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# taz.de -- AfD-Demonstration in Erfurt: „Schön Deutsch“
> In Erfurt nahmen 5.000 Menschen an einer AfD- Demonstration teil. Im
> Anschluss griffen Teilnehmer alternative Jugendliche an.
Bild: Auch ein paar Gegendemonstranten hatten sich versammelt
Hamburg taz | Der Angriff nach der AfD-Kundgebung „Thüringen und
Deutschland dienen – Asylchaos beenden!“ ging schnell. Nach der
Veranstaltung in Erfurt griffen rund 40 Rechtsextreme auf ihrem Weg zurück
zum Bahnhof zehn alternative Jugendliche an. Sie schlugen und traten auf
sie ein, die Angegriffenen versuchten, sich mit Stühlen aus einem nahe
gelegenen Lokal zu wehren und trugen leichte Verletzungen davon.
Einer der Angreifer wurde ebenfalls verletzt. Keine Stunde zuvor hatte der
AfD-Landtagsfraktionsvorsitzende und Anmelder der Kundgebung, Björn Höcke,
noch erklärt, ihre Teilnehmer seien friedlich, von ihnen gehe keine
Provokation aus.
Am frühen Mittwochabend waren in der thüringischen Landeshauptstadt rund
5.000 „Asylkritiker“ dem Aufruf der AfD gefolgt. Eine Woche zuvor hatten
sich schon 1.200 Anhänger der Partei versammelt. „Danke, dass Sie gekommen
sind, um ein klares Bekenntnis für unsere deutsche Heimat und gegen das
Asylchaos abzugeben. Lassen Sie uns gemeinsam der kommunistischen
Landesregierung und ihren willigen Erfüllungsgehilfen bei Presse, Funk und
Fernsehen zeigen, was das Volk wirklich bedrückt“, begrüßte der
stellvertretende Kreisvorsitzende der AfD-Nordhausen, Gerhard Siebold, die
Menge am Bahnhof.
Für ihn stellte sie die „Mitte der Gesellschaft“ dar. Doch nicht wenige
Teilnehmer zeichneten sich mit rechten Szenemarken aus und auch
einschlägige Tattoos, die die Nähe zum rechtsextremen Spektrum und
Hooligan-Milieu offenbarten, waren zu sehen. Anhänger der „Identitären
Bewegung“ trugen ein Transparent, auf dem sie den „Austausch“ der
Bevölkerung anprangerten. Vom Bahnhof aus bewegte sich die Menge Richtung
Staatskanzlei und skandierte dabei aggressiv „Wir sind das Volk“, „Merkel
muss weg“ und „Lügenpresse“.
Ein Plakat mit dem Cover des extrem rechten Magazins Compact zeigte eine
Fotomontage von Angela Merkel mit einem Kopftuch und dem Slogan „Mutti
Multikulti“. Auf einem großen Transparent wurde die linke
Landtagsfraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow als „Volks(ver)treter“
betitelt. Eine Gegenkundgebung wurde mit „Volksverräter“ beschimpft.
Insgesamt zählte die Polizei 520 Demonstranten.
## „Unheilbar krank“
Am Anger, dem zentralen Platz in der Innenstadt, drohte die Situation zu
eskalieren. Gegendemonstranten hatten die geplante Route blockiert.
„Nationalismus raus aus den Köpfen“, riefen sie. „Wir sind keine Nazis�…
hielten die Teilnehmer der Kundgebung dagegen. Noch während die
Polizeieinsatzleitung mit den AfD-Verantwortlichen verhandelte, riefen die
AfD-Anhänger „Räumen! Räumen!“. Keine zehn Minuten später drängten sich
mehrere Teilnehmer durch die lose Polizeikette und forderten die Menge auf,
ihnen zu folgen, um selbst die Blockade zu räumen. Die AfD-Verantwortlichen
konnten sie nur mit viel Mühe wieder in ihre Reihen zurückrufen.
Die AfD-Landtagsabgeordnete Corinna Herold wetterte gegen die „vielen Denk-
und Sprechverbote“, die Menge skandierte sogleich erneut „Lügenpresse!“.
„Wir müssen die Begriffsherrschaft der Alt-68er brechen“ schob sie unter
Applaus nach. 1990 sei sie als ehemalige DDR-Bürgerin glücklich gewesen,
einfach nur deutsch sein zu dürfen, mittlerweile habe sie das Gefühl, in
einer DDR 2.0 zu leben, sagte sie.
Lautstarker Applaus kam auf, als Björn Höcke das Mikrophon auf dem
Lautsprecherwagen ergriff. „Ich sehe nicht 1.000, 2.000, 3.000 Mutbürger,
sondern 5.000 Mitbürger“ rief er unter dem Jubel der Zuhörer und forderte
sie auf, „Wir sind das Volk“ zu rufen. „Erfurt ist schön deutsch und Erf…
soll schön deutsch bleiben“, fuhr er fort. In Anspielung auf
Bundesvizekanzler Sigmar Gabriel bekannte er, dass er an einer unheilbaren
Krankheit leide, dies sei „die reine, die ehrliche, bescheidene
Vaterlandsliebe“.
Der Bundeskanzlerin warf er vor, die Zukunft des Landes zu zerstören.
„Merkel muss weg“ erschallte es prompt erneut. „Wollen wir eine
multikulturelle Gesellschaft sein?“, fragte er die Menge, worauf ein lautes
„Nein“ erschallte. Für den kommenden Mittwoch ist der nächste Aufmarsch
geplant.
24 Sep 2015
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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Björn Höcke
Erfurt
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Schwerpunkt Landtagswahlen
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