Keramikwaschtisch, die Duschkabine ist porentief sauber, und das Warmwasser
kommt sekundenschnell aus der Brause. Und dies mitten im Wald!
Statt auf dem Waldboden läuft man auf Holzdielen, und vor dem Zelt gibt es
eine Veranda mit Esstisch, Gasgrill und Liegestühlen. Grillen mit Holzkohle
sowie offenes Feuer ist verboten, da der Platz ja mitten im Wald liegt. Das
vielgerühmte Boxspringbett ist tatsächlich angenehm weich und kuschelig.
„Die Zelte haben wir in Pakistan gekauft, dort dienen sie eigentlich als
Offizierszelte“, verrät Tops; der Preis läge pro Zelt bei rund 3 500 Euro,
mitsamt Innenausstattung. Wasserrohre und Elektrik sind im Waldboden
unsichtbar verlegt – was einigen Aufwand bedeutete. Regennässe müssen
Glamper übrigens nicht befürchten – die Zelte haben eine PVC-Außenhaut,
durch die kein Tröpfchen Wasser dringt. Man hört nur das romantische
Tröpfeln des Regens, während man im kuscheligen, trockenen Bett liegt und
den Waldvögeln zuhört.
## Relaxen in der zweistöckigen Airlodge
Das Relax Tent ist nicht die einzige Unterkunft, die man auf dem Platz
buchen kann. Da ist die zweistöckige Airlodge, ein ausgebauter Trailer, der
sich Cottage Next nennt, und der „Cube“, ein Würfel, der ein komplettes
Designer-Hoteldoppelzimmer enthält, samt Bad und Kochecke. Es gibt
Lodgesuiten sogar mit freistehender Badewanne im Zelt, und Hybridlodges,
ein Ding zwischen Zelt und Hütte.
Ein Grund, warum die Hütten schon seit Anbeginn sehr gut gebucht sind,
dürfte der Preis sein: Je nach Hüttentyp und Saison kostet eine
Übernachtung zwischen 21 Euro und 149 Euro – pro Hütte. Touristensteuer,
Bettbezüge und Handtücher werden jedoch extra berechnet.
Noch günstiger ist es auf dem Glampingplatz Norcenni Girasole bei Florenz:
Hier kostet ein Lodgezelt Deluxe mit Dusche und WC für 6 Erwachsene ab 193
Euro pro Woche. Zwar gibt es für die wenigen „echten“ Camper auf dem Platz
auch Waschhäuser und Spülgelegenheiten, doch sieht man kaum jemand mit
einer Wanne schmutzigen Geschirrs, Spülmittel und Geschirrhandtuch über den
Platz laufen, wie man es von normalen Campingplätzen gewohnt ist. Dafür
kann es sein, dass man morgens aufwacht, und Wildschweine oder ein Lama
machen es sich vor der Lodge gemütlich.
## Auch den Lamas gefällt die Gegend
Tops verrät die Geschichte hierzu: „Die Bevölkerung der Toskana war ja
früher eher links, und es gab eine Freundschaft mit der Sowjetunion. Die
Genossen dort schenkten unserem Dorf einen Wildpark, sogar Bären und
Hirsche gab es dort.“ Im Zuge von Glasnost gab es kein Geld mehr zum Erhalt
des Wildparks, und so öffneten die pragmatischen Dorfbewohner einfach die
Gatter und ließen die Tiere frei. Den Lamas gefällt die Gegend, so dass sie
noch heute hier wild leben.
Zum Wandern und Radfahren ist die abgelegene Gegend wunderbar geeignet.
Entlang der kleinen Landstraßen wachsen Tausende von süßen, wilden
Brombeeren, und einige Kilometer weiter liegt das Weingut Castello
d’Albola. Die Inhaber, die Familie Zonin, ließ die gesamte mittelalterliche
Anlage restaurieren und lädt einmal pro Woche zum Dinner in die adligen
Gemächer. Erst gibt es eine Führung durch die Weinkeller, wo unter anderem
der exquisite Vinsanto lagert, dann schließt sich ein mehrgängiges Dinner
an, zu dem verschiedene Weine serviert werden. Ein passender Ausflug für
Glamper.
29 Nov 2015
## AUTOREN
Dirk Engelhardt
## TAGS
Zelten
Luxus
Toskana
Urlaub
Camping
Italien
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