# taz.de -- Arbeitskampf in Israel: Christliche Schulen im Streik | |
> Das Erziehungsministerium kürzt Christen seit fast fünf Jahren Geld. | |
> Muslimische Schulen verhalten sich nun solidarisch. | |
Bild: Vor dem Streik: arabisch-israelische Kinder mit ihrem Lehrer in der Stadt… | |
JERUSALEM taz | Seit Beginn des neuen Schuljahrs streiken die christlichen | |
Schulen in Israel. Ein Ende ist nicht in Sicht. Rund 33.000 Schüler, ihre | |
Eltern und Lehrer protestieren gegen die Kürzungen der staatlichen | |
Zuwendungen für ihre zwar anerkannten, aber nichtöffentlichen | |
Lehreinrichtungen. | |
„Nur noch knapp ein Drittel der Unterrichtskosten trägt der Staat“, | |
schimpft Franziskanerpater Abdel Masih Fahim, der für die Schulen | |
verantwortlich ist, gegenüber der taz über die schrittweisen Streichungen | |
in den vergangenen fünf Jahren. | |
Aus Solidarität mit den Christen streikten diese Woche auch die | |
muslimisch-arabischen Schulen in Israel. „Dies ist nicht allein das Problem | |
der Schulen, sondern hier geht es um die gesamte arabische Gemeinde“, | |
kommentierte Ali Salem, der Bürgermeister von Nazareth. | |
Ausreichend Geld wäre vorhanden. Die Tageszeitung Jedioth Ahronot | |
berichtet, dass das Erziehungsministerium nie reicher war als heute. Allein | |
die jüngste Aufstockung des Budgets habe umgerechnet rund eineinhalb | |
Milliarden Euro zusätzlich in die Haushaltskasse gebracht. Minister Naftali | |
Bennett vertritt mit seiner Partei „Das Jüdische Haus“ das | |
nationalreligiöse Lager. Israel jüdischer zu machen ist sein erklärtes | |
Ziel. | |
## Ultraorthodoxe Schulen werden voll finanziert | |
Kaum verwunderlich, dass er die zusätzlichen Gelder in Talmud-Schulen | |
investieren will und in die nationalreligiöse Erziehung. Auch an den | |
weltlichen Schulen sollen fortan verstärkt „jüdische Themen“ unterrichtet | |
werden. Dazu dürften Klassenfahrten zum Grab des Stammvaters Abraham in | |
Hebron gehören. Schon heute zeigen auch staatliche weltliche Schulen ihren | |
Zöglingen gern, wie es in Judäa und Samaria aussieht, dem noch besetzten | |
Westjordanland. | |
Die jüdischen ultraorthodoxen Schulen, die für den Staat schon deshalb ein | |
Problem sind, weil sie Fächer wie Mathematik und Englisch aussparen, werden | |
im Gegensatz zu den christlichen zu 100 Prozent finanziert. „Uns würde | |
ausreichen, wenn der Staat nur die Unterrichtskosten trüge, die Verwaltung | |
und Instandhaltung könnte man mit einem kleinen Schulgeld begleichen“, sagt | |
Pater Fahim. | |
Rund 20 Prozent der israelischen Bevölkerung sind Araber und 2 Prozent | |
Christen. Die 47 Schulen, die von den Kirchen geleitet werden und hohes | |
Ansehen genießen, stehen Christen wie Muslimen offen. „Jeder dritte | |
arabische Akademiker kommt von einer der Schulen, die die Regierung nun | |
auszu trocknen versucht“, erklärte der Abgeordnete Ayman Odeh, Chef der | |
Vereinten (arabischen) Liste in der Knesset. | |
## Kirchen drohen mit verschärftem Protest | |
Allein für Unterrichtskosten zu wären 300 Millionen Schekel (knapp 70 | |
Millionen Euro) nötig, „momentan bekommen wir nur 100 Millionen Schekel“, | |
sagt Pater Fahim. Das Erziehungsministerium streitet jede Diskriminierung | |
ab. In einer Stellungnahme heißt es, dass Israel alle „anerkannten, aber | |
nichtöffentlichen Schulen gleichberechtigt“ unterstütze. Weder im letzten | |
noch im neuen Schuljahr seien den christlichen Schulen staatliche | |
Zuwendungen gestrichen worden. | |
Kompromissvorschläge blieben bisher fruchtlos. Christliche Schulen lehnen | |
es ab, ins staatliche Schulsystem integriert zu werden, aus Sorge um die | |
„christlich-pädagogischen Werte“ und um das „Erbe der Schulen, das Hunde… | |
Jahre zurückreicht“, so Pater Fahim. „Alle unsere Schulen stecken in einem | |
tiefen Defizit“, berichtet der Franziskanerpater. Um stärkeren Druck auf | |
die Regierung auzuüben, erwägen die Kirchen nun, den Protest zu | |
verschärfen, indem sie die christlichen Pilgerstätten auf absehbare Zeit | |
für Touristen geschlossen halten. | |
10 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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