| # taz.de -- Unbekannte Menschenart entdeckt: Wir in früher | |
| > Vermutlich ein guter Kletterer mit kleinem Gehirn: Homo naledi. In | |
| > Südafrika wurden Überreste einer womöglich bisher unbekannten Menschenart | |
| > gefunden. | |
| Bild: Eine Auswahl der mehr als 1.550 Teile, die gefunden wurden. | |
| Leipzig dpa | In einer Höhle in Südafrika wollen Forscher die Überreste | |
| einer bislang unbekannten Menschenart entdeckt haben. Dem ausgestorbenen | |
| Verwandten des modernen Menschen gaben sie den Namen Homo naledi. Wie alt | |
| die Fossilien von mindestens 15 Individuen sind, sei noch nicht genau | |
| geklärt, schreibt das internationale Team im Fachblatt eLife. Die | |
| Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Frühmenschen ihre Toten beerdigt | |
| haben. Ein Züricher Experte sieht die Interpretationen der Forscher indes | |
| kritisch. | |
| Die Überreste der Art gehören zu einem umfangreichen Fund von Fossilien, | |
| den Forscher der südafrikanischen University of the Witwatersrand 2013 | |
| machten. Beteiligt waren auch zwei Forscher des Max-Planck-Instituts (MPI) | |
| für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Geborgen seien bislang mehr als | |
| 1.550 Teile – wie viele noch in der Höhle liegen, sei unklar, sagte eine | |
| Sprecherin des MPI. Für die Bergung waren besonders schlanke Helfer nötig: | |
| Die Fossilien lagen in einer abgelegenen Kammer der Höhle, die nur über | |
| eine sehr schmale Rinne zugänglich war. | |
| Wegen des Fundorts nehmen die Forscher an, dass die Toten bewusst abgelegt | |
| wurden. Dass Verstorbene bestattet werden, galt bislang als Ritual des | |
| modernen Menschen, Homo sapiens. Doch andere Szenarien seien wohl | |
| ausgeschlossen, hieß es. Da die Knochen relativ unbeschadet sind, sei | |
| unwahrscheinlich, dass Raubtiere oder Wasser die Körper in die Kammer | |
| befördert haben. Die wenigen nichtmenschlichen Fossilienteile dort stammen | |
| demnach von zufällig in die Kammer geratenen Mäusen und Vögeln. | |
| Besonders erfreulich für die Wissenschaft: In der Kammer fanden sich fast | |
| alle Knochen mehrfach, berichtet Teamleiter Lee Berger. Daher sei Homo | |
| naledi der Wissenschaft schon jetzt besser bekannt als alle anderen | |
| fossilen Vertreter der menschlichen Abstammungslinie. Er war demnach etwa | |
| 1,50 Meter groß und wog 45 Kilogramm. Einen „sehr grazilen Körperbau“ | |
| bescheinigen ihm die Forscher – und ein nur etwa orangengroßes Gehirn. | |
| Homo naledis Schädel, Zähne, Schultern und Becken ähnelten zwar den | |
| frühesten Vertretern unserer Gattung. In anderen Punkten sahen die Forscher | |
| aber auch „überraschend menschenähnliche“ Eigenschaften: Die Füße etwa | |
| seien kaum von denen eines modernen Menschen zu unterscheiden. Mit den | |
| Händen war er wohl geschickt genug, um Werkzeuge zu benutzen. Die | |
| vergleichsweise stark gebogenen Finger deuteten zudem darauf hin, dass Homo | |
| naledi klettern konnte, erklärt die Paläo-Anthropologin Tracy Kivell vom | |
| MPI für evolutionäre Anthropologie. | |
| ## Tolle Geschichte auf tönernen Füßen | |
| „Das Material ist fantastisch“, sagte der Anthropologe Christoph Zollikofer | |
| von der Universität Zürich zu dem Fund. „Die daraus abgeleiteten zwei | |
| Hauptthesen allerdings sind fragwürdig.“ Dass eine neue Art gefunden wurde, | |
| die zudem auch noch ihre Toten beerdigte, sei eine tolle Geschichte – die | |
| aber auf tönernen Füßen stehe. „Einer wissenschaftlichen Überprüfung hä… | |
| das nicht stand.“ | |
| Die Knochen zeigten „verblüffende Übereinstimmungen“ zu denen, die bei | |
| Fossilien des frühen Homo erectus in Georgien gefunden wurden – etwa bei | |
| Beinen und Füßen. Wahrscheinlich seien die Knochen aus der Höhle dieser Art | |
| zuzuordnen, vermutet Zollikofer. | |
| Auch an der These, es habe eine Art Bestattung der Toten gegeben, zweifelt | |
| der Züricher Forscher. „Seit deren Tod ist extrem viel Zeit vergangen, auch | |
| relativ unwahrscheinlich Wirkendes kann in so langer Zeit passieren.“ Das | |
| habe sich schon bei anderen zunächst spektakulär wirkenden Fundsituationen | |
| gezeigt. Es sei fatal, Hinweise so vorschnell überzuinterpretieren. | |
| Der Name der möglichen neuen Art ist eine Hommage an den Fundort: Die Höhle | |
| heißt „Rising Star“, aufgehender Stern. Und „Naledi“ bedeutet in der in | |
| Südafrika regional gesprochenen Sprache Sesotho „Stern“. | |
| 10 Sep 2015 | |
| ## TAGS | |
| Wissenschaft | |
| Menschen | |
| Anthropologie | |
| Evolution | |
| Menschenaffen | |
| Menschenaffen | |
| Neandertaler | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Evolutionsgeschichte des Menschen: Urzeitliche Inselbewohner | |
| Der Fund einer neuen hominiden Spezies gilt als eine der wichtigsten | |
| Entdeckungen der letzten Jahre. Er stellt die Evolutionsgeschichte infrage. | |
| Sachbuch über Menschen und Affen: Bunte Mischung der Kooperation | |
| Was trennt den Menschen vom Affen? Zu dieser Frage legt Michael Tomasello | |
| in seiner „Naturgeschichte des menschlichen Denkens“ Neues vor. | |
| Von Menschen und Menschenaffen: Wie wir unsere Nächsten lieben | |
| Erheben sich Gorillas in ihren Sternstunden tatsächlich auf das Niveau | |
| eines Aushilfshausmeisters? Und soll es ein Grundrecht für Menschenaffen | |
| geben? | |
| Der Mensch und seine Vorfahren: Die Ururenkel der Neandertaler | |
| Die Genom-Sequenzierung archaischer Menschenformen boomt. Mit neuen | |
| Techniken kommt Licht in die Evolutionsgeschichte des Menschen. |