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# taz.de -- Protest in Israel: Migranten im Hungerstreik
> Afrikanische Flüchtlinge protestieren erneut gegen ihre Inhaftierung.
> Bildungs- und freie Bewegungsmöglichkeiten sind ihr Hauptanliegen.
Bild: Flüchtlinge im Lager in Holot: Es gilt als „offen“, da die Tore tags…
JERUSALEM taz | Mehrere hundert afrikanische Flüchtlinge sind in den
Hungerstreik getreten. Seit Montag verweigern sie aus Protest gegen ihre
gewaltsame Inhaftierung die Nahrungsaufnahme. Die Grenzschutzeinheit
Jechidat Oz hatte mit einem Sonderaufgebot von Beamten am Sonntagabend das
provisorische Protestlager, das die Flüchtlinge an der ägyptischen Grenze
errichtet hatten, gewaltsam geräumt. Dabei trugen fünf Flüchtlinge und fünf
Polizisten Verletzungen davon.
Am Montag verabschiedete die Knesset, das israelische Parlament, ein Gesetz
zur Legalisierung der Zwangsernährung von Häftlingen. Die Zukunftspartei
drängte noch vor der Abstimmung auf eine Abschwächung der umstrittenen
Vorlage. Eine Zwangsernährung darf künftig nur bei akuter Lebensgefahr und
durch den behandelnden Arzt vorgenommen werden. Israelische Ärzte hatten
zuvor gegen die Zwangsernährung Stellung bezogen.
Hintergrund des neuen Gesetzes sind nicht die afrikanischen Flüchtlinge,
sondern palästinensische Häftlinge. Erst vergangene Woche ging ein gut zwei
Monate dauernder Hungerstreik von Palästinensern, die Israel ohne Anklage
in Administrativhaft hält, zu Ende.
Die afrikanischen Flüchtlinge hatten sich am vergangenen Freitag auf den
Fußweg nach Süden in Richtung ägyptische Grenze gemacht, um dort per
Sitzstreik gegen die „menschenunwürdigen“ Bedingungen in der Haftanstalt
Holot zu protestieren. Eine geregelte Gesundheitsversorgung, Bildungs- und
freie Bewegungsmöglichkeiten sind die Hauptanliegen der Afrikaner, die
mehrheitlich aus dem Sudan und aus Eritrea kommen. Die meisten harrten am
Wochenende ohne Wasser und Nahrungsmittel aus. „Wir gehen nicht nach Holot
zurück“, meinte trotzdem einer der Flüchtlinge im israelischen Fernsehen.
## Dreimal täglich zum Appell
Laut Urteil des Obersten Gerichtshofs dürfen die Afrikaner nicht länger als
ein Jahr in dem geschlossenen Lager Saharonim festgehalten werden.
Anschließend müssen sie nach Holot verlegt werden. Die Demonstranten reden
von Augenwischerei. Es gäbe keinen Unterschied zwischen Saharonim und
Holot. Das Lager Holot gilt als „offen“, da die Tore tagsüber nicht
abgeschlossen sind. Praktisch ist es den Insassen trotzdem nicht möglich,
sich frei zu bewegen, denn sie müssen täglich dreimal zum Appell antreten.
Die nächste Stadt zu erreichen, würde jedoch Stunden dauern, denn Holot
liegt weit ab von jeder Zivilisation mitten in der Negev-Wüste.
Lagerinsassen, die sich 48 Stunden lang nicht melden, riskieren, nach
Saharonim verlegt zu werden. Vermutlich sind die Demonstranten am Sonntag
dorthin transportiert worden. Lieber wieder nach Ägypten und von dort in
ein Drittland als in die Haft zurück, forderten einige.
Doch viele haben auf ihrer Flucht aus ihren Ländern gerade im Sinai, auf
ägyptischer Seite der Grenze, schwere Misshandlungen erlebt. Banden von
Beduinen nehmen dort die Flüchtlinge als Geiseln, um von ihren Familien
hohe Lösegelder zu fordern.
Schon Anfang des Jahres hatten zigtausende Flüchtlinge mit Streiks und
einem Fußmarsch von Tel Aviv nach Jerusalem versucht, auf ihre Lage
aufmerksam zu machen. Über 50.000 Afrikaner leben derzeit in Israel. Sie
fordern die Anerkennung als Asylsuchende. Doch bislang gibt es kaum
entsprechende Verfahren. Mit den Auffanglagern, die Platz für insgesamt
6.000 Insassen bieten, reagierte die Regierung auf den zunehmenden Unmut
von Israelis gegen die Flüchtlinge. Aus Mangel an Perspektiven in Israel
und gelockt von einer Prämie, haben seit Anfang des Jahres rund 5.000
Flüchtlinge freiwillig das Land verlassen.
30 Jun 2014
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
Flüchtlinge
Hungerstreik
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