| # taz.de -- Feministin über Väter: „Papa-Bashing sorgt für Lacher“ | |
| > Väter sind keine Mütter zweiter Klasse, sagt die Autorin Barbara Streidl. | |
| > Das heutige Vaterbild gleiche oft einer Karikatur. | |
| Bild: Elternzeit für Väter: Zwei Monate sind mehr als null. | |
| taz: Frau Streidl, warum gibt eine Frau, die als Feministin und | |
| Alphamädchen bekannt wurde, nun öffentlich die „Männerversteherin“? | |
| Barbara Streidl: Ich habe zwei Söhne, die vier und sieben Jahre alt sind, | |
| und ich finde das Väter-Thema sehr wichtig. Die familienorientierten Männer | |
| sollten endlich aus dem Schatten treten – aus dem Schatten der | |
| übermächtigen „deutschen Mutter“, wie sie Barbara Vinken in ihrem Buch | |
| eindrücklich beschrieben hat. Väter sind keine Mütter zweiter Klasse. Das | |
| heutige Vaterbild gleicht häufig einer Karikatur. Neben der Mama-Huldigung | |
| sorgt ironisches Papa-Bashing immer noch für sichere Lacher. Papamonate und | |
| ein Vizekanzler, der zwölf Wochen Elternzeit genommen hat, haben daran | |
| wenig geändert. | |
| Der Anteil der Männer in Elternzeit ist seit Einführung der Vätermonate von | |
| 3,5 Prozent auf mittlerweile über 30 Prozent gestiegen. Doch Feministinnen | |
| sind davon bisher nicht allzu begeistert. | |
| Viele stören sich daran, dass drei Viertel der Väter „nur“ zwei Monate der | |
| bezahlten Elternzeit nutzen. Das seien „Mitnahmeeffekte“, weil der | |
| finanzielle Anspruch sonst verfalle. Ich finde, zwei Monate sind auch etwas | |
| wert – und besser als null Monate. Der Großteil der Väter möchte danach die | |
| Arbeitszeit reduzieren – und darum geht es doch eigentlich, die | |
| Betreuungszeit eines Kindes endet ja nicht mit eineinhalb Jahren. | |
| Liegen die Hindernisse für eine „neue Väterlichkeit“ nicht vor allem in d… | |
| Gesellschaft und in den Betrieben? | |
| Klar, es geht keineswegs nur um Mütter, die Erziehungsfragen allein | |
| entscheiden wollen. Nicht wenige Väter werden blockiert von sturen Chefs, | |
| die Kind und Karriere für unvereinbar halten. Aber einem Kind kann einfach | |
| nichts Besseres passieren als ein Vater, der Verantwortung übernimmt und | |
| nicht bloß Aufgaben. Wir müssen die verkrusteten Strukturen in der | |
| Arbeitswelt aufbrechen, in der Menschen mit Kindern teilweise betrachtet | |
| werden, als hätten sie eine unheilbare Krankheit. So wie Frauen an die | |
| gläserne Decke stoßen, weil sie im gebärfähigen Alter sind, stoßen Männer | |
| auf Vorurteile, wenn sie ihre Familienzeit im Betrieb geltend machen | |
| wollen. Wir leben in einer janusköpfigen Gesellschaft, die einerseits den | |
| angeblichen Gebärstreik der Akademikerinnen verurteilt, andererseits aber | |
| die betriebliche Familienfreundlichkeit nicht geschlechterübergreifend | |
| sichert. | |
| Auffällig in Ihrem Buch ist Ihr Verständnis für Scheidungsväter – das ist | |
| für Feministinnen ungewöhnlich. | |
| Ich lebe selbst in einer Patchworkkonstellation. Mein Partner hat zwei | |
| inzwischen erwachsene Kinder aus einer früheren Ehe. Ich habe meinen | |
| heutigen Mann als Vater kennengelernt. Seine sehr innige Beziehung zu | |
| seinen beiden Töchtern sind das Ergebnis harter Arbeit. Er hat darum | |
| gekämpft, auch nach der Trennung Vater zu bleiben. Die meisten | |
| Scheidungskinder wachsen bei ihren Müttern auf und sehen die Väter nur an | |
| den Wochenenden, in den Ferien oder noch seltener. Und das liegt nicht | |
| immer an den Vätern. Ich möchte einem gängigen Vorurteil widersprechen: | |
| Nicht alle Väter, die getrennt von ihren Kindern leben, weil die | |
| Beziehung zur Mutter gescheitert ist, haben diese zusätzliche Trennung | |
| gesucht. Sie haben sie in Kauf genommen. Deshalb sollten wir uns | |
| verabschieden vom Bild des verantwortungslosen Hallodris, der sich bei | |
| Nacht und Nebel davonstiehlt für neue, jüngere Beine und Brüste und seine | |
| Kinder dabei hinter sich lässt wie ein Paar löchrige Socken. | |
| 24 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Gesterkamp | |
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