# taz.de -- Kommentar Bildung für Flüchtlinge: Is there anybody out there? | |
> Geschätzt 20.000 Lehrer müssten es sein, um alle Flüchtlingskinder | |
> angemessen zu unterrichten. Doch es fehlt schlicht an qualifiziertem | |
> Personal. | |
Bild: Flüchtlingskinder sollen in Deutschlernklassen gesonderte Sprachförderu… | |
Bildung ist der beste Schlüssel zur Integration. Darüber sind sich alle | |
einig: Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die Wissenschafts-AGs von | |
SPD und Grünen, die KultusministerInnen der Länder, Unirektoren und | |
Wirtschäftsverbände. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht irgendjemand seinen | |
Beitrag zur Integration vorstellt. | |
Endlich, so scheint es, haben alle Beteiligten verstanden, wie die | |
Mammutaufgabe, mindestens 800.000 Schutzsuchende in die deutsche | |
Gesellschaft aufzunehmen, gelingen kann: indem jungen wie erwachsenen | |
Asylsuchenden die Sprache vermittelt und Bildungschancen eröffnet werden. | |
In Rheinland-Pfalz sollen Flüchtlinge möglichst schnell ein technisches | |
Studium wieder aufnehmen können – die nachwuchsschwachen Unternehmen der | |
Region haben daran großes Interesse. Flüchtlinge mit Bleibeperspektive | |
sollen jetzt doch Integrationskurse besuchen dürfen – dann kann man ihnen | |
wenigstens gleich deutsche Werte vermitteln. Schulpflichtige | |
Flüchtlingskinder sollen in Deutschlernklassen gesonderte Sprachförderung | |
erhalten – aber möglichst parallel schon den normalen Unterricht besuchen. | |
So funktioniert die Integration am besten. Und damit ja auch die der | |
Eltern. | |
Doch bei den meisten Integrationsbemühungen lässt die Bundesregierung die | |
Länder im Stich. Mindestens 2,3 Milliarden Euro geben die Länder allein für | |
die Beschulung von Flüchtlingskindern in diesem und im vergangenen Jahr | |
aus. Zum Schulstart im Spätsommer haben sie damit 1.400 neue Lehrkräfte | |
angestellt. Doch das reicht nicht. Geschätzt 20.000 Lehrer müssten es sein, | |
um alle schulpflichtigen Flüchtlingskinder, die dieses Jahr in Deutschland | |
erwartet werden, angemessen zu unterrichten. „Wir fahren auf Sicht, wir | |
steuern in den Ländern ständig nach“, versichern die KultusministerInnen. | |
In Wahrheit fehlt es den Ländern schlicht an qualifiziertem Personal. Viele | |
Bundesländer erwägen schon den Einsatz von Lehrkräften im Ruhestand und von | |
StudentInnen. In Hamburg wurden schon rund 1.000 pensionierte | |
GymnasiallehrerInnen angeschrieben. In der Erwachsenenbildung sieht es | |
nicht besser aus: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat bereits | |
die Standards für die LehrerInnen von Integrationskursen abgesenkt, um | |
überhaupt noch Personal zu finden. Lehrkräfte, nach denen auch die Länder | |
händeringend suchen. | |
Dennoch steht im Grundgesetz ein widersinniges Kooperationsverbot: Der Bund | |
darf den Ländern kein Geld für neue LehrerInnen oder rasche | |
Qualifizierungsangebote zahlen. Das ist aber angesichts der | |
Integrationsherausforderung dringend geboten. | |
23 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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