# taz.de -- Kommentar Administrativhaft in Israel: Sich in die Freiheit hungern | |
> Die Administrativhaft ist sowieso umstritten. Ihre langfristige Anwendung | |
> wie im Fall Mohammed Allaan muss unbedingt gestoppt werden. | |
Bild: Ein Protest in Hebron gegen die Administrativhaft. | |
Der Hungerstreik des Palästinensers Mohammed Allaan muss in Verbindung mit | |
der in Israel viel zu verbreiteten Praxis der Administrativhaft gesehen | |
werden. Allaan stellt den Staat vor die Wahl: Entweder er wird sofort aus | |
der Haft entlassen, oder es wird ein Gerichtsverfahren gegen ihn | |
eingeleitet. | |
Mohammed Allaans Forderung ist berechtigt. Kein anderes Ziel verfolgten die | |
palästinensischen Häftlinge, die vor Allaan in einen dauerhaften | |
Hungerstreik traten. Nur Administrativhäftlinge unternehmen den Versuch, | |
sich in die Freiheit zu hungern. Alle anderen verweigern die | |
Nahrungsaufnahme immer nur temporär und meist aus Solidarität oder um ihre | |
Haftbedingungen zu verbessern. | |
Der unbequeme Häftling macht den Politikern in Jerusalem einen Strich durch | |
die Rechnung, die auf einen entspannten Sommer hofften. Das Dilemma, mit | |
dem Allaan die israelischen Behörden konfrontiert, ist kein leichtes. Soll | |
man einen Menschen vor dem Tod bewahren oder seinen Willen respektieren? | |
Doch Allaan will ja nicht sterben, sondern sein Recht erzwingen. Gibt man | |
ihm nach, werden andere kommen, um es ihm nachzutun. Dabei wäre es so | |
einfach, das Problem grundsätzlich vom Tisch zu schaffen. | |
Die Administrativhaft gilt offiziell als Sicherheitsmaßnahme gegen | |
„tickende Zeitbomben“, also Palästinenser und neuerdings auch jüdische | |
Israelis, von denen eine akute Terrorbedrohung ausgeht. Selbst Befürworter | |
dieser umstrittenen Methode, plädieren dafür, die Administrativhaft nur in | |
Extremfällen und nur kurzfristig anzuwenden. | |
In Israel sitzen über 400 Menschen ohne Urteil, ohne Verfahren, ja sogar | |
ohne eine offizielle Begründung hinter Gittern – einige von ihnen seit | |
Jahren. Wenn die Behörden Beweise gegen Mohammed Allaan haben, gibt es | |
keinen Grund, ihn nicht vor Gericht zu stellen. Sollte es jedoch keine | |
klaren Indizien gegen ihn geben, gehört er noch heute auf freien Fuß. | |
20 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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