# taz.de -- Internationaler Fußballclub Rostock: „Unser Name ist ein Stateme… | |
> Er kickt in der Theodor-W.-Adorno-Kampfbahn und steht in einer Tradition | |
> von 1899. Der linke FC Rostock kämpft sich durch die Kreisklasse. | |
Bild: Kicken auf Blitzeis: der IFC zum Gastspiel in Berlin | |
ROSTOCK/BERLIN taz | „Was wir über den IFC herausfanden, war ziemlich | |
geil“, sagt Eike Dettmann. Er ist Torwart und Vizepräsident des | |
Internationalen Fußballclubs Rostock, und sein IFC hat zwei Geburtsjahre: | |
2015 und 1899. | |
1899 war die Gründung notwendig, weil Ausländer einen Verein brauchten, in | |
dem sie Fußball spielen konnten. Und 2015 hat es eine Gründung gebraucht, | |
denn kurz zuvor war ausgerechnet die Bundeswehr als Sponsor in den | |
Lieblingsklub der linken Szene Rostocks eingestiegen, den Rostocker FC. „Es | |
waren enttäuschte RFCler, die den IFC gegründet haben“, erzählt Dettmann. | |
Die Geschichte des IFC konnte beginnen – ganz unten, in der 2. Kreisklasse | |
Herren; derzeit liegen sie im Mittelfeld. Doch der IFC ist auch außerhalb | |
von Mecklenburg-Vorpommern begehrt. Im Februar war er mit etwa 20-köpfigem | |
Anhang nach Berlin gereist, um sich beim „Blitzeisturnier“ für die | |
Rückrunde vorzubereiten. Das heißt so, weil es oft noch glatt ist, wenn | |
Hansa 07, ein Kreuzberger Verein mit ähnlichem Image, es veranstaltet. Der | |
IFC konnte eines seiner drei Spiele gewinnen. | |
Im Tor stand Eike Dettmann, und auf dem Feld fanden sich auch drei junge | |
Männer aus Gabun. Einer ist Demba, der das einzige Tor des IFC | |
vorbereitete. „Es gefällt mir gut beim IFC“, sagt Demba. Seit einem Jahr | |
ist er in Deutschland, lebt in einem Flüchtlingslager, und dass er beim IFC | |
landete, ist gut für beide Seiten. | |
Der IFC bemüht sich um geflüchtete junge Männer, etwa mit der Aktion „Bring | |
your Shoes“, bei der Fußballstiefel gesammelt werden. „Viele absolvieren | |
das Training in ihren Straßenschuhen“ heißt es im Aufruf. Die Aktion ist | |
erfolgreich; sie hilft dem IFC, sich zu etablieren. | |
## Keine Selbstverständlichkeit | |
Selbstverständlich war das nicht, als der Klub neu gegründet wurde. „Wir | |
haben lange diskutiert“, erinnert sich Dettmann. „Machen wir etwas Neues | |
oder steigen wir irgendwo ein?“ Die Antwort lautete: Beides, etwas Neues, | |
das es schon gab. Der Historiker Heiko Meuser hatte den Tipp gegeben. „Der | |
kam rein und sagte: Hier, ich habe was gefunden, das könnten wir doch | |
machen.“ | |
Der Internationale Fußballclub Rostock wurde ins Vereinsregister | |
eingetragen und beim Deutschen Fußball-Bund angemeldet. „Mit dem Namen | |
konnten wir uns identifizieren“, sagt Dettmann. „‚International‘ ist ja… | |
Statement.“ Andere Namen wurden auch diskutiert, „aber so etwas wie ‚Roter | |
Stern‘ hätte vielleicht einige abgeschreckt“. | |
Vom FC Internationale Berlin, der auch beim Blitzeisturnier dabei war, | |
kommt die Idee, einmal ein Turnier mit möglichst vielen Klubs, die | |
„International“ im Namen tragen, zu veranstalten. „Das sind bestimmt über | |
zwölf“, sagt Gerd Thomas, Vizepräsident des Berliner Vereins, der sich 1980 | |
gründete und Widerstände im DFB überwinden musste, um mitspielen zu dürfen. | |
In Rostock diskutierten sie lange, ob sie wirklich in den DFB-Ligabetrieb | |
sollen. „Hier gibt es auch eine Straßenliga“, erzählt Dettmann. „Aber w… | |
wollten rein in den DFB und schauen, welchen Spielraum wir haben.“ | |
Bisherige Bilanz: „Es hat sich gelohnt, definitiv.“ | |
## Teilhabe für alle | |
Der Ansatz passt zum Klubnamen. Meuser, der Historiker, hatte ja den | |
Hinweis gegeben, dass es in Rostock schon einmal einen IFC, einen | |
Internationalen Fußball-Club, gegeben hatte. Genaugenommen nur von 1899 bis | |
1914, dann ging der Klub in anderen Rostocker Vereinen auf. Warum die | |
Fusion erfolgte, ist unklar. „Am Vorabend des Ersten Weltkrieges war es | |
wohl nicht mehr angesagt, International im Namen zu führen“, vermutet | |
Meuser. | |
Aber die ersten Jahre des alten IFC passen zu denen des heutigen IFC. Der | |
Historiker Meuser: „Das Besondere war, dass der Großteil, wenn nicht sogar | |
alle der ersten Spielergeneration Ausländer waren, die sich zu Studien- | |
oder Lehrzwecken für einen bestimmten Zeitraum in Rostock aufhielten.“ Eike | |
Dettmann ergänzt: „Der erste Kapitän des IFC war Pablo Barriero, ein | |
Hafenarbeiter.“ Und über John Boyes, den Klubgründer, haben seine | |
Nachfolger herausgefunden: „Der hat eine Pension betrieben, in der viele | |
Studenten lebten.“ | |
Sporthistorisch spannende Details wurden bei der Recherche gefunden: Das | |
Logo des Klubs zeigt eine Frau, die Fußball spielt. „Das ist von 1910, und | |
wir finden das gut“, sagt Dettmann. Gefunden haben sie es nicht beim alten | |
IFC, sondern bei einem der Vereine, mit denen ihr Vorgängerklub später | |
fusionierte. Selbstverständlich soll bald ein Frauenteam aufgestellt | |
werden. | |
Was Boyes, Barriero und die ersten Rostocker Internationalen antrieb, ist | |
heute noch wichtig: Teilhabe am Sport für alle. Daher empfindet es beim IFC | |
auch niemand als Politisierung des Fußballs, wenn sich der Klub gegen | |
Rassismus engagiert. Nach einem Kreisklassespiel wird etwa dem 2004 vom | |
Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) ermordeten Rostocker Mehmet Turgut | |
gedacht, und in Berlin stellte sich die Mannschaft zum Foto hinter ein | |
Transparent: „Linke Zentren verteidigen!“ | |
Für ein besonderes Symbol ist der Verein übrigens gar nicht verantwortlich. | |
Wer im Internet nach dem Platz des IFC sucht, bekommt | |
„Theodor-W.-Adorno-Kampfbahn“ angezeigt. „Das ist nicht von uns, das hat | |
irgendjemand bei Google so eingetragen“, erklärt Eike Dettmann. „Aber wir | |
finden das cool.“ | |
25 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
Dirk Dumke | |
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