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# taz.de -- Klage wegen Loveparade: Kein Anspruch auf Entschädigung
> Sein Einsatz bei der Loveparade sei „wie im Krieg“ gewesen, sagt ein
> Feuerwehrmann. Er sei traumatisiert und könne nicht mehr arbeiten.
Bild: Der Feuerwehrmann S. kann seit der Loveparade nicht mehr arbeiten. Er ist…
Duisburg afp/dpa | Der frühere Duisburger Feuerwehrmann Ralf S. wirkt tief
betroffen, als er im ersten Loveparade-Prozess den entscheidenden Satz des
Vorsitzenden Richters vernimmt: „Wir sehen für Ihre Klage keine Aussichten
auf Erfolg“, sagt Richter Stefan Ulrich am Dienstag gleich um Auftakt der
mündlichen Verhandlung im Duisburger Landgericht.
90.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld will der bei der
Loveparade-Tragödie als Retter eingesetzte 53-jährige S. erstreiten – doch
die Hoffnung auf das Geld muss er nun wohl begraben, zumindest in der
ersten Gerichtsinstanz.
Ralf S. ist einer von derzeit 19 Menschen, die bislang wegen der
Loveparade-Tragödie mit 21 Toten vor gut fünf Jahren Zivilklagen bei dem
Duisburger Gericht eingereicht haben. Die Kläger machen geltend, dass sie
durch ihre Erlebnisse bei der Techno-Parade am 24. Juli 2010 traumatisiert
wurden und noch heute an den Folgen leiden. S. fordert Geld von der
Loveparade-Veranstalterfirma Lopavent, deren Geschäftsführer Rainer
Schaller und dem Land Nordrhein-Westfalen – aus Sicht des Landgerichts wohl
zu Unrecht, wie der Vorsitzende Richter am Dienstag deutlich macht.
Ein Beobachter des tödlichen Gedränges auf der Loveparade habe als
womöglich „mittelbar Geschädigter“ keinen Schadenersatzanspruch, legt
Ulrich die vorläufige Auffassung des Gerichts dar. Nach gängiger
Rechtsprechung sei die posttraumatische Belastungsstörung, unter der S.
nach eigenen Angaben leidet, „nicht einem Fehlverhalten der Beklagten
zuzurechnen“ – sondern im vorliegenden Fall dem „typischen Berufsrisiko“
eines Feuerwehrmannes. Letztlich sei die psychische Erkrankung des
53-Jährigen dessen „eigener Berufswahl“ zuzuschreiben.
## „Was auf der Loveparade passiert ist, war tragisch“
Diese klaren Worte des Richters will S. in der mündlichen Verhandlung nicht
unwidersprochen lassen. „Mir ist mein Berufsrisiko sehr bewusst“, sagt der
Duisburger an den Richter gewandt. Er sei zwar kein Jurist, aber solche
Gesetze könne er nicht verstehen, fügt der 53-Jährige hinzu. Schließlich
sei er am Tag der Tragödie in eine Veranstaltung hinein geschickt worden,
„in der es zu Toten und Verletzten kommen musste“.
Der Vorsitzende Richter zeigt zwar Verständnis für die tiefe Enttäuschung
des Ex-Feuerwehrmannes. Dessen Erkrankung nach dem Loveparade-Einsatz sei
„sehr tragisch“, sagt Ulrich. „Was auf der Loveparade passiert ist, war
auch sehr tragisch.“
Aber dann fügt der Zivilrichter hinzu: „Wir sind nicht berufen, uns mit
strafrechtlicher Verantwortung zu befassen.“ Dieser Satz könnte auch an die
Öffentlichkeit gerichtet sein. Denn viele hatten im Vorfeld des ersten
Loveparade-Zivilprozesses ein juristisches Spektakel erwartet, bei dem
endlich die Schuldigen an dem Desaster vor fünf Jahren benannt werden.
## Hoffnung auf ein Minimum gesunken
Dabei könnte letztlich nur ein Strafprozess die wahren Hintergründe der
Katastrophe aufklären – und ein solches Strafverfahren ist immer noch nicht
in Sicht. Zwar erhob die Staatsanwaltschaft im Februar 2014 Anklage gegen
sechs Bedienstete der Stadt Duisburg und vier Lopavent-Mitarbeiter. Die
Entscheidung des Duisburger Landgerichts über die Eröffnung des
Hauptverfahrens steht aber noch aus. Sollte es einen Strafprozess geben,
wird er wohl frühestens im Frühjahr 2016 beginnen können.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war die Loveparade in Duisburg völlig
falsch geplant und hätte nie genehmigt werden dürfen. Nicht ermittelt wurde
in dieser Frage gegen Lopavent-Geschäftsführer Schaller und Duisburgs
früheren Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), der die politische
Verantwortung für die Loveparade-Katastrophe nicht übernehmen wollte und im
Februar 2012 abgewählt wurde.
„Wir müssen im Zivilprozess nicht aufklären, wie es zu der Katastrophe
kommen konnte“, bekräftigt Richter Ulrich am Dienstag in der mündlichen
Verhandlung. Für den Ex-Feuerwehrmann S. bedeutet dies: Seine Hoffnung auf
ein positives Urteil am 5. Oktober ist zunächst auf ein Minimum gesunken.
1 Sep 2015
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