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# taz.de -- Devote Doku über Beckenbauer: Ein Geschenk der ARD
> Der Kaiser wird 70. Das Erste zeigt Sonntag eine Doku über Beckenbauer,
> die in devoter Kritiklosigkeit dem Leben des großen Sportlers nicht
> gerecht wird.
Bild: Gerade bei einem Kaiser hätte die ARD ruhig mal kritischer sein können.
Kennen Sie Match Attax? Das sind Bundesliga-Sammelkarten. Naja, eigentlich
sind die Karten nicht nur zum Sammeln, sondern auch zum Spielen: Jeder
Fußballer hat dafür je einen Wert für seine Abwehr- und seine
Angriffsstärke zwischen 1 und 100 aufgedrückt bekommen. Es gibt diese
Karten auch von Bundesligalegenden. Lothar Matthäus (Abwehr 80/Angriff 100)
ist dabei, Horst Hrubesch (15/89), Günter Netzer (28/92) – und natürlich
Franz Beckenbauer. Sein Abwehrwert: 101. Sein Angriffswert: 101. Ein
Übermensch.
Und dieser Übermensch wird am kommenden Freitag 70 Jahre alt. Die ARD
beschenkt ihn am Sonntag mit einer 90-Minuten-Doku: „Fußball – ein Leben:
Franz Beckenbauer“ (21.45 Uhr). „Schon mal vormerken!“, schrieb Marcus
Höfl, der Manager von Beckenbauer, am Donnerstag bei Twitter. Das ließ
Schlimmes erahnen.
Regisseur Thomas Schadt hat Beckenbauer begleitet: nach Giesing, ins
Münchener Olympiastadion, an die Säbener Straße, in die Allianz Arena, nach
Salzburg, nach New York. Verwoben wird das Ganze mit historischen Szenen.
Streng chronologisch. Beckenbauer, der Bub; Beckenbauer, der Spieler bei
der WM 1966 in England; Beckenbauer bei den Bayern, „Gute Freunde kann
niemand trennen“; Beckenbauer bei der WM 1974, „Fußball ist unser Leben“;
Beckenbauer als Trainer bei der WM 90 in Italien, „Wir sind schon auf dem
Brenner“; Beckenbauer als WM-2006-nach-Deutschland-Holer.
Was fehlt: Beckenbauer als Lobbyist für russisches Gas; Beckenbauer, wie er
keine Sklaven in Katar sieht; Beckenbauer, wie er tatsächlich an den
Strippen zieht, die es bedarf, um eine WM-Vergabe für sich zu entscheiden.
## Der Fragenkatalog der Fifa-Ethikkommission
Der einzige Kante, die dieser Film aufweist, ist die Frage, warum
Beckenbauer den Fragenkatalog der Fifa-Ethikkommission nicht beantwortet
habe (wofür er kurz nach Beginn der WM 2014 von der Fifa für 90 Tage von
allen Fußballaktivitäten ausgeschlossen worden war). Die Antwort geben
Manager Höfl (“Wenn ihm etwas unlogisch erscheint, dann tut er es nicht“)
und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: „Der einzige Fehler, den Franz
gemacht hat, war, dass er der Aufforderung nicht nachgekommen ist, diesen
Fragenkatalog der Ethikkommission auszufüllen, ansonsten hat er sich nichts
zu Schulden kommen lassen.“
Nicht wundern, dieser Niersbach ist tatsächlich derselbe, der im
Fifa-Exekutivkomitee sitzt und Pläne entwirft und Sonntagsreden darüber
hält, wie der Fußballweltverband nach seinen diversen Bestechungsskandalen
erneuert werden und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen kann.
Doch all diese Ungereimtheiten legt der Film nicht offen, er bleibt glatt
und weich. Er zeigt das Sonntagskind Beckenbauer (“Alle Sonntage der Welt
sind in mir vereint“). Das fängt im Kleinen an, wenn der Franz an der
Allianz Arena ankommt und selbstverständlich keinen Parkausweis vorzeigen
muss, und hört im Großen auf, wenn Beckenbauer erzählt, wie Bundeskanzler
a.D. Gerhard Schröder und er einst Bruderschaft tranken, eine Zigarre
rauchten – und dafür den damaligen Uno-Generalsekretär Kofi Annan warten
ließen.
## Trotz allem eine außergewöhnliche Persönlichkeit
Der Kaiser war ein großer Sportler, er ist eine außergewöhnliche, eine
charmante Persönlichkeit. Er hätte ein tiefergehendes Portrait verdient
gehabt: eines, das ihn mit all seinen Brüchen und Widersprüchen ernst
nimmt. Eine Auseinandersetzung mit seiner Person, wie er sie übrigens
selbst einst forderte. 1980, kurz vor seinem Wechsel von Cosmos New York
zum Hamburger SV, sagte Beckenbauer: „Dass die Leute skeptisch sind, das
erwarte ich von den Leuten. Dass sie kritisch sind, das sollen sie sein.
Von Vorschusslorbeeren halte ich gar nichts.“ Dieses Zitat zeigt der Film
sogar, aber leider fühlten sich die Macher nicht angesprochen.
Stattdessen darf der Übermensch Beckenbauer gänzlich unentzaubert plappern:
„Unser Sonnensystem ist rund, die Erde ist rund, der Mond ist rund, die
Planeten ist rund. Diese Form ist göttlich. Und deswegen ist der Fußball so
entstanden.“ In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, Kaiser Franz!
Sonntag, 6.9., 21.45 Uhr, ARD, „Fußball – ein Leben: Franz Beckenbauer“
5 Sep 2015
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Franz Beckenbauer
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Dokumentation
Franz Beckenbauer
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Fußball
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