# taz.de -- Pressekonferenz zum Thema Flüchtlinge: Merkel bleibt im Ungefähren | |
> Die Bundeskanzlerin verspricht in der Flüchtlingsfrage Hilfe für die | |
> Kommunen. Außerdem lobt sie die freiwilligen Helfer. | |
Bild: Angela Merkel (links) auf der Bundespressekonferenz. | |
BERLIN taz | Sechseinhalb Wochen hat es gedauert, bis Angela Merkel Zeit | |
für diese Pressekonferenz fand. Üblicherweise kommt die Kanzlerin kurz vor | |
dem Beginn der parlamentarischen Sommerpause in die Bundespressekonferenz. | |
Die „Kanzlerin-PK“ gilt als publizistisches Großereignis. In diesem Jahr | |
war das anders. Die bereits für den 17. Juli anberaumte Fragestunde wurde | |
wieder abgesagt. Angela Merkel hatte zu viel mit Griechenland um die Ohren. | |
An diesem Montag, dem 31. August, hat sich die Lage kaum verändert: Die | |
Kanzlerin hat immer noch viel auf dem Zettel, nur das Thema hat sich im | |
Laufe des Sommers geändert. Statt Eurorettungsfonds heißt es jetzt: Die | |
Flüchtlinge und der Umgang der Bundesregierung mit dieser Herausforderung. | |
Der Saal der Bundespressekonferenz ist bis auf den letzten Platz besetzt. | |
Die BerichterstatterInnen erwarten konkrete Ergebnisse. Am Abend zuvor | |
hatte sich Merkel mit den Unionsspitzen getroffen und mehr als vier Stunden | |
die aktuelle Situation besprochen. Und der Bundesfinanzminister hatte am | |
selben Tag gesagt: „Am Geld wird es nicht scheitern.“ | |
Mit Spannung wird also erwartet, ob Angela Merkel über kurzfristige | |
Lösungen spricht oder über das, was in nächster Zeit außer Zelten und | |
Dixi-Klos gebraucht wird: eine Antwort auf die Frage, wie Flüchtlinge | |
langfristig integriert werden sollen. Und vor allem: wer das bezahlt. Die | |
Kommunen, das ist offensichtlich, sind komplett überlastet. | |
## Keine Ost-West-Debatte | |
Aber die Kanzlerin bleibt vage. Zwar spricht sie von einer „großen | |
nationalen Aufgabe für eine längere Zeit“. Und sie verspricht Ländern und | |
Kommunen, dass der Bund finanziell „mehr tun“ werde. Zahlen nennt sie aber | |
nicht. Am 24. September werde es ein Bund-Länder-Treffen geben, erklärt | |
Merkel, dort werde man „schnell“ zu einem Ergebnis kommen. Der Bund werde | |
„seinen fairen Anteil leisten“. Erst später, auf beharrliche Nachfrage der | |
JournalistInnen, sagt die Kanzlerin, bei der Summe bewege man sich „nicht | |
im einstelligen Bereich“. | |
Angela Merkel nutzt die anderthalb Stunden in der Bundespressekonferenz | |
auch, um jene zu ermutigen, die helfen. „Deutschland ist ein starkes Land“, | |
sagt sie. „Wir schaffen das.“ Fremdenfeindliche Ausschreitungen seien durch | |
nichts zu rechtfertigen. Auf eine Ost-West-Debatte aber will sie sich nicht | |
einlassen, „die bringt uns überhaupt nicht weiter“. Aus ihrer Sicht geht es | |
darum, die Menschen, die sich Rechtsradikalen und Flüchtlingsgegnern | |
entgegenstellen, zu ermutigen. „Das kann in bestimmten Regionen wichtig | |
sein.“ | |
Gleichwohl legt sie noch einmal die harte Linie der Union gegenüber | |
sogenannten Westbalkan-Flüchtlingen dar. Sie spricht sich für beschleunigte | |
Verfahren bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen aus. Und für die, die | |
bleiben, verspricht sie eine „faire Kostenverteilung“ und nachhaltige | |
Integrationsleistungen. Um das zu erreichen, müsse sich auch die | |
Europäische Union „bewegen“. Merkel mahnt: „Versagt Europa in der | |
Flüchtlingsfrage, geht diese enge Bindung kaputt.“ | |
Und noch eine Botschaft hat sie: Das Einwanderungsgesetz, das die SPD und | |
Teile der CDU fordern, nennt sie „im Augenblick nicht vordringlich“. Das | |
wird Streit in der Koalition geben. | |
31 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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