# taz.de -- Flüchtlingshilfe mit Hindernissen: Der Bock als Gärtner | |
> Private Sicherheitsleute einer Unterkunft für jugendliche Flüchtlinge | |
> hindern deren Betreuer bei der Arbeit. Die Sozialbehörde spricht von | |
> „Einzelfällen“. | |
Bild: Auch kultursensibles Sicherheitspersonal ist einem Schnaps nicht immer ab… | |
BREMEN taz | Der Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen | |
stelle Behörden, HelferInnen und Polizei vor große Probleme, heißt es immer | |
wieder. Für einige BetreuerInnen der Initiative „Fluchtraum“ aber | |
scheiterte die Arbeit in den vergangenen Wochen nicht an | |
Verständnisschwierigkeiten oder vermeintlich kulturellen Eigenheiten – | |
sondern am Sicherheitspersonal der Flüchtlingsunterkunft auf dem | |
Stadtwerder. | |
Als eine Fluchtraum-Mitarbeiterin die Turnhalle betrat, um Schulunterlagen | |
ihres Mündels zu sehen, soll ihr ein Sicherheitsmann hinterher gelaufen | |
sein und sie aggressiv aus der Einrichtung geworfen haben. Sie habe „hier | |
nichts zu suchen“, soll er gesagt haben. Und dieses „hier“ meint immerhin | |
den Ort, an dem der betreute Jugendliche zu Hause ist – und zu Hause sein | |
muss. | |
Für eine andere Betreuerin, die sich ehrenamtlich um einen afrikanischen | |
Jugendlichen kümmert, endete der Versuch noch vor Tür. Der Jugendliche | |
hatte sie um Hilfe gebeten: Er habe Angst und wolle nicht länger in der | |
Unterkunft bleiben. Weil er aber weder den Namen des Ortes wusste, noch den | |
Träger nennen konnte, fuhr sie mit ihm gemeinsam raus. Um nachzufragen, wie | |
sie sagt. Doch sie wurde abgewiesen. Einen Dienstausweis wollte man sehen, | |
da immerhin „Anschlagsgefahr“ bestehe. Hilfsorganisationen wolle man dort | |
generell nicht sehen – „und das halte ich doch für völlig falsch“, sagt… | |
entschieden. Allerdings wolle sie „wirklich niemanden persönlich | |
angreifen“. | |
Was die FlüchtlingshelferInnen ratlos und vielleicht wütend macht, stellt | |
sich für die von Krieg und Flucht teils schwer traumatisiert Jugendliche | |
erheblich problematischer dar. Der betroffene Jugendliche konnte sich dem | |
Konflikt an der Tür nicht stellen, sondern versteckte sich in der Nähe. | |
Der Sozialbehörde sind Probleme mit Sicherheitsdiensten bekannt. | |
„Beschwerden gibt es immer mal“, sagt Sprecher David Lukaßen. Oft gehe es | |
nur um ein Vergreifen im Ton. Aber wenn mehr dahinter stecke, werde | |
Personal abgezogen. Im Großen und Ganzen mache die Stadt aber gute | |
Erfahrungen mit der Security. „Kultursensibel“ seien die, sagt Lukaßen – | |
von Einzelfällen abgesehen. | |
Einzelfälle, wie es sie offenbar auf dem Stadtwerder gibt. Ausgerechnet vor | |
einer Unterkunft für Jugendliche. Sogar alkoholisiert sollen sie gewesen | |
sein. Träger der Einrichtung ist die Lothar Kannenberg-Akademie, die an | |
anderem Standort mit auffällig gewordenen Jugendlichen arbeitet. Der | |
pädagogischer Leiter Herbert Becker wollte sich zu den Vorwürfen nicht | |
äußern. Sein Chef Lothar Kannenberg war für die taz gar nicht erst | |
erreichbar. | |
Dass überhaupt Security an den Unterkünften steht, ist laut Sozialbehörde | |
ganz im Sinne der BewohnerInnen. Zum Schutz vor Anschlägen nämlich und | |
wegen Konflikten zwischen den Flüchtlingen. So etwa vor zwei Wochen bei | |
einer vermeintlichen Massenschlägerei in Habenhausen. Dort hatte das | |
Großaufgebot der Polizei dann zwar doch mehr Schaulustige als Schläger | |
vorgefunden, doch forderte Jochen Kopelke, Landesvorsitzender der | |
Gewerkschaft der Polizei, anschließend mehr private Sicherheitsdienste. Wie | |
die Sozialbehörde sprach er von einem Team, „das die kulturellen Eigenarten | |
der Bewohner kennt“ und Konflikte so schon am Anfang deeskalieren könne. | |
Zumindest im Umgang mit ehrenamtlichen FlüchtlingshelferInnen scheint das | |
nicht so recht zu gelingen. | |
2 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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