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# taz.de -- Neues Stadtmagazin „München ist Dreck“: Schmutz für München
> Ein neues Stadtmagazin will ein Forum für Abseitiges bieten. Es ist aber
> nicht ganz so provokant und laut, wie es gern wäre.
Bild: Dreck, gedruckt.
Das Oktoberfest und der FC Bayern. Horrende Mieten und ein knitterfreies
Stadtbild. Dreck aber ist so ziemlich die letzte Assoziation, die München
hervorruft. Wohl deshalb bleibt der Name im Ohr, unter dem dort seit
Oktober ein neues Stadtmagazin erscheint: [1][München ist Dreck].
Veronica Burnuthian ist das nur recht, schließlich hat sie das Magazin
initiiert, um gehört zu werden. „Dreck ist für mich ein Synonym für
Subkultur“, sagt die 25-Jährige und meint damit Kunst, die außerhalb
etablierter Kulturhäuser entsteht. Diese wird von der bayerischen
Landeshauptstadt mehr erduldet als geliebt, so ihr Eindruck: „Man muss hier
ständig um Aufmerksamkeit und Räume kämpfen, die Stadt nimmt ihre Künstler
nicht wirklich wahr.“
München ist Dreck soll Kreativen nun eine Plattform bieten, soll ein Forum
sein für alles Abseitige und Ungemütliche. Seit fünf Jahren lebt die
gebürtige Brüsselerin in München, studiert Kommunikationsdesign und spielt
selbst in mehreren Punk- und Noise-Bands. Im März hat sie den ersten Aufruf
zu München ist Dreck gestartet, hat auf Flyern und Social-Media-Plattformen
um MitstreiterInnen geworben.
„Lass uns die Stadt mit Kultur zerstören“ oder „weniger Luxusscheiß“,…
die Aufrufe. Worüber man in München halt schimpft: zu hohe Mieten, zu wenig
Off-Spaces, zu sauber und reglementiert alles. Dazu postete Burnuthian
beschaulich Provokantes. Das Foto eines „Anti-Gentrifizierungs-Kits“ etwa,
mit Einwegspritze und einem Tütchen Fake-Heroin. Zum Verteilen in
Hauseingängen, um Investoren fernzuhalten. Ein Antigestus, der in München
hervorsticht. Und funktioniert: Innerhalb weniger Wochen hatte sich eine
Blattmacher-Guerilla von etwa 20 Musikern, Grafikern und Autoren gefunden,
die an dem Heft mitarbeiten. „Wir wollen zeigen, was die Leute hier alles
machen, dass sehr wohl etwas passiert in der Stadt“, sagt Veronica
Burnuthian.
## Ein Blog ist nicht genug
München ist Dreck hat einen dokumentarischen Anspruch. Die MacherInnen
wollen Chronisten ihrer Szene werden. Aber wäre ein Blog da nicht
einfacher? „Schon, aber wir wollten etwas machen, bei dem man Bock hat, es
in der Hand zu halten.“
Das ist ihnen gelungen: Die erste Ausgabe kommt ziemlich chic daher. Im
A3-Format mit einem Cover aus Wellpappe, in das der Heftname gelasert ist.
Dahinter 32 Seiten, auf denen jedem Text, jeder Fotogeschichte ein eigenes
Layout verpasst wurde. Mit ganzseitigen, farbintensiven Bildern und einer
Ästhetik, die mal an Fanzines, mal an Kunstmagazine erinnert. Zudem sind
alle Exemplare handnumeriert. Viel Aufwand für eine 1.000er-Auflage.
Deshalb auch der stattlichen Preis von 10 Euro.
Inhaltlich geht es weit weniger scharfkantig zu, als der Name vermuten
lässt. Es ist ein, ja doch, liebevoller Themenmix, wobei die meisten
Geschichten um Musik kreisen. So werden auf zwei Seiten die
elegant-minimalistischen Konzertplakate des Siebdruckkünstlers Simon
Marchner vorgestellt. Eine Reportage zoomt in die Underground-Szene
Sapporos, während ein Porträt den Lärmvirtuosen Anton Kaun würdigt. Ein
prosaisches Format beschreibt dagegen Entfremdungsmomente an
Supermarktkassen und im Entertainment-Wirrwarr der Großstadt.
## Drei Ausgabe pro Jahr
Laut wurde München ist Dreck angekündigt, das fertige Heft ist dagegen
deutlich leiser. Die Lust am subkulturellen Treiben wird zur
Selbstbehauptungsgeste. Drei Ausgaben sollen pro Jahr erscheinen, Geld
verdienen wollen die Macher damit nicht. „Was reinkommt, stecken wir in den
nächsten Druck“, sagt Burnuthian, „und wenn was übrig bleibt, laden wir
Bands aus anderen Städten ein.“
Den Vertrieb übernehmen sie selbst. Das Heft liegt in Münchner Plattenläden
und Museumsshops aus, die Musiker im Team werden es außerdem bei Konzerten
verkaufen. Alles Reservate, in denen Subkultur ohnehin stattfindet. Ob
München ist Dreck damit jenes Publikum erreicht, von dem sich die Macher zu
wenig beachtet fühlen, ist fraglich.
2 Nov 2015
## LINKS
[1] http://www.muenchenistdreck.de/
## AUTOREN
Josef Wirnshofer
## TAGS
München
Stadtmagazin
Printmedien
Subkultur
SPD
Schwerpunkt Jürgen Elsässer
Tagesspiegel
Bremen
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