# taz.de -- US-Sanktionen gegen Schachverbandschef: Die Tücken des Kalmücken | |
> Kirsan Iljumschinow, Chef des Schachverbandes Fide, steht auf einer | |
> US-Giftliste. Das liegt an seiner Verbindung zu Baschar al- Assad. | |
Bild: Beste Verbindungen: Kirsan Iljumschinow (rechts) will schon von Außerird… | |
20 Jahre und einen Tag war Kirsan Iljumschinow im Amt als Präsident des | |
Internationalen Schachverbands Fide, als ihn die Nachricht erreichte, dass | |
er auf einer Sanktionsliste des US-Finanzministeriums steht. Es wird ihm | |
vorgeworfen, Geschäfte mit Syrien und Syriens Nationalbank gemacht zu | |
haben, die angetan seien, das Regime in Damaskus zu stützen. | |
Wer auf der Sanktionsliste landet, darf nicht auf sein Vermögen in den | |
Staaten zugreifen und auch keine Geschäfte mit amerikanischen Firmen oder | |
Staatsbürgern machen. Der Geschäftsbann über den Mann aus der russischen | |
Teilrepublik Kalmückien wurde vier Tage vor einer geplanten Reise | |
Iljumschinows in die USA verhängt. | |
Der Fide-Chef wollte über den Austragungsort der Schach-WM 2016 verhandeln. | |
New York, San Francisco und Los Angeles haben sich darum beworben. In einer | |
ersten Reaktion behauptet Iljumschinow, er wolle an seinen Reiseplänen | |
festhalten. Er besitze weder Konten noch eine Wohnung noch eine Yacht in | |
den USA. Alles also kein Problem. Er reist andauernd als Schachbotschafter | |
um die Welt. Gerade ist er in Italien, demnächst werde er die Türkei, | |
Israel, die Schweiz und Großbritannien besuchen. Und Syrien? | |
„Ich bin oft in Syrien“, sagte Iljumschinow der russischen | |
Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Und er erzählt auch von seinen Treffen mit | |
dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und anderen Offiziellen. Ein | |
Treffen mit Assad ist in der Schachwelt gut dokumentiert. Als Ende April | |
2012 in Syrien über einen Waffenstillstand verhandelt wurde, nachdem schon | |
10.000 Menschen im Bürgerkrieg ums Leben gekommen waren, spielte | |
Iljumschinow eine Partie Schach mit dem Diktator. | |
## Warum nicht auch Fußball? | |
Danach wurde verkündet, dass sich der Fide- und der Staatschef über ein | |
Programm zur Förderung des Schachsports in Schulen geeinigt hätten. | |
Iljumschinow spielte auch mit Muammar al-Gaddafi und Saddam Hussein Schach. | |
„Das hat doch mit Politik nichts zu tun“, sagte er. „Wir verbreiten unser | |
Bild vom Spiel in alle Länder und tauschen uns darüber aus.“ | |
Alles gut also? Für Schachlegende Garri Kasparow, der sich als einer der | |
schärfsten Kritiker von Wladimir Putin in der Opposition positioniert hat, | |
ist Iljumschinow einer jener Sportbotschafter, mit deren Hilfe Putin | |
weltweiten Einfluss ausüben will. Kasparows Kandidatur gegen den Kalmücken, | |
als die Fide-Spitze 2014 neu gewählt wurde, geriet zum Politikum. | |
Iljumschinow gewann. Es gibt zu viele, die dankbar sind über die | |
Geldspritzen aus Kalmückien. Dass er im Sommer verkündet hat, | |
Fifa-Präsident zu werden, hat in Westeuropa für Lacher gesorgt. In Russland | |
indes galt Iljumschinow als ernstzunehmender Kandidat. | |
Auch die von ihm gern erzählte Anekdote, nach der er einmal von | |
Außerirdischen entführt worden sein soll, konnte seinem Ansehen nicht | |
schaden. Und dass ein Mann aus Iljumschinows Gefolge wegen Mordes an einer | |
Journalistin verurteilt worden ist, die über die korrupten | |
Geschäftspraktiken des Präsidenten recherchiert hat, war in der Schachwelt | |
nie ein großes Thema. Folglich wird es auch nicht für großes Aufsehen | |
sorgen, wenn der Fide-Präsident nun auf einer Sanktionsliste der Amis | |
steht. | |
Als die EU im Anschluss an die Annexion der Krim etliche russische | |
Wirtschaftsmagnaten mit Sanktionen belegte, war darunter auch der | |
Gouverneur der russischen Region Krasnodar, Alexander Tkatschew. Dass der | |
das Duell um den WM-Titel zwischen dem Norweger Magnus Carlsen und dem | |
Inder Viswanathan Anand mitfinanziert hat, war ebenfalls kein Thema, als | |
die Weltmeisterschaft im November 2014 im russischen Olympiaort Sotschi | |
ausgespielt wurde. | |
28 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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