# taz.de -- Intrigen bei Hansa Rostock: Überall nur Krawallbrüder | |
> Der Klubchef von Hansa Rostock will mit Hilfe eines Investors und der | |
> Ultras den Verein sanieren. Daraufhin wird er zum Rücktritt gezwungen. | |
Bild: Michael Dahlmann (Mitte) steht Anfang Oktober vor der geschlossenen Gesch… | |
Das Ostderby gegen Dynamo Dresden hat der F. C. Hansa Rostock am Samstag im | |
eigenen Stadion mit 1:3 verloren. Dem ungeschlagenen Spitzenreiter der | |
Dritten Liga bot Hansa zwar lange Paroli, doch am Ende fehlte es vor allem | |
an der eigenen Durchschlagskraft. Immerhin: Anders als beim | |
vorausgegangenen Heimspiel gegen Magdeburg blieb es auf den Rängen | |
friedlich. | |
Doch das Geschehen im Ostseestadion ist in diesen Tagen beim noch immer | |
gefühlten Bundesligisten zur Nebensache geworden. Aufgeführt wird | |
stattdessen ein Stück voller Intrigen über die geplante Ausgliederung der | |
Profiabteilung, einen strippenziehenden Investor, geleakte E-Mails, | |
Strafanzeigen und Ultras, die angeblich kurz vor der Übernahme des Vereins | |
stehen – zusammengefasst: ein Stück, an dessen Ende der Untergang des F. C. | |
Hansa stehen könnte. | |
Eskaliert war die Situation am Donnerstag. Zunächst hatte die | |
Staatsanwaltschaft die Geschäftsstelle des Klubs über Nacht verriegeln | |
lassen, dann trat der seit Anfang 2013 amtierende Vorstandsvorsitzende | |
Michael Dahlmann von seinem Amt zurück. Die Rostocker | |
Bürgerschaftsabgeordnete Sybille Bachmann hatte ihn wegen Veruntreuung von | |
Vereinsvermögen angezeigt, Hansas Aufsichtsratsvorsitzender Harald Ahrens | |
hatte die Anschuldigungen [1][in einem Interview mit der Ostsee-Zeitung | |
gestützt]. | |
Hintergrund der Auseinandersetzungen ist die geplante Überführung der | |
Profiabteilung des Vereins in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien. Dieser | |
Schritt war notwendig geworden, als im Mai die Lizenzauflagen für die | |
Saison nur durch einen Millionenkredit des Potsdamer Immobilienunternehmers | |
Rolf Elgeti erfüllt werden konnten. Elgeti forderte im Gegenzug die | |
Ausgliederung der Profiabteilung, um selbst 45 Prozent der Vereinsanteile | |
übernehmen zu können; versprach aber darüber hinaus, sich nicht in die | |
Vereinspolitik einmischen zu wollen. | |
## Elgeti galt als Gönner | |
Die Besiegelung des Vereinsumbaus soll auf einer Mitgliederversammlung | |
Anfang November erfolgen. Selbst die Ultras, die einen beträchtlichen | |
Anteil der mehr als 10.000 Vereinsmitglieder ausmachen, haben ihre | |
Zustimmung signalisiert. Auch deshalb, weil Elgeti, der seit Jahren | |
Vereinsmitglied ist, vielen mehr als Gönner denn als skrupelloser | |
Geschäftemacher erschien. | |
Um den zweiten Teil des Deals zwischen dem Verein und seinem „strategischen | |
Investor“ ist jedoch der Streit entbrannt. Elgeti hat die Verbindlichkeiten | |
von über 20 Millionen Euro, die die vereinseigene Stadiongesellschaft bei | |
der Deutschen Kreditbank hatte, für 7,5 Millionen Euro übernommen. Ein | |
angekündigter Forderungsverzicht sollte dem Klub eine langfristige | |
Erleichterung der Schuldenlast bringen. | |
Vorwürfe von Ahrens und Bachmann legen aber nahe, dass sich Elgeti und | |
Dahlmann auf einen Kreditvertrag von ebenfalls über 20 Millionen Euro | |
geeinigt haben, in dem keinerlei Erleichterungen festgeschrieben sind – und | |
das ohne Mandat und Kenntnis des Aufsichtsrats. Für Ahrens steht fest: | |
Dahlmann sei es „ziemlich peinlich, wie er über den Tisch gezogen worden | |
ist“. Überdies wirft Bachmann dem Investor vor, massiv Einfluss auf die | |
Satzung der neuen Kommanditgesellschaft zu nehmen, dort etwa das Recht auf | |
den Handel mit Grundstücken und die Beteiligung an Unternehmen | |
festschreiben lasse. | |
## Mit Rückhalt der Ultras | |
Der zurückgetretene Vorstandsvorsitzende Dahlmann dagegen bestreitet | |
vehement, vereinsschädigend gehandelt zu haben. Und Elgeti versichert | |
weiterhin, auf einen Teil der Forderungen zu verzichten; interveniert | |
jedoch zunehmend in die Vereinspolitik. Wie die Bild-Zeitung berichtete, | |
soll er dem Verein vor einiger Zeit einen Schuldenerlass von 8 Millionen | |
Euro für eine Vertragsverlängerung mit Dahlmann angeboten haben. Die | |
Offerte wurde durch Ahrens und Co. ausgeschlagen. | |
In einem Brief an die Vereinsmitglieder vom Donnerstag bekräftigt Elgeti | |
seine Ankündigungen unabhängig von der Personalie Dahlmann: „Substanzielle | |
Forderungsverzichte sind besprochen und können unmittelbar nach der | |
Ausgliederung umgesetzt werden.“ Obendrein fordert er Ahrens zum Rücktritt | |
auf und kündigt selbst seine Kandidatur für den Aufsichtsrat an. | |
Auf den Rückhalt der Ultras kann er sich verlassen. Mehrfach meldete sich | |
Elgeti am Wochenende in einem Fanforum zu Wort, erläuterte seine Pläne und | |
den Stand der Verhandlungen – und erntete dafür viel Zustimmung. Ein ebenso | |
hohes Ansehen genießt Dahlmann, der einen intensiven Kontakt zu Vertretern | |
der Fanszene pflegt. Das belegen interne Mails, die der NDR und [2][die | |
Ostsee-Zeitung kurz vor seinem Rücktritt veröffentlicht hatten.] Aus ihnen | |
geht hervor, wie Dahlmann bei Vertretern der Ultras um Rat fragte, mit | |
welcher Strategie er in die nächste Aufsichtsratssitzung gehen solle. Der | |
simple Tenor der Berichterstattung: Dahlman liefere den Verein an | |
„Krawallbrüder“ aus (NDR). | |
Die aufgeführte Tragödie in Rostock kennt vorerst keine Helden. | |
Leidtragender ist der Verein, der, wie jetzt bekannt wurde, auch in dieser | |
Saison auf ein Minus von 3 Millionen Euro zusteuert. Der andauernde | |
finanzielle Niedergang, der mit dem Engagement Elgetis beendet werden | |
sollte, scheint nicht aufzuhalten zu sein. Jedenfalls nicht von den | |
handelnden Akteuren. | |
5 Oct 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ostsee-zeitung.de/Region-Rostock/Rostock/Hansa-Skandal-Aufsichts… | |
[2] http://www.ostsee-zeitung.de/Region-Rostock/Rostock/Sport-Rostock/FC-Hansa/… | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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