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# taz.de -- Kritik an Islamkritik: Wenn Gymnasiasten Proleten tadeln
> Warum stoßen Bücher von Menschen, die unter dem Islam gelitten haben, auf
> die Ablehnung der Linken? Weiß es der weiße Mann besser?
Bild: Nicht ganz einfach: Kritik und Gegenkritik der Kritik und Kritik der Gege…
Nichts ist davon zu halten, wenn sich jetzt wahlkampfinteressierte
Politikerinnen wie Julia Klöckner (CDU) ereifern, dass ein Imam ihnen nicht
die Hand geben wollte. Das Publikum soll verstehen: Na, ist das etwa nicht
ein wenigstens teilweise obskurer Haufen, der da jetzt ins Land strömt? Die
Leutselige in der Pose der Zwietrachtsäerin also.
Ebenso wenig überzeugt als Beitrag zu einem guten Leben in diesem Land,
wenn manche die Idee hegen, an Flüchtlinge, womöglich schon durch ihre
Schlepper, eine Ausgabe des Grundgesetzes auszuhändigen. Sollen bloß gleich
die Geschäftsbedingungen kennenlernen – was dann wie eine Drohung klingt,
nicht wie eine Verführung zu einer freiheitlichen Lebensweise.
Auch ist es ganz unnötig, dass Flüchtlinge die gleichgeschlechtliche Ehe
verstehen müssen. Ist dafür nicht noch Zeit? Abgesehen davon zeigt diese
Haltung, wie sehr die Belehrung und weniger das Miteinander geschätzt wird.
In diesen Tagen und Wochen der Zufluchtsuche Tausender in Deutschland zählt
dies zu den wichtigsten Tugenden: mal die Kirche im Dorf zu lassen.
Unschön ist es gleichwohl in puncto Belehrung, wenn ein muslimisch
geprägter Autor wie Hamed Abdel-Samad [1][ein Buch veröffentlicht,] das
„Mohamed, eine Abrechnung“ betitelt ist und er durch die Kritik eine fast
durchweg ablehnende Haltung erfährt. Durch das Bad der Kritik muss jede*r
Autor*in, aber es fällt auf, dass dieser neudeutsche Bürger besonders
harsches Urteil auf sich zieht. Gar Rassismus wird ihm attestiert: Weil er
pauschalisiert, weil er nicht balanciert politische Sünden des Christentums
miterörtert und obendrein den Koran missverstanden habe.
Auffällig am Stil der Kritik ist ein fast körperlich spürbarer Widerwillen
von Rezensenten, sich mit einem möglicherweise akademisch weniger
versierten Mann zu beschäftigen. Die Urteilskraft der Besprechungen
schmeckt, so gesehen, wie der Tadel von Gymnasiasten Proleten gegenüber:
ganz von oben herab.
In der Tat liest sich Abdel-Samads Text vergröbernd und bisweilen hitzig.
Weshalb aber nahm kein Rezensent die Mühe auf sich, (am besten: sich) die
Frage zu stellen, ob der Autor nicht ziemlich gute Gründe hat, die Welt zu
sehen, wie er sie sieht: nicht gerade islamfreundlich.
Weshalb sollte er es auch? Kann der Mohamed-Kritiker nicht auf das Massaker
an Journalisten bei Charlie Hebdo verweisen und auf die Tötung von Juden in
einem Pariser Supermarkt? Ist es nicht verständlich, dass, allein schon
seiner Biografie wegen, dieser Buchautor ernst zu nehmen ist?
Der Modus der pädagogisch vorgetragenen Rüge hat schon andere getroffen,
und stets waren es, von linker Seite, Frauen (und wenige Männer), die einen
gewissen Schmusipusi-Kurs mit dem Islam nicht mitmachen wollten, weil sie
unter islamisch begründete Taten und Verhältnissen litten?
## Die falsche Botschaft?
Weshalb trifft die linke Fatwa eigentlich so oft Frauen wie Seyran Ates,
Necla Kelek, Ayaan Hirsi Ali oder einen Mann wie Ralph Ghadban – nur weil
sie nicht der Logik trauen, dass Kritik am Islam schlechthin Rassismus
befördert?
Aber, zugegeben, manche Bücher genannter Männer und Frauen sind schon
starker Tobak. Doch vielleicht sind sie es gerade deshalb, weil die linke
Community, bereit, jede*n Migrant*in als Freiheitskämpfer*in zu begrüßen,
sie und ihre Befunde nicht ernst nehmen. Mehr noch: Sie gar zurückweisen.
Kurzum: Frauen wie Ates, Kelek und jetzt der Mann Abdel-Samad müssten doch
gehört werden, gerade von Linken und Alternativen, die ein buntes Land
wollen.
Gälte es nicht besonders, ihnen und ihren Geschichten sich zuzuwenden – und
sie nicht vom Platz zu stellen, weil einem die Botschaft nicht passt, die
sie mitzuteilen haben?
Im Übrigen wandern aktuell Menschen nach Deutschland ein, die religiösen
und mafiösen Höllen entkommen sind. Sie wissen, was sie an Deutschland
haben möchten: Privatheit, Ruhe, ein gutes Leben. Wie sagte ein junger
Syrer ins Mikro der „Tagesschau“ neulich, gefragt, was er von
Frauengleichberechtigung hält: „Ungewohnt, klar, aber das geht schon. Wenn
das hier so ist, ist das okay so.“ Echter ist das nicht zu haben.
7 Oct 2015
## LINKS
[1] /Buch-ueber-den-Propheten/!5234565/
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Hamed Abdel-Samad
Islam
Salafismus
Hamed Abdel-Samad
Muslime
Islamismus
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